Auch schon 40 Jahre her: Der Fiat Panda 4x4 kam 1983 mit Allradtechnik von Steyr – und völlig anderer Hinterachse. Eine Fahrt im Bonsai-Allradler.
- Neue Hinterachse von Schöpfern des G-Mercedes
- Panda 4×4 mit Fire-Motor
- Dritter Gang erfordert Konzentration
- Technische Daten und Preis: Fiat Panda 4×4 (1983)
Auf den ersten Blick nur ein schlichter Kasten, ranken sich Legenden um die Kletterfähigkeiten dieses unvergessenen Westentaschen-Allradlers der 80er. Bernd Nückel (59), Revierförster aus Hillscheid im Westerwald, hielt seinem hochgelegten, vom Expeditionsservice Wächtersbach zum Profigerät ausgebauten 1994er Exemplar lange die Treue. “Als bei uns im Winter 30 bis 40 Zentimeter Neuschnee fielen, fuhren alle schweren Geländewagen eher nach unten. An denen bin ich regelrecht vorbeigeflogen – der Panda sinkt wegen des geringen Gewichts kaum ein.”
Spätestens 2006 war Bernds Dienstwagen eine knusprige Rostbarkeit. Mittlerweile waren auch gute Reifen für die kleinen 13-Zoll-Räder schwierig aufzutreiben.
“Der hoch liegende Jagd-Panda mit Seilwinde am Bug fiel auf, vor allem wenn ich mit einer weithin hörbaren Fünfton-Kennung angefunkt wurde“, erinnert sich der Förster. “Einmal stand ich mit offenem Faltdach in Koblenz an einer Ampel zufällig neben dem Sänger Thomas Anders – ich habe ihm und seinem Mercedes Cabrio wohl ein wenig die Show gestohlen …”
Neue Hinterachse von Schöpfern des G-Mercedes
Zentraler Nachteil des Kleinen, abgesehen von seiner ausgeprägten Wasserlöslichkeit: “Seitenwind konnte dich in Richtung Standstreifen schieben.” Wendigkeit und Sparsamkeit aber entschädigten für alles. Steyr-Daimler-Puch (heute Magna Steyr), die Schöpfer des
G-Mercedes und der Geländekraxler Haflinger und Pinzgauer, hatten dem Kleinwagen eine völlig andere Hinterachse verpasst. Serien-Einzelradaufhängung mit Spiralfedern raus, Starrachse an Blattfedern rein – zugunsten von mehr Robustheit, Zuladung und Zuglast. Unter dem Hinterachsdifferenzial finden sich stolze 220 mm Bodenfreiheit, die vorn leider auf 150 mm schrumpft wegen der Schutzrohre unter Motor und Getriebe.
Bild: Holger Neu / AUTO BILD
Wer sich heute nach einem Panda 4×4 der ersten Serie umschaut, trifft auf ein kleines Angebot – bei uns wurden in 19 Produktionsjahren nur 7000 Stück verkauft. Neben typischen Schwächen altitalienischer Autos – Rost, Elektrikdefekte – ist auch zu rechnen mit ausgeschlagenen Traggelenken der Vorderachse, und der Dachhimmel lässt sich gern hängen. Die Exemplare ab 1992 verfügen über einen größeren 1,1-Liter-Motor, aber auch über eine Bowdenzug-Schaltung – einstellungsempfindlich.
Panda 4×4 mit Fire-Motor
Bild: Holger Neu / AUTO BILD
Der Panda-Minimalismus mit viel nacktem Blech, knarzigen Plastikschaltern und Bedienhebeln im Format von Holzstäbchen, wie sie HNO-Ärzte bei der Rachenkontrolle verwenden, ist im Falle der Lifestyle-Ausstattung “4×4 Sisley” (benannt nach einer Modemarke) veredelt mit Teilledersitzen und geländewagentypischen Zusatzinstrumenten wie Neigungs- und Kippwinkelmesser. Die Sitze verfügen zwar nicht über verstellbare Lehnen, aber immerhin handelt es sich nicht um Campingstühlchen wie in der Panda-Frühzeit.
Dritter Gang erfordert Konzentration
Der erste von fünf Gängen fungiert als Gelände-Kriechgang und ersetzt eine Geländereduktion, ähnlich wie beim VW Iltis oder bei einem Dacia Duster der Neuzeit. Der erste Gang ist so kurz, dass man zum Anfahren getrost den zweiten nehmen kann. Der schmale Schalthebel begeistert nicht gerade durch präzise Führung, immerhin sind die Schaltwege recht kurz. Der dritte Gang erfordert etwas Konzentration: Die Kupplung sorgfältig ganz durchtreten – am besten mit schlanken italienischen Schuhen, denn die Pedale liegen dicht beieinander und sind zur Mitte hin versetzt – und dann den Schalthebel mit Bedacht vorschieben, so gibt’s keine Kratzgeräusche.
Was in unseren Zeiten der PS-Inflation immer wieder erstaunt: Wie spritzig sich solche Hüpfer aus den 80ern fahren. Der Vierzylinder hängt gut am Gas; abseits der Autobahn kommt nie das Gefühl auf, untermotorisiert zu sein. Die direkte Lenkung macht ebenfalls Spaß, Servounterstützung unnötig. “Es ist ein Gute-Laune-Auto”, sagt der Panda-Eigner. “Die Passanten schauen fröhlich-belustigt hin, winken manchmal.“ Was für Wiesbaden mit seinem stressigen Verkehr ungewöhnlich sei. Dieses Exemplar hat stolze 154000 Kilometer gelaufen, war also kein Stehzeug. Was als Vorteil zu sehen ist: keine Dichtungsversprödung. Türen und Felgen mussten aber vom Rost befreit werden. Vier neue Antriebsmanschetten mussten ebenfalls her – preiswerte Teile, zeitfressender Einbau. Das Ergebnis überzeugt: Alles wirklich Verschlissene getauscht, aber noch Brauchbares wie die originalen Sitzbezüge auf der Beifahrerseite und hinten drin gelassen, damit der 34 Jahre alte Wagen seine Geschichte erzählen kann.
Bild: Holger Neu / AUTO BILD
Der erste Panda kam pünktlich zur zweiten Ölkrise 1979/80, einer Zeit heftig steigender Energiepreise und des Aufstiegs grüner Weltanschauungen – unserer Zeit nicht unähnlich. Die Autobauer reagierten statt mit Hybridtechnik-Overkill damals mit leer geräumtem Dünnblech-Minimalismus – die Crashnormen waren weniger streng.
Technische Daten und Preis: Fiat Panda 4×4 (1983)
Motor: Reihenvierzylinder, vorn quer
Hubraum: 999 cm3
Leistung: 32 kW (44 PS) bei 5000/min
max. Drehm.: 76 Nm bei 2750/min
0-100 km/h: 17,5 s
Höchstgeschwindigkeit: 125 km/h
Antrieb: Allrad zuschaltb., 5-Gang manuell
L/B/H: 3465/1500/1535 mm
Bodenfreiheit: 150 mm
Reifen: 145/80 R 13
Verbrauch: 7,0 l S/100 km
Leergewicht: 790 kg
Wert heute: ca. 11 000 Euro (Zustand Note 2)