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Bonuspunkt abgeschafft - Formel 1 - MOTORSPORT

Der Extrapunkt für die schnellste Rennrunde ist bald Geschichte: Im Paddock von Austin gehen die Meinungen der Piloten zu der Regeländerung stark auseinander

Bonuspunkt abgeschafft - Formel 1 - MOTORSPORT

Geht diese spontane Regeländerung als Lex Ricciardo in die Geschichtsbücher ein? Die Formel 1 verbannt nach dem Ärger über die für die WM nicht irrelevante schnellste Runde von Daniel Ricciardo zuletzt beim Großen Preis von Singapur ab 2025 wieder den Extrapunkt für den Piloten mit der schnellsten Rennrunde! Eine Begründung dafür liefert der Weltverband bei der Bekanntgabe am Donnerstag nicht mit.

Fest steht aber: Diesmal hat die Regel sogar noch kürzer gehalten als bei ihrer ersten Laufzeit in der Königsklasse. Von 1950 bis 1959 gab es ebenfalls einen Extrapunkt für die schnellste Rennrunde, zur Saison 2019 wurde der Bonus dann wieder eingeführt – vorausgesetzt, der schnellste Fahrer beendet das Rennen auch in den Top-10. Nun ist erneut Schluss damit.

Bei den aktuellen Formel-1-Fahrern gehen die Meinungen zum Thema an Tag eins im Fahrerlager von Austin naturgemäß auseinander: George Russell etwa bekennt klare Kante, sagt: “Ich bin ehrlich gesagt froh, dass das weg ist.” Der Mercedes-Pilot erklärt seine Abneigung für den Bonuspunkt: “Ich fand das schon immer etwas nutzlos, weil er immer an den Fahrer geht, der einen schlechten Tag hatte.”

Bottas: Extrapunkt sogar im Sauber möglich?

Aus der Not würden die Teams dann eine Tugend machen: “Boxenstopp, neue Reifen drauf, und den Extrapunkt einfahren. Ich habe da nie so den Mehrwert drin gesehen”, so Russell. Mercedes-Vorgänger Valtteri Bottas schlägt in dieselbe Kerbe: “Ich denke, es ist wahrscheinlich die richtige Sache, ihn loszuwerden. Es entsprach nicht wirklich dem Speed, also wer da draußen jetzt der Schnellste ist”, bemängelt der Finne, der die Abschaffung als “gerechtfertigt” empfindet.

Bottas: “Es hing immer von der Strategie ab, im Prinzip davon, wer als Letzter stoppt, der kriegt ihn. Ich finde, es hat nicht viel ausgesagt, und sogar mit unserem Auto hätten wir ihn wohl manchmal kriegen können, wenn wir vor der letzten Runde gestoppt hätten”, flüchtet sich der Sauber-Pilot ob der bisher punktelosen Saison seines Teams in Galgenhumor – angerechnet wird der Punkt wie erwähnt schließlich nur bei Platzierungen innerhalb der Top-10.

Die Ferrari-Fahrer Charles Leclerc und Carlos Sainz halten es ebenfalls mit ihren Kollegen: “Ich denke, das ist keine schlechte Sache”, kommentiert der Monegasse das Aus. “Ich fand immer, dass dieser Punkt sehr künstlich war, weil er immer nur von deiner Situation im Rennen abhing, und nicht wirklich irgendeine besondere Fähigkeit belohnt hat.” Laut Leclerc war es “reine Glückssache”, ob man sich in einer Position wiederfand, wo die Hatz auf den Extrapunkt Sinn ergab.

Sainz regt an: Lieber ein Extrapunkt für die Pole

Teamkollege Carlos Sainz fügt hinzu: “Ich war stets der Meinung, dass es ein unnötiger Punkt im Punktesystem der Formel 1 war, einfach dadurch, wie er eingefahren wird”, stimmt der Spanier der Argumentation Leclercs zu. Stattdessen würde sich Sainz wünschen, dass lieber etwas anderes belohnt wird: “Polepositions sind etwas, die – zumindest in der Formel 1 – einen hohen Wert haben”, spricht er sich für eine Aufwertung der schnellsten Quali-Runde aus.

“Als Fahrer sind wir im Qualifying natürlich gerne die Schnellsten, weil es zeigt, dass du vielleicht die sauberste Runde gedreht hast. Du hast mehr Risiken genommen, und alles rausgehauen, um die Pole zu holen. Dafür würde ein Punkt in einem engen Feld schon Sinn machen”, findet der Ferrari-Pilot, jedoch mit einer Einschränkung: “Wenn sowieso nur ein Auto die Pole holen kann, dann natürlich nicht.”

Zustimmung erhält Sainz von Alpine-Fahrer Esteban Ocon: “Die Pole bedeutet uns Fahrern, und auch euch (Pressevertretern), sehr viel. Da stecken wir viel Mühe rein, und es ist sehr belohnend. Im Rennen aber fahren wir, um zu gewinnen – nicht unbedingt, um der Schnellste über eine Runde zu sein”, gibt der Franzose zu bedenken: “Deshalb habe ich das auch nie für eine gute Idee gehalten.”

Es gibt aber auch neutrale Meinungen zur Causa, wie etwa die von McLarens Oscar Piastri: “Mir ist es gleich, egal wie rum. Es ändert jetzt nicht die Welt für mich”, sagt der Australier, fügt aber zumindest an: “Ich finde, es nimmt ein bisschen die Spielchen weg, die man spielen kann. Ich sage nicht, dass das in der Vergangenheit passiert ist, aber es beseitigt einfach jeden Zweifel.”

Perez fand Extradruck für Fahrer und Team gut

Red Bulls Sergio Perez hingegen ist kein Fan der Abschaffung: “Ich stimme da nicht zu. Es hat viel gegeben. Und es gab Rennen, besonders, wenn die Meisterschaft zwischen Teams und Fahrern ziemlich eng ist, wo das wirklich einen Unterschied machen konnte. Wir reden immerhin über 24 Punkte pro Saison”, sagt Perez. Also fast so viele wie für einen Rennsieg.

Der Mexikaner will das Umdenken der Verantwortlichen in Sachen Extrapunkt daher nicht gutheißen: “Ich weiß nicht, warum es verändert wird. Ich fand es immer gut, wenn man es probiert hat im Rennen. Es ist viel Extradruck für die Mechaniker, den Stopp richtig abzuliefern, und für einen selbst, mit der Runde. Also ich halte das nicht für den besten Schritt.”

Auch Titelaspirant Lando Norris spricht sich gegen die Änderung aus – dabei war er doch zuletzt selbst der große Verlierer von Ricciardos schnellster Rennrunde, mit der ihm sein Ex-Teamkollege einen wichtigen Zähler im WM-Kampf mit Max Verstappen klaute. Sollte es aber am Ende des Jahres genau um einen Zähler nicht zum Titel reichen, “würde ich das trotzdem nicht als Grund ansehen”, so Norris.

“Ich würde das wahrscheinlich eher an anderen Dingen festmachen, die dieses Jahr hätten besser laufen können”, spielt der McLaren-Pilot auf die Stallorder-Wirrungen und teaminternen Grabenkämpfe des Rennstalls in Budapest und Monza an, wo Teamkollege Piastri Norris Punkte wegschnappte: “Eher als daran, dass Daniel in seinem letzten Rennen die schnellste Runde gefahren ist.”

Leidtragender Norris gibt Risiko zu bedenken

Die Aufregung um Singapur kann Norris so gesehen ohnehin nicht wirklich nachvollziehen: “Die Leute haben das doch schon seit Jahren gemacht”, wundert sich der Brite, der die Bonusregelung immer gut fand: “Ich mochte eigentlich, wie es jetzt war. Ich meine, es gibt die Gelegenheit, um noch etwas zu fahren, und manchmal bezahlst du für so ein Risiko ja auch den Preis.”

Norris erklärt: “Es war immer ein Risiko in bestimmten Szenarien, wenn zum Beispiel dein Boxenstopp schiefgeht oder so etwas.” Das Geschehen beim letzten Rennen war für den McLaren-Star jedenfalls eher die Ausnahme als der Regenfall: “Wenn es so ein Fall ist, wie in Singapur, und das immer wiederholt wird, dann ist es richtig (mit dem Verbot). Aber ich finde nicht, dass sie es ändern sollten, nur weil die Leute es jetzt nach Singapur infrage stellen. Mit mir hat das jedenfalls nichts zu tun.”

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