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Klassik

Die Kettensäge - BMW's e46 M3 CSL

Der e46 M3 in der CSL Ausführung war damals die Speerspitze des automobilen Leichtbaus. Und er hatte eine Menge Tricks auf Lager, viel Carbon und wenig Klimbim machten den schönen Dreier zu einer gefürchteten Grösse auf so manchem Trackday. Aber wie ist der Spitzen-M3 aus dem Anfang der 2000er so gealtert? Ist er schon Kunst oder kann er weg?

die kettensäge - bmw's e46 m3 csl

CSL, das steht bei BMW und der M GmbH für Coupé, Sport, Leichtbau. Und damit die minimalistischste Ausbaustufe eines 3ers, puristischer ging ein E46 M3 nicht mehr. Und bei der Baureihe e46 hatte man in Garching ein richtig gutes Händchen für einen Future Classic – den M3 CSL. Man bedenke, wir schreiben den Anfang der 2000er und schon damals wurde konsequent das Gewicht mittels massig Carbon auf ein Minimum heruntergebrochen, ohne auf den Restkomfort komplett zu verzichten. Der CSL war eine limitierte Nummer für sich und ist es heute noch. Einmal 1383 Kilogramm Sportgerät zum mitnehmen bitte.

“Dieser SMG-Mist ruiniert das ganze Auto!”

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Schon über 20 Jahre alt schon? Kann gar nicht sein.

So und ähnlich klang es damals, als ich den Erstkontakt mit dem e46 CSL hergestellt hatte. Das sequentielle Schaltgetriebe war verschrien als langsam, unkomfortabel und nur mässig funktionierend. Doch diese Stimmen kamen übermässig von jenen, welche das Auto im besten Falle damals mal um den Block gefahren sind, im schlimmsten Falle war es nur ein Nachgeplapper der damaligen Medienberichte. Zeit, sich einen aktuellen Eindruck dieser 20 Jahre alten Spassmaschine zu holen.

Sinnvoll eingesetztes Carbon in rauhen Mengen

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Der Stein, welcher anstösst. Der kleine SMG-Wählhebel verheisst Emotionen in beide Richtungen.

Bevor der Reihensechszylinder mit seiner berühmten Airbox aus Carbon überhaupt gestartet wird, stelle ich fest, dass der Innenraum mit massig Alcantara und Carbon erstaunlich schön gealtert ist. Bzw. er ist irgendwie überhaupt nicht gealtert, das Auto sieht innen immer noch sehr minimalistisch-modern aus. Alles fühlt sich robust und wertig an, aber man merkt schon beim Schliessen der leichten Türen, hier ist eine Menge Luft und so gar kein Dämmmaterial verbaut.

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Es riecht nach Qualität hier drin. Die Sitze sind ein Traum und passen an allen Ecken wie ein perfekt sitzender Schuh. Der Einsatz von Kohlefaser macht hier überall Sinn, weniger denn in manch modernem Auto, wo es bestenfalls zur Zier eingesetzt und ambientebeleuchtet wird.

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Perfekte Ergonomie, Sitze, Minimalismus – Mehr brauchts doch gar nicht zum Spass haben, oder?

Der rauhe Motorenstart verläuft unspektakulär, der vier Endrohre verheissen viel Akustik, aber das ist quasi nur Show. Der Klang entsteht vorne, im Ansaugtrakt, initiiert von eben jener Carbonbox, welche dem CSL exklusiv vorbehalten war. Das Resonanzgeräusch des auf 1383 limitierten 3.2 Liters des CSL (einer pro Kilo) hat Kultstatus und wie ich später selber merken werde, absolut zu recht. Das SMG in den ersten Gang geschoben, los geht's.

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Warmfahren wird ein wenig zur Tortur, die Anzeige im Drehzahlmesser diktiert mir die Maximaldrehzahl, wovon im Idealfall 8000 Umdrehungen pro Minute drinliegen. Dann werden 360 PS geliefert. Bis aber alle jene Lämpchen erlöschen, gurke ich im Alltagsverkehr einer gesunden Öltemperatur entgegen und kreise zielgenau um meine Hausstrecke herum.

Sound wie in der DTM

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Tempo, Drehzahl, Tank, Temperatur – Mehr braucht kein Mensch für den alltäglichen Spass mit Kraftstoff.

360 PS klingen heute nicht nach einer Menge, mittlerweile hat ja jedes Familien-SUV in der gehobenen Sportausstattung so viel. Aber Leichtbau sei Dank, der CSL hatte nur 3,85 Kilo pro PS zu bewegen. Das sind Leistungsdaten, welche auch heute noch nur Sportwagen der mittleren bis gehobenen Leistungsklasse zu bieten haben. Und ehrlich gesagt, beim Fahren fühlt es sich jetzt nicht unbedingt nach Supersportler an, die Leistungsentfaltung des 3,2 Liter grossen Saugers ist unspektakulär und sehr linear. Weniger linear ist die Akustik, jenseits der 5000 Umdrehungen sägt dir der Reihensechser den Kopf weg. Das Triebwerk klingt dermassen gut, dass man sich in der DTM wähnt. Erstklassig, es ist mir völlig klar, warum man das Auto auch “Die Kettensäge” nannte. Potential zum Führerscheinzersägen? 11/10. Die Lenkung macht Lust auf Curbs.

Und das SMG-Getriebe?

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Dieser Motor spielt eine einmalige Symphonie – von explodierendem Geld. Macht süchtig!

Zum Schluss noch dieses verhasste SMG-Getriebe. Und ich habe keine Ahnung, wieso (fast) alle dermassen Beef mit diesem Konstrukt hatten und immer noch haben. Ich finde, genau diese zwar etwas langgezogenen, aber spürbaren Gangwechsel machen die Faszination an diesem Auto perfekt. Diese emotionslosen Doppelkuppler mögen zwar schneller sein, aber sie haben einfach keinen einzigen Witz auf Lager. Sie sind die ultrakorrekten Buchhalter unter den Getrieben. Das SMG aber, das mag Party, ist laut, lustig und vielleicht auch etwas ungeschickt. Aber es bleibt im Gehirn haften, zusammen mit diesem einmaligen, sägenden Ansauggeräusch des E46 M3 CSL. Achja, um den Nürburgring ging der CSL damals auf Werksbereifung in 7:50 rum. Langsam? Ein aktueller Lamborghini Urus mit seinen 650 Pferden braucht nur drei Sekunden weniger. 290 PS mehr für drei Sekunden weniger? Bwaha! Der CSL bleibt also ein Kunstwerk. Kann so bleiben.

Text und Bilder: Markus Kunz

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