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BMW M3

Gran Turismo Extrem: Test BMW M3  Competition M Xdrive Touring​

Wer schnelle Kombis liebt, muss BMWs M3 Touring bemerkt haben. Er schafft es trotz des kalten Herbstwetters, unser Herzen zu wärmen.​

gran turismo extrem: test bmw m3  competition m xdrive touring​

(Bild: Clemens Gleich)

Wir waren Kombikinder. Wir hatten einen orangen VW Passat der ersten Generation. Nach dem Schwimmbad durften wir auf der ebenen Liegefläche unser Handtuch ausbreiten, Eis essen, das Lustige Taschenbuch lesen und den anderen Verkehrsteilnehmern zuwinken, während wir nach Hause chauffiert wurden. So etwas prägt. Als ich erwachsen war, fuhr ich durch Deutschland in einem Ford Focus Turnier. Ich schlief auf der vergrößerten Ladefläche und war aufgrund des deutschlandweiten Hochwassers gottfroh darum, kein Zelt benutzen zu müssen.

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Es waren aber schon früh die schnellen Kombis, die es mir angetan hatten. Auf meiner ersten IAA 1990 hatte ich hauptsächlich Augen für die schnellen Kombis, die Audi zeigte: Ein Kombi, klar. Aber in schnell. Genial. Warum? Weil es kein besseres Gran-Turismo-Konzept gibt, wenn man noch andere Menschen und zum Beispiel zwei Paar Ski und einen Bob mitnehmen will. Als mir ein Motorradkollege also vor einiger Zeit eröffnete, dass BMW den M3 als Touring bringen wird, hatte ich natürlich sofort Herzchen in den Augen. Durch unsere eigenen Fehlplanungen kam das Auto erst jetzt im Herbst. Zur Bestellung sah das Wetter noch ganz gut aus, doch die trockenen Tage schrumpfen lokal auf null zusammen und im weiteren Umfeld auf einen einzigen trockenen Tag. Und an dem fuhr ich dann in die Alpen.

Die alte Geschichte vom Brauchen

“Eigentlich”, so sprachen wir vorher am Telefon, “wäre für die meisten Kunden ein M340i das bessere Auto.” Und das stimmt: Wenn man einen Casio-Taschenrechner als Herz hat, ist der M340i schon allein deswegen besser, weil er billiger ist. Aber wissen Sie, was noch billiger zum Einkaufen und um die Welt fährt? Ein Kia Picanto. Würde ich sofort kaufen, wenn es um reine Nutzwerte geht. Doch um genau die geht es beim M3 eben nicht, und deshalb gibt es sowohl für den M340i als auch für den M3 ihre Nischen, selbst wenn man niemals Rennstrecke fährt.

Beim Herumbummeln im Regen im Warten auf meinen trockenen Tag musste ich gelegentlich an Walter Röhrl denken, der ja sagte: “Ein Auto ist erst dann schnell genug, wenn man morgens davor steht und Angst hat, es aufzuschließen.” Und im Dauerregen mit rutschigen Blättern hatte ich tatsächlich öfter Angst, dieses Auto für über 100.000 Euro tief in tauberfränkische Lehmböden zu feuern. Mir fehlte da einfach noch das Grundvertrauen, das ich selbst bei winterlichen Bedingungen etwa zu Porsches Regeltechnik über die Jahre aufgebaut habe – einfach aus Mangel an BMW-Exposition. Dann flog ich endlich über die A7, während der herrliche Reihensechszylinder mir die Gebirgssilhouette aus dem Horizont hervorpumpte. Das Auto langweilte sich. Im Radio liefen die Stones mit ihrer neuen Platte, ihrem neuen Hit. Es könnte auch irgendwann in den Achtzigern gewesen sein. Es gibt Dinge, die sind zeitlos. Gute Mucke und schnelles Fahren werden immer ankommen. Die technischen Details dazu sind nach ein, zwei Generationen vollkommen egal. Deshalb sparen wir uns hier den tränenumflorten Verbrenner-Abgesang, den ich ehrlich gesagt schon jetzt nicht mehr hören kann, obwohl wir erst bei 2,7 Prozent E-Auto-Anteil sind. Was passiert denn erst bei fünf Prozent? Der M3 Touring wird sich verkaufen wie warme Leberkässemmeln, also wird es sowas noch eine ganze Zeit geben.

BMW M3 Competition Touring außen (10 Bilder)

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Trocken ist relativ. Und Splitt ist auch trocken nicht griffig. Aber ich bereue nichts. Es war eine herrliche Herbstfahrt in einem herrlichen Auto. (Bild: Clemens Gleich)

Passepartout

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Natürlich gibt es Grenzen von “trocken”, vor allem, wenn das “trocken” inmitten nasser Tage steckt. Über den Jaufenpass, den ich persönlich sehr gerne fahre, war es unten zwar trocken, oben gab es aber einiges Schmelzwasser, Salz und Splitt. Umso schöner, wie das Auto Schritt für Schritt Vertrauen schuf, indem es sich mit dem Allradantrieb da festkrallte, als wäre es Sommer. Ich dachte erst, haja, jetzt rutschen wir da halt bissl hoch. Aber mit der feinfühligen Regelung muss man das Rutschen meistens explizit einleiten. Mein Grundvertrauen war schnell da. Die Regelsysteme sind so gut, dass ich sagen würde: Wenn du aus dem Eck rausfährst, kannst du dich darauf verlassen, dass das Auto dich vor jeder Dummheit aus dem Vortrieb beschützt. Lenken muss man natürlich trotzdem richtig. Es bleibt die Gefahr, zu schnell in ein Eck zu stechen. Das ist aber eh die schlechtere Richtung, um sich dem Optimum zu nähern. Ein bisschen zu langsam im Eck retten dich 510 PS beim Rausbeschleunigen. Ein bisschen zu schnell im Eck und du fährst im besten Fall auf einer Arschlinie im Schneckentempo aus dem Eck und im schlechtesten Fall in den Abgrund.

Wie immer bei BMW gibt es sehr fein aufgelöste Einstellungen für alle Fahrhilfen, die man komplett abschalten kann. Es war BMW für den Kombi wichtig, dass es den krallenden Allradantrieb gibt, man kann zum Spaß an der Freude aber auf heckbetonten Allradantrieb oder den reinen Hinterradantrieb schalten. Um schnell alles für “schnell” einzustellen, gibt es bei BMW schon länger den M-Knopf, der die entsprechenden Einstellungen zusammenfasst und sich einstellen lässt. Davon gibt es mittlerweile 2 Buttons, jeweils individuell belegbar und am Lenkrad montiert, damit man sie blind findet. Ich habe sie zum Beispiel benutzt, um in den Ortschaften auf “Comfort” zu schalten, damit die Automatik leise im hohen Gang da durchrollt. Auf einen habe ich mir zum Beispiel ein Programm für betreutes Schnellfahren gelegt, auf den anderen ein “gib es mir roh, ohne Fahrhilfen und nur mit Hinterachsantrieb”. Das elektrisch Servo-unterstützte Lenkrad gibt erfreulich viel Feedback, auch sanfte Hinweise des Vorderradantriebs.

Extrem gut gefallen haben mir die Sitze: Sie fassen den Körper wie Schalensitze, lassen sich aber einstellen wie normale Sitze, also mit Lehnenneigung und sogar mit Sitzheizung. Die Seitenwangen sitzen so eng, dass nicht Übergewichtige sie einigermaßen spielarm nutzen können, was aufgrund der Entwicklungen der Autofahrerumfänge nicht selbstverständlich ist. Damit es für eine Bandbreite an Leuten passt, lassen sich die Seitenwangen der Lehne einstellen. Die Grenzen des Wachstums liegen in den fixen Seitenwangen der Sitzfläche, die sich breiter Beleibte beim Sitzen einige Zentimeter breiter wünschten (ich aber gut finde). Vielleicht kann man die in der nächsten Generation auch noch einstellen. Wie bei vielen Sport- oder gar Schalensitzen gehen die Seitenhaltetugenden einher mit leicht erschwertem Aussteigen.

BMW M3 Competition Touring innen (9 Bilder)

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Kurze Sonnenetappen auf der Anfahrt. Die Autobahn macht der M3 ähnlich gut wie die Massen-BMW, nur etwas straffer gefedert. Und schneller. (Bild: Clemens Gleich)

Anker in die Sintflut

Was mir nicht so gut gefallen hat, war die Bremse bei Regen. Wenn viel Gischt durch die Zangen wäscht, braucht die erste Bremsung deutlich höhere Bedienkräfte, um den Wasserfilm herauszubekommen. Wenn die Stahlscheiben heiß wurden, quietschten sie bei mir, wobei das auch ein Effekt der Witterung mit entsprechend extremen Abkühlamplituden aus eiskaltem Schmelzwasser sein kann. Hier kann sich jeder selber denken, wie viel Regen so ein Auto sehen wird: Es wird nur auf solchen Touren relevant sein. Und in meiner Sitzposition versperrte die dicke A-Säule oft die Sicht Richtung Kurvenausgang. Man schaut in Kehren oft aus dem Seitenfenster, dann wieder vorneraus, und diese A-Säule behindert dann die Sicht. Da gibt es aber ehrlicherweise nur wenige Autos, die das wirklich besser machen, und die Sichtverhältnisse hängen stets arg an den geometrischen Gegebenheiten von Körper und Auto. Wer sich je gefragt hat, warum Porsche in den Sportwagen keine HUD anbietet, findet hier Verständnis.

Ein ganz besonderes Lob verdienen die Winterreifen Michelin Pilot Alpin 5, die erstens sehr gut mit dem Auto harmonieren und zweitens sowohl in Sachen Grip als auch in Sachen Wasserverdrängung und damit geringe Aquaplaningneigung viel besser funktionierten als erwartet. Ein Lob auf den deutschen Autobau: Die Winterreifenauswahl der Hersteller und die Testfahrten dazu lohnen sich und wer die Niveaus aus anderen Ländern kennt, wird mit mir loben. Es kam mir kurz nach der Passhöhe ein Ferrari im (virtuellen) Kriechgang entgegen. Es ist eigentlich egal, ob er Sommer- oder Winterreifen drauf hatte, das war wahrscheinlich beides recht rutschig. Ich weiß jetzt nicht, was Sie sich von so einem Auto erwarten. Die meisten wohl Ähnliches wie ich: Dass es sehr schnell fährt und trotzdem das Banale meistert, das jede (Grand) Tour enthält. Wenn Ihre Familie kotzfest ist und nach einigen Tagen mit Würde aus den Sitzen kommt: Das schafft der M3 weiterhin wie wenige andere Autos. Dieses Mal gibt es ihn endlich als Kombi, was hoffentlich wie bei Audi der Beginn einer langen Tradition wird. Die Zeichen stehen gut: 2024 soll es wieder einen M5 Touring geben, mit größeren Stückzahlen als frühere Versuche beim M5. Aber ganz ehrlich: Wenn Sie im Herbst über die Pässe huschen möchten, ist der M3 die bessere Wahl. Nicht aus Casio-Herz-Gründen, sondern weil die Straßen nicht breiter wurden, die Autos aber schon.

Prolog

Jedes Mal, wenn ich einen schnellen Kombi fahre, verstärkt sich mein Kindesbein-Gefühl von: DAS ist das ideale GT-Konzept! Das war auch diesmal so. Was aber, wenn der GTK (Gran-Turismo-Kombi) keinen Sechszylinder-Hubkolbenmotor, sondern zwei permanenterregte Synchronmotoren hätte? Finden Sie die Antwort mit uns heraus, wenn wir in einer Folgebetrachtung den Porsche Taycan GTS Sport Turismo über einen Bergpass fahren, der im späteren November noch nicht im Tiefschnee versunken ist (Details tbd).

Der BMW M3 Competition M xDrive Touring kostet ab 101.300 Euro.

gran turismo extrem: test bmw m3  competition m xdrive touring​ Was für ein Auto! Gibt es sowas auch in elektrisch? Finden wir es heraus, fahren wir den Taycan Sport Turismo hier entlang …

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