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Festpreisoption soll Taxis im Wettbewerb mit Uber stärken

festpreisoption soll taxis im wettbewerb mit uber stärken

In der Warteschlange: An Taxiständen wie hier vor der Frankfurter Messe soll es auch weiterhin keine Festpreise geben.

Fast jeder hat das schon erlebt: Das Taxi steht im Stau – und das Taxameter läuft unbarmherzig weiter. Zum Ärger über die Verzögerung kommt dann noch die unerwartet hohe Rechnung hinzu. Die Römer-Koalition in Frankfurt will nun Abhilfe schaffen: Nach ihren Plänen soll es künftig möglich sein, bei der Bestellung eines Taxis einen Festpreis festzulegen, „zu dem die Fahrt dann erbracht werden muss“. So sieht es ein gemeinsamer Antrag von den Fraktionen der Grünen, SPD, FDP und Volt vor, über den die Stadtverordnetenversammlung voraussichtlich im Mai abstimmen wird.

Die Koalition reagiert damit auf einen Wunsch des Taxigewerbes. Das klingt überraschend, schließlich profitieren Fahrer auf den ersten Blick davon, wenn ihnen auch Wartezeiten vergütet werden. Aber: Über das Taxameter abrechnen zu müssen bedeutet für das Taxigewerbe jedoch einen Wettbewerbsnachteil. Denn bei Fahrdienstvermittlern wie Uber oder Bolt steht schon bei der Reservierung der Fahrpreis fest – was zu ihrer wachsenden Beliebtheit beigetragen haben dürfte. Taxifahrer dürfen Festpreise bislang nur in Ausnahmefällen, etwa bei Beförderungen in eine andere Stadt, vereinbaren.

Die Frankfurter Verbände Taxi-Vereinigung und Taxi Union hätten schon im März 2022 die Möglichkeit gefordert, bei Bestellung einen Festpreis aushandeln zu dürfen, sagt Herwig Kollar von der Taxi Union. Sie reagierten damit auf eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes 2021, mit der die Grundlage dafür geschaffen wurde, dass Kommunen die Vereinbarung von Festpreisen innerhalb eines örtlich festgelegten Tarifkorridors zulassen können. Allerdings nur für Taxibestellungen, für den Einstieg an einem Taxistand oder bei Heranwinken eines freien Fahrzeugs ist diese Möglichkeit nicht vorgesehen.

Vermehrte Taxibestellungen in München seit Einführung eines Festpreises

Welche Tarife Taxis in ihrem angestammten Gebiet – genannt Pflichtfahrgebiet – überhaupt abrechnen dürfen, ist in allen Kommunen behördlich festgelegt. In Frankfurt liegt die Grundgebühr für eine Fahrt seit Januar 2023 bei 4 Euro, hinzu kommen 2,40 Euro je Kilometer. Für Wartezeiten – „auch verkehrsbedingt“ – fällt ein Entgelt von 38 Euro pro Stunde an. Steht das Taxi eine Viertelstunde im Stau, kostet also allein diese Wartezeit 9,50 Euro.

Die Frankfurter Taxiverbände fordern, als Alternative Festpreise für von den Kunden bestellte Fahrten anbieten zu dürfen, für die Kilometerpreise zwischen 2,40 Euro und 4 Euro zugrunde gelegt werden sollten. Mit diesem Korridor könnten die Fahrer Nachteile etwa durch erwartbare Verzögerungen an Baustellen ausgleichen, argumentiert Kollar.

In München ist eine Taxibestellung zum Festpreis schon seit September möglich. Dass Taxis dadurch an Beliebtheit gewonnen haben, wird ausgerechnet von Uber bestätigt. Über die Vermittlungsplattform können nämlich neben Mietwagen mit Fahrer auch Taxis bestellt werden – und seit Einführung der Festpreisregelung für das Münchener Taxigewerbe machten die Kunden von dieser Möglichkeit vermehrt Gebrauch, sagte Christoph Weigler, der Deutschland-Chef des in den USA beheimateten Fahrdienstvermittlers, im Februar.

Günstige Fahrten durch Sozialdumping

In München entfielen inzwischen mehr als zehn Prozent der von Uber vermittelten Fahrten auf Taxis. Solange es Festpreise nur für Mietwagenfahrer gegeben hatte, habe der Anteil der über Uber gebuchten Taxifahrten weniger als zwei Prozent betragen. Weigler nannte diese Zahlen in einer Anhörung des Berliner Abgeordnetenhauses – denn auch in der Hauptstadt wird über die Einführung von Festpreisvereinbarungen bei Taxibestellungen diskutiert. In der Anhörung ging es aber noch um ein weiteres, brisanteres Thema: die Frage nämlich, ob für alle von Uber und anderen Plattformen vermittelten Fahrer Mindesttarife festgelegt werden sollten – wie es sie bislang nur für Taxis gibt.

Herwig Kollar, der neben der Frankfurter Taxi Union auch den Bundesverband Taxi und Mietwagen leitet, hält die Einführung von Mindesttarifen für Mietwagenfahrer mittelfristig auch am Main für erforderlich. Sonst werde es „bald kein Taxigewerbe mehr geben“. Das Frankfurter Ordnungsamt bestätigt auf Anfrage, dass für die Personenbeförderung in Frankfurt mittlerweile mehr Mietwagen zugelassen sind als Taxis.

Deren Wettbewerbsfähigkeit könnte natürlich auch erhöht werden, wenn Mindesttarife generell abgeschafft würden. Dann wäre die Arbeit für die Fahrer aber nicht mehr auskömmlich, argumentiert Kollar. Zum Kronzeugen beruft er den Präsidenten des Fahrdienstvermittlers Free Now, Alexander Mönch. Der sagte in der Berliner Anhörung, dass Mietwagenfahrer ihre Dienste überhaupt günstiger anbieten könnten als Taxen, lasse sich nur durch Sozialdumping erklären. Die Kosten für Mietwagenfahrten seien nämlich höher – anders als bei Taxis falle der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent an, zudem verlangten die Vermittlungsplattformen Provisionen von etwa 25 Prozent.

Mietwagenfahrer dürfen Fußgänger am Straßenrand nicht aufnehmen

Uber-Deutschland-Chef Weigler konterte, sein Unternehmen verlange im Schnitt eine Vermittlungsgebühr von 15 Prozent. Im Übrigen ermögliche den Mietwagenfahrern ihre hohe Auslastung auch hohe Umsätze. Wie Uber lehnt auch die Vermittlungsplattform Bolt die Einführung von Mindesttarifen ab: „Das Mietwagengewerbe hat neue Kundengruppen erschlossen, die nach der Einführung eines Mindestpreises nicht automatisch zum Taxi zurückkehren werden“, schrieb ein Bolt-Sprecher auf Anfrage. „Das sieht man daran, dass das Taxigewerbe in ganz Deutschland, sowohl in Städten mit als auch ohne Mietwagen-‚Konkurrenz‘, mit schwindenden Fahrten zu kämpfen hat.“

Free-Now-Manager Mönch dagegen sagte der F.A.Z., wenn Festpreise für Taxis nicht reichen sollten, „um einen fairen Wettbewerb herzustellen“, dann hielte er in einem zweiten Schritt Mindesttarife für die Konkurrenz für angemessen. Dazu muss man wissen: Anders als Uber aus den USA und Bolt aus Estland ist das deutsche Unternehmen Free Now aus dem reinen Fahrtenvermittler My Taxi entstanden. 2019 ging das Unternehmen in einem Mobilitäts-Joint-Venture von Mercedes-Benz und BMW auf, seitdem können über die Free-Now-App auch Mietwagen mit Fahrer gebucht werden.

Mönch sagte, man habe dadurch viele Erkenntnisse über die teils selbständigen, teils bei sogenannten Flottenbetreibern angestellten Fahrer gewonnen. „Ich meine, dass man leben können muss von dem, was man tut“, sagte er. „Wenn Sie den Taxitarif dauerhaft unterbieten mit höheren Kosten, kann das nichts werden.“ Auch wenn Mietwagenfahrer zum Teil auf mehr Bestellungen kämen als Taxifahrer, seien Leerfahrten unausweichlich. Anders als Taxis dürfen sie nämlich keine Fußgänger am Straßenrand aufnehmen, sondern sollen nach jeder Fahrt zu ihrem Abstellplatz zurückkehren.

Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung in der Branche

Hinweise auf prekäre Beschäftigungsbedingungen liegen auch den Behörden vor. Das betreffe allerdings nicht nur das Mietwagen-, sondern auch das Taxigewerbe, teilte das Frankfurter Hauptzollamt auf Anfrage mit. Prüfungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit hätten ergeben, „dass teils mehr Stunden gearbeitet werden, als offiziell gemeldet wurden“.

Zum Teil stockten die Fahrer ihre Bezüge mit Sozialleistungen auf, wobei es wiederum zu Missbrauch komme: „Ebenso wird immer wieder festgestellt, dass Fahrerinnen und Fahrer im laufenden Leistungsbezug stehen und ein offizielles Einkommen erzielen, welches entweder gar nicht oder zum Teil auf die Sozialleistungen angerechnet wird.“

Mindestentgelte für die Beförderung allein, wie es sie im Taxigewerbe ja gibt, können diese Missstände offenkundig nicht verhindern. Allerdings geht das Hauptzollamt durchaus davon aus, dass der Preiskampf unter den verschiedenen Anbietern dem Sozialdumping Vorschub leiste: „Aufgrund des Preisdrucks und Wettbewerbs in der Branche lässt sich eine grundsätzliche Anfälligkeit für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung feststellen.“

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