Lamborghini

Technik: Erste Fahrt im Lamborghini Lanzador Surrend in die Arena

Die Rückmeldung der Fangemeinde nach der Weltpremiere des Lamborghini Lanzador war eindeutig: tosender Applaus. Wie schon die Studie des Urus wurde auch das erste Elektromodell von Lamborghini insbesondere wegen seines Designs gefeiert. Doch auch wenn einige Interessenten rund um die Millionenenklave von Pebble Beach bereits allzu gerne Barschaften gezückt und die elektronischen Überweisungsträger vorbereitet hätten – es dauert noch. Und zwar knappe fünf Jahre, ehe der Lamborghini als erstes komplett angetriebenes Elektromodell des Sportwagenbauers aus Santa Agata d’Bolognese automobile Realität wird. Viel Zeit zu träumen, zu entwickeln und genau der rechte Zeitpunkt, um mit dem rund fünf Meter langen Elektroboliden die ersten Kilometer unter die mächtigen 23-Zöller zu nehmen. Wo ginge das besser als auf dem legendären 17-Mile-Drive, jener charismatischen automobilen Flaniermeile, die Kalifornien und Pazifik auf einzigartige Art und Weise miteinander vereint?

Surrend in die Arena

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© press-inform – das Pressebuero

Lamborghini Lanzador 2028

Das Einsteigen in den blauen Lanzador geht langsam und mit viel Vorsicht vonstatten, denn es gilt, das Einzelstück nicht zu beschädigen – gerade weil es regnet, an diesem Morgen an der Küste von Monterey. Während Entwicklungsvorstand Rouven Mohr nur kurz darauf hinweist, dass der Prototyp über keinen Scheibenwischer verfügt, sind die Techniker drumherum ob des nicht vorhergesagten Niederschlags deutlich aufgeregter. Doch mit einem Druck auf den Starter an der futuristischen Mittelkonsole, die Fahrer und Copilot auf Brusthöhe voneinander trennt, erwachen die Instrumente zum Leben. Wüsste man es nicht besser, in dem Lanzador zu sitzen, bestünden keinerlei Zweifel daran, dass es sich um einen Raumgleiter aus einer fernen Galaxie handelt. Anders als der große Bruder Urus wird der Lamborghini Lanzador auch als Serienfahrt trotz seiner vier Einzelsitze nur über zwei Türen verfügen. Platz genug gibt es im Fond und trotzdem dürfte die Kletterei in die zweite Reihe bei den meisten Kunden eine Seltenheit sein. Innen wird sich der Crossover dabei nachhaltiger präsentieren, als jeder Lamborghini vor ihm.

So bestehen Details wie Armaturenbrett, Sitze und Türverkleidungen aus edler Merinowolle, während der farbige Faden aus recyceltem Nylon stammt. Die meisten unsichtbare Kunststoffe, wie der Schaumstoff der Sportsitze, sind aus 3D-gedruckten recycelten Fasern hergestellt. Auch die Fasern, die für die Mittelkonsole und die Türverkleidungen verwendet werden, bestehen aus regeneriertem Karbon: einem neuen, zweischichtigen Verbundwerkstoff. Bei aller Nachhaltigkeit setzt Lamborghini auf Leder. Dieses ist jedoch nachhaltig gegerbt, da das Wasser aus der Olivenölproduktion stammt und wegen seines hohen Säuregehalts und seiner antimikrobiellen Wirkung in Kläranlagen behandelt werden muss. Dieses Restwasser aus der Olivenölproduktion kann aber auch von Chemikalienherstellern für die Produktion von Gerbstoffen wiederverwendet werden. Weitere Ressourcen werden zudem durch ein neu entwickeltes 3D- Druckverfahren für Kunststoffe geschont, aus dem unter anderem die Sitzschäume gefertigt wurden. Das Druckmaterial für den Fused Deposition Modelling Druck stammt aus recycelten Abfällen wie gebrauchten Plastikflaschen und kann nach seiner Nutzungsdauer erneut recycelt werden. In den beiden Displayhöhlen vor Fahrer und Beifahrer erwachen Zahlen und Animationen zum Leben als sich der Koloss nahezu lautlos in Bewegung setzt.

Die Knirsch- und Knarzgeräusche sind typisch für einen derart frühen Prototypen, der eher dafür gedacht ist, auf Showbühnen Applaus einzusammeln, denn ein paar muntere Kilometer zu fahren. Der Lamborghini Lanzador mit seinem bläulich schimmernden Look kann beides. Mit dem tiefer gedrücktem Gaspedal geht es Richtung Spanish Bay, während links beim Blick aus dem Seitenfenster der aufgewühlte Pazifik scheinbar seine erste Begeisterung für den Norditaliener kundtun will. „Aufpassen beim Lenken“, erläutert Rouven Mohr ruhig, „das ist ein Drive-by-Wire-System, dass zwischendurch je nach Lenkeinschlag neue Berechnungen durchführt. Daher langsam steuern.“ Gesagt – getan. Das Surren des Elektroantriebs wird lauter, der Tacho zeigt Tempo 40. Später beim Realbetrieb dürften die geplanten mehr als 1.000 kW / 1.360 PS Leistung für Höchstgeschwindigkeiten Richtung 300 km/h stehen. Viel Tempo für ein Elektromodell, das seinen Namen von einem Stier bezog, der 1993 die Madrilenen in schiere Verzückung versetzte. Nachdem ab nächstem Jahr alle drei aktuellen Baureihen als Plug-in-Hybriden elektrifiziert werden, ist der Lanzador ab 2028 das erste reine Elektromodell mit Stier. Kurz danach dürfte die nächste Generation des dann ebenfalls elektrischen Urus folgen. „Mit dem vierten Modell eröffnen wir ein neues Fahrzeugsegment: das der Ultra GT“, erläutert Lamborghini-CEO Stephan Winkelmann, „dieses wird den Kunden dank bahnbrechender neuer Technologien ein neues, unvergleichliches Lamborghini-Fahrerlebnis bieten.“

Der Proband kann hier auf dem 17-Mile-Drive nur locker rollen, als Rouven Mohr über den futuristisch aussehenden Controller verschiedene Programme und Funktionen durchschaltet. Später beider Serienversion lassen sich die verschiedenen Fahrmodi variieren und damit auch die Art und Weise wie mehr als ein Megawatt über das Torque-Vectoring-System fahraktiv auf die Fahrbahn gebracht werden. Die Leistung stammt aus einem rund 100 kWh großen Batteriepaket zwischen den Achsen – die ersten Leistungsdaten werden derzeit in einem Lastenheft festgelegt. Gesetzt ist ein variables Luftfederfahrwerk mit mitlenkender Hinterachse. „Für uns bedeutet die Elektrifizierung keine Einschränkung, sondern eine intelligente Möglichkeit, mehr Leistung, Performance und Fahrbarkeit zu entwickeln“, erklärt Rouven Mohr.

Besonders viel Hingabe stecken die Lamborghini-Ingenieure in eine anpassungsfähige Aerodynamik, denn die aufwendige Luftführung soll sich im Unterschied zu den Sportwagen subtil hinter Karosserieelementen verstecken. Ähnlich wie bei Huracan und Aventador bekommt auch der elektrische SUV Aerodynamikmodule, die je nach Fahrprogramm, Geschwindigkeit und Tempo für maximalen Anpressdruck oder minimalen Luftwiderstand sorgen, um mehr Reichweite zu generieren. Das kann der Prototyp bereits heute auf Knopfdruck. So nutzt das flexible Aerodynamiksystem unter anderem die vordere Luftklappe nebst beweglichem Splitter, der bei Bedarf die Kühlkanäle der Bremsen und die Kühllamellen öffnet, um die beste Leistung zu erzielen. Optisch verdeckte Lamellen sorgen für Abtrieb, ohne zusätzlichen Luftwiderstand zu erzeugen. Denn bei aller Leistung soll der Lanzador auf dem Boden bleiben. Das heißt es auch für die Lamborghini-Fans. Jetzt nur nicht abheben, denn es dauert noch lange fünf Jahre, bis der Lanzador beim Händler steht – eine lange Zeit.

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