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VW Golf GTI Clubsport und Golf R im Doppeltest: Wer bietet mehr Fahrspaß?

Die Top-Gölfe sind beide schnell, performen aber ganz unterschiedlich

vw golf gti clubsport und golf r im doppeltest: wer bietet mehr fahrspaß?

Mit dem großen Facelift der Golf-Baureihe sind nun auch die beiden Top-Modelle GTI Clubsport und R runderneuert worden. Beide sind Sportler durch und durch. Aber welcher Volkswagen ist die bessere Wahl? Wir haben beide Top-Sportler auf der Rennstrecke und im Alltagsbetrieb getestet und verglichen.

Normalerweise ist die Hackordnung klar. Der normale Golf GTI mit seinen 265 PS und Frontantrieb steht für noch bezahlbaren Fahrspaß, während der Golf R mit seinen 333 PS und Allradantrieb das absolute Top-Modell in Sachen Sport darstellt. Der neue GTI Clubsport kommt mit seinem 300 PS und einigen Race-Features nun allerdings – zumindest auf dem Papier – ziemlich dicht an den R-Über-Golf heran.

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Exterieur

Der Golf GTI Clubsport zeigt schon äußerlich, dass er den normalen GTI überflügeln möchte, und zwar im wörtlichen Sinne. Große Wings in der Frontschürze sowie ein ebenso großer Heckflügel heben ihn vom Standart-GTI optisch ab.

Der Golf R hat dem eine noch schärfere Frontschürze und eine Vierrohr-Auspuffanlage entgegenzusetzen, während es der GTI bei den traditionellen zwei Endrohren belässt. Die breiteren Seitenschweller und die silbernen Spiegelkappen heben den R vom GTI ab, der seinerseits mit einem Rallye-Dekor an den Flanken auffällt.

Interieur

Im Innenraum überzeugen beide mit haltstarken Sportsitzen, die im jeweiligen Stil bezogen sind. Größter Unterscheid im Interieur: Während der GTI Clubsport wie alle neuen Golfs über das alte Lenkrad mit den physischen Tasten verfügt, ist im R nach wie vor das eigentlich überholte Teil mit den unbeliebten Touchflächen montiert.

Der Grund: Die “R”-Taste im Lenkrad, die es im alten Lenkradmodell nicht gibt. Ansonsten sind beide Modelle im Innenraum typisch Golf. Wer mehr darüber erfahren will, dem sei unser ausführlicher Test des neuen Golf ans Herz gelegt.

Antrieb

Technisch unterscheiden sich beide Autos deutlich. Bei den Motoren herrscht noch eine gewisse Einigkeit, denn beide Triebwerke basieren auf den EA888 und haben mit 300 PS (GTI Clubsport) und 333 PS ähnliche Leistungswerte. Die Charakteristik hingegen ist schon deutlich unterschiedlich.

Der Clubsport-Motor hängt hellwach am Gas, dreht munter bis in höchste Regionen und leistet sich keinerlei Verzögerungen. Trotz Frontantriebs sind 100 km/h in nur 5,6 Sekunden Geschichte und der Top-Speed beträgt 267 km/h, zumindest wen man das Race Paket geordert hat. Sonst wird bei 250 km/h abgeregelt.

Der R verteilt seine 333 PS etwas anders über das Drehzahlband. Während er zunächst extrem spontan anspricht, erfolgt der weitere Leistungseinsatz immer etwas verzögert. Dafür ist er im mittleren Drehzahlbereich sehr bullig, verliert ober ganz oben gegenüber dem GTI etwas an Elan.

Ihm fehlt ein wenig die Bissigkeit des GTI, strahlt im Gegenzug aber noch mehr Souveränität aus. Dank seines Allradantriebs ist er schon nach 4,6 Sekunden auf 100 km/h. Beim Topspeed übertrifft er den GTI Clubsport um ganze 3 km/h, denn er erreicht glatte 270 Stundenkilometer. Auch hier ist dafür ein optionales Paket Pflicht, in diesem Fall das Performance-Paket.

Schnelle Daten VW Golf GTI Clubsport 2024 VW Golf R 2024
Motor Vierzylinder Reihenmotor, Turbolader, 1.984 ccm, 221 kW (300 PS), Drehmoment 400 NM Vierzylinder Reihenmotor, Turbolader, 1.984 ccm, 145 kW (333 PS), Drehmoment 420 Nm
Antrieb Frontantrieb, elektronisch geregelte Differenzialsperre Allradantrieb mit Torque-Splitter
Leergewicht 1.501 kg 1.584 kg
0-100 km/h 5,6 Sekunden 4,6 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 267 km/h  270 km/h
Verbrauch (WLTP) 7,5 l/100 km 8,1 l/100 km
Preis ab 49.225 Euro ab 54.950 Euro

Traktionsprobleme sind dem Golf R dank seines Allradantriebs 4MOTION mit R-Performance Torque Vectoring total fremd. Außer man aktiviert das Drift-Profil. Dieser nur auf abgesperrten Straßen zulässige Modus ermöglicht ein kontrolliertes Driften, das das Torque-Vectoring die Kräfte innerhalb des Systems gezielt verteilt. Das macht schon jede Menge Spaß und man muss sich immer wieder selbst bewusst machen, dass man in einem Golf sitzt!

Perfekten Grip bietet der Golf R hingegen im nochmals geschärften R-Profil. In diesem Fall wird der Turbolader so vorkonditioniert, dass er auch bei Teillastfahrten, etwa auf der Landstraße mit konstanter Geschwindigkeit, auf einer höheren Turbinendrehzahl gehalten wird. Entsprechend spontaner ist dadurch die Kraftentfaltung, sobald wieder beschleunigt wird.

Im “Race”-Modus wird zudem die Drosselklappe in Schubphasen geöffnet: Nimmt der Fahrer vor einer Kurve das Gas weg und beschleunigt dann nach dem Kurvenscheitelpunkt erneut, spürt er deutlich den schnelleren Aufbau des Motormoments. All das optimiert das Fahrverhalten und die Dynamik.

Auch der GTI Clubsport bietet ein besonderes Fahrprofil: “Special”. Hier wurden fahrdynamisch relevante Systeme auf die ganz eigene Streckencharakteristik der Nürburgring-Nordschleife abgestimmt.

Die maximale Performance zum Kompensieren der auf der Nordschleife typischen Bodenwellen wird über eine spezielle vertikale Abstimmung der adaptiven Fahrwerkregelung DCC und eine modifizierte querdynamische Abstimmung des Fahrdynamikmanagers erreicht. Dieses Fahrprofil besitzt übrigens auch der Golf R.

Beim Clubsport serienmäßig ist die elektronisch geregelte Vorderachsquersperre serienmäßig an Bord. Damit hat auch der Fronttriebler erstaunlich wenig Traktionsprobleme. Im Vergleich zu rein mechanischen Sperren bietet die GTI-Differenzialsperre Vorteile wie einen variablen Sperrgrad in Abhängigkeit der ESC- (elektronisches Stabilisierungsprogramm) und XDS+-Funktionen (elektronische Differenzialsperre).

Dadurch ist es möglich, negative Einflüsse auf die Lenkpräzision, wie sie bei mechanischen Sperren auftreten, vollkommen zu vermeiden. Damit hat auch der Fronttriebler erstaunlich wenig Traktionsprobleme. Man muss schon einen Elefantenfuß am Kurvenausgang haben, um ein Leistungsuntersteuern zu provozieren. Bei Nässe allerdings gerät auch dieses System an seine physikalischen Grenzen. Hier – und natürlich auch im Winter – ist der R mit seinem starken Allradsystem deutlich überlegen.

Fahrwerk

In beiden Fahrzeugen war das DCC-Fahrwerk an Bord. Grundsätzlich natürlich eher straff aufgelegt bietet es hier wie dort eine breite Spreizung zwischen Komfort und Sport. Beide Sportler können durchaus komfortabel bewegt werden, wobei die flache Sportbereifung natürlich gewisse Grenzen setzt.

Grenzenlos ist dagegen der Fahrspaß, und zwar in beiden Autos. Vor allem der Clubsport wirkt im Sportmodus extrem agil und wieselflink, woran auch die neu abgeschmeckte Progressivlenkung ihren Anteil hat. Zielgenau, straff und mit viel Gefühl ist sie ein perfektes Instrument für schnelle Kurven. Dass der Golf R doch deutlich satter, aber auch etwas behäbiger wirkt, liegt an seinem höheren Gewicht.

Abmessungen VW Golf GTI Clubsport VW Golf R
Länge 4.292 mm 4.296 mm
Breite 1.789 mm 1.789 mm
Höhe 1.447 mm 1.445 mm
Radstand 2.628 mm 2.629 mm
Kofferraum 374 – 1.230 Liter 341 – 1.197 Liter
Leergewicht 1.501 kg 1.584 kg
Zuladung 429 kg 456 kg
Anhängelast 1.700 kg
Stützlast 80 kg

Rennstrecke

Nicht wenige Kunden nutzen ihre Sport-Gölfe auch für Trackdays auf Rennstrecken oder für die beliebten Touristenfahrten auf dem Nürburgring. Deswegen haben wir beide Autos auch ausführlich auf der Rennstrecke gefahren. Dabei überraschte vor allem der GTI Clubsport mit unglaublich viel Fahrspaß am Limit, trotz seines Nachteils des reinen Frontantriebs.

Wie schon auf der Straße animiert sein hellwacher Motor dazu, die Grenzen auszutesten. Dazu kommt eine bissige Bremse und ein knackiges Fahrwerk, dass auch mit den teils derben Bodenwellen auf dem Lausitzring gut klarkommt.

Der Frontantrieb erfordert aber trotz des Quersperre einen recht gefühlvollen Gasfuß beim Herausbeschleunigen, um die Sperre optimal arbeiten zu lassen. Im ESC-Sportmodus dreht sich der Clubsport zudem beim Einbremsen leicht in die Kurve, was erfahrene Fahrer sehr gut nutzen können, unerfahrenen Piloten aber leicht einen kleinen Schrecken einjagt.

Der Golf R vermittelt dagegen auch auf der Rennstrecke eine unerschütterliche Ruhe und Sicherheit. Hier kann man auch am Kurvenausgang voll auf den Pinsel latschen, 4MOTION regelt, und zwar buchstäblich. Der Fahrdynamikmanager, der sämtliche relevanten Systeme unter einem Softwaredach bündelt, händelt alles in perfekter Art. Nur sollte man rechtzeitig vor dem Einlenken mit dem Bremsen fertig sein, weil sich sonst doch ein leichtes Untersteuern einschleicht.

Insgesamt wirkt der R wenig überraschend nicht ganz so leichtfüßig und agil wie sein Clubsportbruder, vermittelt aber viel Gelassenheit auch unter Stress. Wegfahren kann er dem Clubsport auf der Rennstrecke trotz 33 Mehr-PS aber keinesfalls, zumindest nicht bei trockenen Bedingungen. Grundsätzlich kann man mit dem Clubsport etwas später bremsen, früher einlenken und mehr Speed mitnehmen, aber mit dem R deutlich früher und besser rausbeschleunigen.

Preislich fliegen beide Kompaktsportler in ganz hohen Sphären. Für den GTI Clubsport sind mindestens 49.225 Euro nötig. Der R beginnt sogar bei fast 55.000 Euro, hat dem Clubsport aber unter anderem das serienmäßige DCC-Fahrwerk voraus.

Fazit

Einen eindeutigen Sieger gibt es bei unserem Vergleich nicht. Im Prinzip ist es Geschmacksache (und natürlich auch ein wenig eine Frage des Geldbeutels). Beide Autos bieten eine Menge Fahrspaß, aber auf ganz unterschiedliche Weise. Der Clubsport macht Bock in jeder Sekunde, animiert zum Spaßhaben und ist stets auf dem Sprung. Der R hingegen ruht in sich selbst, kann sehr schnell sein, muss es aber nicht und ist für lange Fahrten prädestiniert.

Auf der Rennstrecke macht der Clubsport mit seiner aufgeweckten Art irgendwie mehr Spaß, wenn man mit seinem Frontantrieb umzugehen weiß. Der R bietet kaum weniger Fahrspaß, bleibt aber immer ein bisschen cooler. Und wenn es nass oder gar winterlich wird, kann er mit seinem intelligenten Allradantrieb natürlich Kreise um den Clubsport fahren.

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