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Merz schiebt VW-Krise auf E-Autos: Doch das Gegenteil ist der Fall

merz schiebt vw-krise auf e-autos: doch das gegenteil ist der fall

Das Elektroauto ist schuld, oder?

Politiker neigen dazu, die Dinge sträflich zu verkürzen. Wer in Schlagzeilen spricht, wird häufiger abgedruckt. Für Plattformen wie X gilt diese Weisheit allerdings nur bedingt, denn hier bestimmt der Schreiber selbst, was in welcher Länge an die Öffentlichkeit kommt. Gerade vor diesem Hintergrund muten die Worte von CDU-Chef Friedrich Merz etwas seltsam an, wenn er auf X schreibt: „VW ist dem politischen Willen der staatlichen Miteigentümer gefolgt, hat sich einseitig auf E-Mobilität festgelegt und übersehen, dass weder die notwendige Infrastruktur dafür vorhanden ist, noch ein günstiges Angebot in den unteren Preissegmenten.“

E-Auto-Schelte greift deutlich zu kurz

Es ist kaum vorstellbar, dass Merz die E-Mobilität tatsächlich für die Wurzel allen Übels hält. Mögen die Verkaufszahlen in Deutschland derzeit auch stagnieren, so geht der globale Trend doch ganz klar weg vom Verbrenner und hin zum Stromer. Die Internationale Energieagentur IEA rechnet für das laufende Jahr mit einem satten Plus von 20 Prozent bei den Verkäufen im Vergleich zum Vorjahr. Das entspricht immerhin bereits rund 17 Millionen Fahrzeugen. VW selbst ist zudem, zumindest in Europa, bei den E-Auto-Verkäufen führend, wenn man die Verkäufe der Konzernmarken addiert.

Viele Experten, die Merz widersprechen, würden sagen: Das Gegenteil seiner Aussage ist der Fall. Hätte das Management von VW nicht zu lange am Diesel festgehalten, wäre früher in die neue Elektro-Architektur investiert worden. Ohne ein teils justiziables Missmanagement könnte VW heute deutlich weiter sein, auch was die Preise betrifft, denn erst höhere Stückzahlen machen Senkungen im größeren Stil möglich.

Klar ist auch: Es gibt nicht nur eine Ursache, die VW in die Schieflage gebracht hat. Neben dem „Dieselgate“ betreibt die Ampel seit vielen Monaten eine Politik, die man kaum noch als flankierend bezeichnen kann. Mit der Willkür bei der grünen Förderung und fragwürdigen Infrastruktur-Entscheidungen schwindet das Vertrauen, das es zwingend für die Verkehrswende braucht. Auch die Merz-CDU spielt in diesem Zusammenhang keine glorreiche Rolle, wenn sie das einmal beschlossene Verbrenner-Aus torpediert und Großkonzernen wie VW damit die Planungsgrundlagen raubt.

Ist Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig?

Hildegard Müller, Chefin des Verbandes der Automobilindustrie, stellt im NDR-Gespräch fest, die deutsche Autoindustrie sei nicht mehr wettbewerbsfähig. Die Arbeitskosten seien zu hoch und zu viel Geld fließe in die Bürokratie und teuren Strom. Was es jetzt brauche, so Müller, seien Steueranreize für E-Autos. Sie fordert zudem: “Wir sollten nicht so tun, als ob das ein hausgemachtes Problem eines Unternehmens ist, sondern die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas steht auf dem Spiel.”

Können Steueranreize für Abhilfe sorgen? Oder nützt die Rückzahlung von Milliarden-Dividenden der VW-Großaktionäre, wie es die Linke fordert? Sind Strafzölle der EU ein probates Mittel, um die Konkurrenz aus Asien fernzuhalten? An Diskussionsstoff mangelt es wahrlich nicht. An dem Punkt, die Elektromobilität sei schuld, brauchen wir allerdings im Jahr 2024 eigentlich nicht mehr ins komplexe Thema einzusteigen.

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