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Ora Funky Cat im Test: Nicht schick, aber edel

ora funky cat im test: nicht schick, aber edel

Ora Funky Cat

Was taugt der neue VW-ID.3-Konkurrent aus China?

Klein, aber fein: So könnte man den neuen Ora Funky Cat in drei Wörtern beschreiben. Aber natürlich ist das längst nicht alles, was wir bei unserem Test des neuen Elektro-Kompaktwagens aus China herausgefunden haben.

Designmäßig erinnert mich der Konkurrent des VW ID.3 ein wenig an einen Wolpertinger – Sie wissen schon, das bayrische Mischwesen aus verschiedenen Tieren. An der Front des Ora ist mehr als nur eine Prise Porsche 911 erkennbar, aber auch ein bisschen vom Mini Dreitürer. Das meiner Ansicht nicht sehr gelungene Heck lässt mich dagegen an Renault-Modelle denken.

Von der Seite sieht der nur 4,24 Meter lange, aber stolze 1,60 Meter hohe Kompaktwagen ein wenig pummelig aus. Insgesamt wirkt das Auto eher freundlich als dynamisch, was beileibe kein Nachteil ist; mir gefällt das. Dennoch finde ich persönlich das Design des Mini Cooper SE, des ID.3 oder des Fiat 500 Elektro schicker.

Edles Cockpit (mit leichtem Plastikgeruch)

Nach dem Einsteigen fällt zunächst das feine. mit Wildleder bezogene Armaturenbrett auf. Das runde Lenkrad hat ebenfalls einen veganen Bezug. Überall gibt es schöne Nähte, auch die Türinnenseiten sind fein gearbeitet. Die übrigen Materialien sind ebenfalls hochwertig. Dazu gibt es zwei nebeneinander stehende Displays im Querformat, die beide 10,25 Zoll in der Diagonale messen.

ora funky cat im test: nicht schick, aber edel

Ora Funky Cat: Nobles Interieur mit zwei 10,25-Zoll-Displays nebeneinander

All das ist serienmäßig, und es sieht wesentlich besser aus, fasst sich besser an als im VW ID.3. Nicht so ganz zu dem wirklich schicken Ambiente passt freilich der leichte Plastik-Geruch im Inneren.

Mächtige Sprachbedienung …

Lobenswert ist aber wieder die Sprachbedienung: Ein so mächtiges System wie im Funky Cat habe ich noch nicht erlebt. So kann man den Radiosender einstellen, einfach sagen “spiele Dire Straits”, die Innenraum-Temperatur verstellen, die Fenster öffnen (leider nur vorne), und sogar die Kofferraumklappe öffnen und schließen.

Der Assistent weiß auch den Wochentag und das Datum, und liest gerne vor, was er in Wikipedia gefunden hat, wenn man nach touristischen Informationen fragt. Die Rekuperationsstufen lassen sich leider nicht auf diesem Wege einregeln, denn das ist laut Ora in Deutschland (noch) verboten.

… aber Schwachstellen bei der sonstigen Ergonomie

Das ist schade, denn die Schriftarten auf dem Touchscreen sind deutlich zu klein geraten. Ich musste mich öfter vorbeugen, um sie lesen zu können – was man beim Fahren natürlich unterlassen sollte, schon weil man sonst schnell von der Fahrerüberwachung wegen “Geistesabwesenheit” geschimpft wird.

ora funky cat im test: nicht schick, aber edel

Ora Funky Cat: Die Schriften sind zu klein, um sie während der Fahrt mit dem Finger zu treffen

Einige wichtige Funktionen sollen erst nachträglich (wenn auch schon im März) per Over-the-Air-Update ins Auto kommen. Dazu gehören eine vernünftige Stromverbrauchsanzeige, die man auch zurücksetzen kann, die Möglichkeit, sich eine Ladestrategie für längere Navigationsstrecken erstellen zu lassen sowie Apple Carplay und Android Auto.

Nicht per Software zu beheben ist, dass der Hebel zum Aktivieren von Abstandstempomat und dem “smarten” Tempomaten links am Lenkrad oft vom Lenkradkranz verdeckt wird – bei älteren Peugeot-Modellen war das ähnlich. Immerhin ist der Lenkstockhebel auch so intuitiv und einfach bedienbar: Einmal ziehen, und der Abstandstempomat ist aktiv, zweimal ziehen, und der smarte Tempomat arbeitet, Hebel nach oben oder nach unten, und das eingestellte Tempo wird erhöht oder erniedrigt.

Das Tempolimit wird jedoch nicht automatisch vom Verkehrsschild übernommen. Die Smartness des erweiterten ACC-Systems bezieht sich offenbar vor allem auf den Spurhalteassistenten. Anders als beim MG4 Electric funktionieren die Systeme immerhin schon recht gut. In manchen scharfen Biegungen auf der Landstraße (in denen die meisten Systeme abschalten) wird manchmal die Kurve geschnitten, man überfährt dabei auch durchgezogene Mittelstriche.

Das Vorkonditionieren der Traktionsbatterie aufs Schnellladen scheint gar nicht möglich zu sein. Vielleicht muss der Akku aber auch gar nicht vorklimatisiert werden. Denn die maximale Ladeleistung des Akkus beträgt ohnehin nur 67 kW. Damit dauert ein Ladehub von 15 auf 80 Prozent volle 45 Minuten – und damit zehn Minuten länger als beim VW ID.3.

Flotter Frontantrieb

Zum Losfahren muss ich nur das Drehrad in der Mittelkonsole auf “D” stellen und aufs Gas gehen. Ärgerlich nur, dass sich die elektrisch per Schalter betätigte Feststellbremse nicht automatisch löst. Doch einmal in Fahrt, legt der 126 kW starke Fronttriebler sehr flott los. An Schwung mangelt es diesem Auto wirklich nicht; auf kurvigen Straßen wie rund um Sintra stellt sich schnell eine gehörige Portion Fahrspaß ein.

Für den Vortrieb sorgt ein PSM-Elektromotor; der Strom kommt aus einem Akku mit NCM-Zellen vom chinesischen Hersteller CATL. Die Netto-Speicherkapazität ist mit 59 kWh sogar ein klein wenig größer als beim Basis-ID.3. Dennoch ist die Reichweite mit 420 km etwas geringer – der Funky Cat verbraucht also mehr. Wie viel, ließ sich nicht herausfinden, da man den Durchschnittsverbrauch wie erwähnt noch nicht zurücksetzen kann.

ora funky cat im test: nicht schick, aber edel

Ora Funky Cat: Einstellmöglichkeiten

Die Rekuperation lässt sich per Touchscreen in drei Stufen einstellen; zudem gibt es einen echten One-Pedal-Driving-Modus, in dem das Auto wirklich allein durch Gas-Weg-Nehmen zum Stillstand kommt. Schöner wäre es, wenn man die Modi per Paddles am Lenkrad einstellen könnte, aber auch so sind die vielen Einstellmöglichkeiten lobenswert. Im ID.3 und vielen anderen Elektroautos gibt es schließlich gar keinen One-Pedal-Modus.

Wie die britischen Kollegen von Autocar richtig bemerkten, arbeitet die Traktionskontrolle noch suboptimal: Bei einem Anfahr-Versuch an einem Berg mit mittlerem Gefälle drehten die Vorderräder auf trockener Asphalt-Fahrbahn durch, und zwar deutlich mehr als nur eine halbe Umdrehung. Dasselbe bemerkten wir bei engen U-Turns auf schmalen Straßen – hier hätte sich ein wenig mehr Finetuning gelohnt.

Ansonsten fährt sich der unkonventionelle Begleiter (so übersetzt der Hersteller den Modellnamen) wirklich gut – ich war positiv überrascht, nach all dem Negativen, was die britischen Kollegen schrieben.

Komfortables Fahrwerk 

So ist das Fahrwerk lobenswert. Ora erwähnt gern, dass der Funky Cat auf der vom Mutterkonzern Great Wall entwickelten Plattform Lemon basiert, auf dem auch der kommende Elektro-Mini aufsetzen wird. Allerdings bietet das Chassis keine Mehrlenkerachse hinten mehr wie der aktuelle Mini Dreitürer, sondern nur eine Verbundlenkerachse.

Die Abstimmung liegt eher auf der komfortablen Seite, der Funky Cat wirkt weicher als der konkurrierende MG4 Electric. Insofern passt das Fahrwerk gut zur eher gemütlichen Außenoptik des Wagens. Der Funky Cat wankt in der Kurve ein klein wenig nach außen. Das spürt man umso mehr, weil der Wagen ja relativ hoch ist. Und weil die Sitze zwar komfortabel sind, aber nicht besonders viel Seitenhalt bieten. Dafür bringt einen das Fahrwerk sehr gut über Fahrbahnunebenheiten hinweg.

Platz im Fond und Kofferraum

Im Fond hat man ausgesprochen viel Kniefreiheit. Am Kopf geht es etwas beengter zu, aber eine praktische Ausformung des Dachhimmels sorgt dafür, dass der 1,76 Meter große Autor keine Probleme hat.

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Der Kofferraum ist allerdings mit 228 bis 858 Liter deutlich kleiner als bei gleich großen Konkurrenten. Durch die Möglichkeit, die Sitze umzuklappen, kann man mit dem Ora allerdings auch mal einen alten Schreibtischstuhl zum Wertstoffhof bringen – anders als zum Beispiel mit einem Tesla Model 3.

ora funky cat im test: nicht schick, aber edel

Ora Funky Cat: Hohe Ladekante und unpraktischer Kofferraumeingang

Die Ladekante liegt jedoch mit 80 Zentimeter extrem hoch (auf Hüfthöhe), und zudem gibt es eine hohe Schwelle am Kofferraumeingang. Schweres Transportgut einzuladen, dürfte deshalb nicht einfach sein. Ein Manko in puncto Alltagstauglichkeit ist auch, dass es keinen Scheibenwischer für die Heckscheibe gibt.

Noble Ausstattung schon in der Basis

Die Ausstattung ist schon bei der Basisversion exzellent für die Klasse. Dazu gehören 18-Zoll-Alufelgen, die hochwertige Innenausstattung, LED-Scheinwerfer, Klimaautomatik, der Sprachassistent, Parkpiepser hinten, ein 360-Grad-Rundumsicht-System und mehr; die Details können Sie im Modellprospekt nachlesen, den wir hier verlinkt haben:

Ora Funky Cat: Prospekt mit Daten und Preisen als PDF zum Download  

Marktstart und Preise

Konfigurierbar ist der Ora Funky Cat noch nicht, doch laut Sprecher Jörg Machalitzky ist der Wagen bereits seit Januar bestellbar. Die neue China-Marke habe in Deutschland schon 150 Händler, bis Mitte 2023 sollen es 200 sein.

Im Jahr 2023 will man 6.000 Autos in Deutschland absetzen. Wenn die Nachfrage größer ist, wären auch mehr möglich, so der Hersteller. Und das Auto soll schnell verfügbar sein: Die Lieferfrist wird mit vier bis sechs Wochen angegeben, bei ausgefallenen Varianten kann es auch etwas mehr sein.

Die Wartezeit für die Kundschaft soll auch kurz bleiben, denn jedes Schiff aus China bringt etwa 2.600 Autos, in den voraussichtlich begehrtesten Farben und Versionen. Die Preise für den Ora Funky Cat beginnen bei 38.990 Euro; mit der großen Batterie kostet der Wagen mindestens  44.490 Euro. Damit liegt der Ora Funky Cat preislich gleichauf mit dem VW-ID.3-Basismodell – das zum Beispiel bei Ladedauer und Sprint besser abschneidet, dafür längst nicht so viel Ausstattung bietet.

Mehr zum Ora Funky Cat:

    Fazit

    Zu den Konkurrenten des Ora Funky Cat gehören der MG4 Electric, der Renault Megane Electric und der VW ID.3. Was die “Quartett-Daten” angeht, so haben wir die vier Rivalen bereits verglichen. Hier war der Neuling in keiner Kategorie vorne.

    Der Ora Funky Cat brilliert in anderer Hinsicht. So beeindruckt die noble Innenausstattung – hier erreicht Ora wirklich Premium-Niveau und lässt den VW ID.3 deutlich zurück. Eindruck macht auch die mächtige Sprachbedienung. Bedienbarkeit und Assistenzsysteme sind besser als beim MG4 Electric, auch wenn die Traktionskontrolle noch ein wenig Finetuning nötig gehabt hätte und die Schriften auf dem Touchscreen deutlich zu klein geraten sind. Negativ in Sachen Alltagstauglichkeit werten wir auch den kleinen und nicht gut nutzbaren Kofferraum, und dass es keinen Heckscheibenwischer gibt.

    Aller Detailkritik zum Trotz: Insgesamt könnten wir mit dem Ora Funky Cat leben, auch wenn es für uns schickere und alltagstauglichere Modelle gibt – wir würden den ID.3 vorziehen. Wer jedoch besonderen Wert legt auf eine noble Innenausstattung, ist bei Ora richtig. Hier orientiert sich die Marke am Mini Cooper SE. Der nur 3,85 Meter kurze Winzling hat eine Klasse tiefer vorgemacht, wie sich “Premium” mit geringer Größe verbinden lässt. Ob das auch bei einem China-Modell klappt, müssen wir abwarten.

    Ora Funky Cat 400 Pro+
    Motor 1 Permanentmagnet-Synchronmotor (PSM)
    Leistung 126 kW
    Max. Drehmoment 250 Nm
    Antrieb Frontantrieb
    Beschleunigung 0-100 km/h 8,2 Sek.
    Höchstgeschwindigkeit 160 km/h
    Verbrauch 16,5 kWh/100 km
    Batterie 63 kWh brutto, 59 kWh netto, NCM-Chemie, von CATL
    Elektrische Reichweite 420 km
    Ladeanschluss CCS2: bis 11 kW AC, bis 67 kW DC,
    Aufladezeit 6h30 mit AC (0-100%), 48 min mit DC (15-80%)
    Länge 4.235 mm
    Breite 1.825 mm
    Höhe 1.603 mm
    Kofferraumvolumen 228-558 Liter
    Leergewicht 1.615-1.655 kg
    Zuladung 315-355 kg
    Anhängelast 0 kg (nicht zulässig)
    Basispreis 47.490 Euro

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