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Praxistest: Lamborghini Huracán STO Rasende Versuchung

Es gibt solche Autos, bei denen ist die Farbe einfach egal, denn sie sorgen überall für Aufsehen. Das sind zumeist Kleinstserienhersteller mit ihren spektakulären Boliden, das ein oder andere Rennstreckenmodell von Ferrari oder eben dieser sehr besondere Lamborghini Huracan. Als ob dieser wilde Doppelsitzer mit Rennstreckenqualitäten nicht schon spektakulär genug wäre, setzt ihm die STO-Variante eine wild blinkende Krone auf. Da macht es auch nichts mehr, dass sich diese Version im geradezu unschuldigen weiß präsentiert, denn durch Designdetails und blaue Karosserieelemente kommt dieser Rennwagen für die Straße geradezu schamlos daher. Wer noch einen Huracan will oder gar von der Rennversion des STO träumt, der muss sich etwas einfallen lassen. Die Fertigung des Sportlers aus Santa Agata ist ausverkauft und Werk wie Händler bereiten sich langsam auf den Nachfolger vor. Der soll seine Premiere in der ersten Jahreshälfte 2024 feiern und zum Ende des Jahres anrollen. Bis dahin träumen wir einfach noch vom STO.

Rasende Versuchung

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Lamborghini Huracan STO

Klar, der gerade einmal 1,22 Meter flache Lamborghini Huracan ist gerade als nachgeschärfte STO eine Rennmaschine, eine Waffe, die es in sich hat. Dafür sorgt neben dem imposanten Basispaket des Huracan der spürbare Einfluss der Rennsportabteilung des Sportwagenbauers, denn diese hat den Huracan erst zum STO gemacht. STO steht dabei für Super Trofeo Omologata. Das sagt den Amerikanern genauso wenig wie den meisten Autofans in unseren Breiten; hört sich aber gut an und bedeutet, dass dieser Bolide auf der Rennstrecke keinerlei Vergleich scheuen muss. Dabei überrascht es, wie viele den Huracan STO im kalifornischen Straßenverkehr als solchen erkennen. An der Tankstelle von Monterey hätte es noch ein Zufall sein können, doch selbst im autoverrückten Pebble Beach werden an jeder Straßenecke Kameras oder Smartphones gezückt und selbst am spektakulären 17-Miles-Drive interessieren die sehenswerten Stein- und Dünenformationen plötzlich nur noch am Rande. Als an Ampeln in San Francisco oder nahe Oakland auf einem Walgreens Parkplatz Autofans fragen, ob sie von der weißen Flunder Fotos machen dürfen, wird das Ganze schon recht seltsam. Ein autoverrücktes Pärchen will gerade die bestens konturierten Sportstühle und den Starterknopf bildlich in Szene setzen. Der befindet sich in der Mittelkonsole unter einer roten Klappe. Okay – hier sind wohl Experten am Werk.

Auf der Straße wird man den sportlichsten aller Huracan-Modelle kaum zu Gesicht bekommen. Viele Modelle parken in Sammlungen; andere machen vielleicht einmal einen Abstecher zum Gentlemen Drive Event in Spa oder Laguna Seca. Um hier alle anderen auszustechen, bietet die Flunder Hinterradantrieb, mit unter 1,4 Tonnen deutlich weniger Gewicht als der beeindruckend dynamische Huracan Performante und einem Aerodynamikpaket, das einem bereits im Stand den Atem raubt. Auf der Straße präsentiert sich der Mittelmotorsportler als unglaubliche Fahrmaschine mit einer messerscharfen Lenkung, die das Einlenkverhalten neu definiert und einer Fahrpräzision, die sich kaum anders finden lässt. Beim starken Beschleunigen verzaubern einen Agilität und Traktion gleichermaßen. Die spürbaren Abstriche beim Federungskomfort schmerzen auf den bisweilen zerborstenen Highways rund um San Francisco und als es aus Oakland nach Norden in die wärmeren Gefilde der amerikanischen Weinbauregion Nummer eins geht. Nach langen Highway-Passagen werden die kleinen, kurvigen Straßen des Napa Valley zu einem idealen Schauplatz, um die Dynamik des Norditalieners mit dem charismatischen V10-Saugmotor zu feiern.

Dass die 4,55 Meter lange Karosserie größtenteils aus Kohlefaser besteht, Details wie die Windschutzscheibe abgespeckt haben und statt des Heckfensters eine Karbonhaube den 470 kW / 640 PS starken Sauger abdeckt; all das gehört zu diesem einzigartigen Gefühl auf der Straße. Das Leistungsgewicht liegt knapp über zwei Kilogramm pro Pferdestärke. Wem das wenig sagt, der soll es einfach einmal probieren, wenn der knapp 300.000 Euro teure Huracan STO die nächste kurvige Hügelkette hinaufballert, der Zehnzylinder jenseits der 6.000 Touren anfängt zu brüllen und man Angst haben muss, dass sich die Weintrauben vor Angst und Schallvibrationen von den getüteten Reben lösen. Die absoluten Tempi sind dabei weniger beeindruckend als erwartet und so muss sich der Fahrer keine Gedanken um die Position des manuell verstellbaren Heckflügels machen. Der Abtrieb spielt keine Rolle und an das Fahrverhalten des Renners mit seiner Gewichtsverteilung von 41:59 gewöhnt man sich erstaunlich schnell. Wer will, drückt den STO aus dem Stand in drei Sekunden über die 100-km/h-Marke und lässt ihn in freier Wildbahn bis zu 310 km/h schnell fahren. Damit ist er nennenswert langsamer als andere Huracan- Versionen, die an der 330er-Marke kratzen. Doch der Lamborghini Huracan STO ist eben etwas für die Rennstrecke und hier ist die Höchstgeschwindigkeit von niederer Bedeutung. Schlicht grandios: die Hochleistungsbremse, die weder im Alltag noch auf der Rennstrecke an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit kommt und sich mit der Lenkung ein internes Wettrennen um die beste Einzelkategorie liefert.

Kein Gedanke, am griffigen Lederlenkrad die Fahrmodi zu wechseln, denn im Basismodus namens STO ist man normalerweise ideal unterwegs. Die schärferen Fahrprogramm sind eher abgesperrten Pisten und Rennstrecken vorbehalten, denn hier geht es heißer zur Sache. Was auf den geraden Stücken und den Highways gut funktioniert, stößt hier nördlich der immerkühlen Bay Arena an seine Grenzen. Der STO wählt gerne einen zu hohen Gang des siebenstufigen Doppelkupplungsgetriebes. Das klappt im manuellen Modus besser oder man entscheidet sich etwas ambitioniert für das Trofeo-Fahrprogramm, was sich auch im Digitalinstrument widerspiegelt. Die Instrumente sind nach all der Huracan-Zeit wohl das Einzige, was in die Jahre gekommen ist, denn die Informationen im Cluster hinter dem Steuer sind unübersichtlich und der Touchscreen auf der Mittelkonsole ist auch nicht auf dem Stand neuester Technik.

Stören tut das auf dem Weg zurück nach Süden bei warmen 25 Grad Celsius jedoch kaum jemanden, denn das Radio tönt – wenn auch etwas blechern. Der akustische Genuss ist ohnehin der Zehnzylinder, der immer wieder aufheult, wenn sich die weiße Flunder in eine kleine Lücke schiebt, während nebenan mächtige Fullsize-Pick-Ups vorbeirollen und schon wieder Handykameras klicken. Jene Pick Ups haben es ganz nebenbei auch etwas leichter mit dem Gepäck, denn ein solches Abteil sucht man beim STO nahezu vergeblich, denn das winzige Abteil unter der Fronthaube fasst nicht einmal 40 Liter und eignet sich somit eher als üppiges, aber etwas unpraktisch zu erreichendes Handschuhfach.

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