Cabrio trifft Cabrio. Klassik trifft Moderne. Ferrari 488 trifft Rolls-Royce Corniche. Als er den britischen Gentleman sieht, ist es mit der obligatorischen Ferraristi-Coolness vorbei. Unter der Pilotenbrille blitzen weiße Zähne hervor und sofort schnellt der Daumen nach oben. Wir erwidern den Gruß ebenso strahlend. Der Rolls-Royce ruht ohnehin in sich. Die Fortbewegung in diesem rollenden Edelmann, es fahren zu nennen, wäre zu trivial, hat nichts von den potenten Sprinterqualitäten des Scuderia-Sportlers. Das Rolls-Royce Corniche Cabrio ist eher eine Jacht für die Straße. Bei ihm heißt es Länge läuft und nicht quer ist mehr. Kein Wunder bei einer Länge von 5,20 Metern und einem Gewicht von 2,25 Tonnen. Dazu passt auch der Name des Oben-ohne-Gleiters, der von einer pittoresken Küstenstraße oberhalb der französischen Rivera stammt. Hier soll der Legende nach Sir Henry Royce viel Zeit verbracht haben. Kenner wissen, dass es bereits 1939 einen Bentley Corniche gab, der jedoch bei einem Bombenangriff zerstört wurde.
Ein Gentleman schwitzt nicht
Das Cruisen im Corniche passt zum mondänen Leben an der Côte d’Azur. Entspannt das Leben und die Leichtigkeit des Seins genießen. Das Herz des Rolls-Royce Corniche ist ein Achtzylinder mit 6.750 Kubikzentimetern Hubraum und 147 kW / 200 PS, der den Maschinenraum der Straßenjacht komplett ausfüllt. Das Triebwerk mit einem Motorblock aus einer Aluminium-Silizium-Legierung und dem Aluminium-Zylinderkopf hat eine Bohrung von 104, 1 Millimeter und 99, 1 mm Hub. Damit ist der Chronistenpflicht Genüge getan. Das Rolls-Royce-Credo lautete damals schon: Leistung ist genug vorhanden. Details wie Beschleunigungszeiten und Spitzengeschwindigkeiten sind etwas für gewöhnliche Autofahrer. In einem Rolls-Royce schwebt man mühelos und geschmeidig über den Asphalt. Die Dreigangautomatik passt zu dieser distinguierten Herangehensweise.
Handwerkskunst gefragt
Im Corniche Cabrio fühlen wir uns dem Himmel näher in jedem Gebäude. Über uns nur Sonnenschein. Das Stoffdach ist unter der Persenning verschwunden. Wir inhalieren die Mixtur aus Dolce Vita und Noblesse oblige geradezu. Das Cockpit ist ein Statement für sich: Holz und Leder, wohin die Hand greift und tastet. Mehr Lounge als automobiles Interieur. Das trifft auch für die Sitze zu, die eher einem Loungesessel gleichen, denn einem automobilen Gestühl. Die Bedienung ist klassisch. Die meisten Hebel und Knöpfe rasten analog ein. Klassischer Luxus eben. Ein paar moderne Elemente finden wir dennoch. Während sich die elektrischen Fensterheber und Sitzverstellung sowie die Klimaanlage gut in das feine Ambiente einpassen, wirkt die analoge Uhr wie ein Fremdkörper. Das zeigt: Wir sitzen in einem Rolls-Royce Corniche Cabriolet des Baujahres 1980 und hielt man dieses Extra für angemessen.
Konzeptionell ist dieser Rolls-Royce fast 60 Jahre alt, erhielt 1971 den Namen Corniche, wurde aber im Laufe der Bauzeit bis 1987 (als Corniche I) stetig verbessert. Los ging es 1965, als der englische Autobauer die Limousine Silver Shadow zusammen mit dem baugleichen Bentley T Series auf der Pariser Motorshow vorstellte. Bereits ein Jahr später folgte das Coupé und weitere zwölf Monate später erblickte das elegante Cabriolet das Licht der automobilen Welt. Die schnörkellose Silhouette und die leichtfüßige Heckpartie lassen den Zweitürer optisch schweben. Vor allem wenn das Stoffdach hinter den Rücksitzen zusammengefaltet ist. Die Formsprache stammt von Bill Allen, der das Design in wenigen Wochen aus dem Ärmel schüttelte.
Teil eines elitären Clubs
Wer einen Rolls-Royce Corniche besaß, gehörte einem elitären Club an. Genauso wie die weltbekannten Musiker Elton John oder David Bowie. Wir hatten Glück. Anders als der ehemalige Moderator der englischen Kult-Auto-Show Top Gear, James May. Der musste seinen 1972er Corniche verkaufen, weil er allergisch darauf reagierte und von Juckreizen geplagt wurde, sobald er längere Strecken darin zurücklegte. Wir sind mit einem breiten Grinsen und schweren Herzens ausgestiegen, weil wir uns von dem britischen Gentleman trennen mussten.
Fahren wie Gott in England im Rolls-Royce Corniche Cabrio / Bild: press-inform / BMW Rolls-Royce Corniche Cabrio (1980) / Bild: press-inform / BMW Der Achtzylindermotor füllt den Motorraum vollständig aus / Bild: press-inform / BMW Rolls-Royce Corniche Cabrio (1980) / Bild: press-inform / BMW Die Kühlerfigur Spirit of Ecstasy gehört natürlich dazu / Bild: press-inform / BMW Rolls-Royce Corniche Cabrio (1980) / Bild: press-inform / BMW Die Silhouette des Rolls-Royce Corniche Cabrio ist elegant / Bild: press-inform / BMW Rolls-Royce Corniche Cabrio (1980) / Bild: press-inform / BMW Das Rolls-Royce Corniche Cabrio erschien 1967 / Bild: press-inform / BMW Rolls-Royce Corniche Cabrio (1980) / Bild: press-inform / BMW Das Rolls-Royce Corniche Cabrio (I) wurde bis 1987 gebaut / Bild: press-inform / BMW Rolls-Royce Corniche Cabrio (1980) / Bild: press-inform / BMW
Von Wolfgang Gomoll
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