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Mercedes-Chef Källenius: „Wir müssen neue Erlösequellen erschließen“

In einem Interview mit der Zeit äußerte sich Mercedes-Chef Ola Källenius zu den aktuellen Herausforderungen und Chancen, denen die Automobilindustrie gegenübersteht. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Aussichten für Deutschland zeigt sich der CEO zuversichtlich für die Zukunft seines Unternehmens, das sich mitten in einer umfassenden Transformation befindet. Er hebt hervor, dass die Automobilindustrie derzeit einen epochalen Wandel erlebt, angetrieben von technologischen Trends wie Dekarbonisierung und Digitalisierung.

Dieser Wandel ist Källenius zufolge „spannend„, bringe jedoch auch beträchtliche Unsicherheiten mit sich, insbesondere angesichts geopolitischer Auseinandersetzungen und ökonomischer Herausforderungen wie steigender Energiekosten. „In dieser rauen See ein Unternehmen zu navigieren, ist eine Herausforderung“, so der Mercedes-Chef. Den Wettbewerb in der Automobilindustrie vergleicht er mit einem Zehnkampf. „Du kannst nicht in allen zehn Disziplinen gleichzeitig Weltmeister werden, musst aber in der Summe gewinnen und natürlich in einigen der Beste sein“, heißt es weiter. Auch Mercedes müsse sich weiterentwickeln, um in dieser Transformation erfolgreich zu sein.

Ende der Förderungen „haben einen Effekt“ auf den Markt

Källenius spricht auch über die Kosten für elektrische Antriebsstränge, insbesondere Motoren und Batterien. Obwohl Mercedes-Benz mit seinen Elektroautos in vielen Vergleichstests erfolgreich sei, betonte er die Notwendigkeit, die Produktionskosten weiter zu senken. Vor allem angesichts der Tatsache, dass Mercedes viele große Modelle anbietet, die wiederum größere Batterien benötigen. Und das führe schließlich zu höheren Kosten pro Kilowattstunde.

Um höhere Kosten für Elektroautos auszugleichen, müsse Mercedes „neue Erlösequellen erschließen„, so der Manager. Zum Beispiel durch digitale Abonnements für Dienstleistungen wie automatisiertes Fahren und personalisierte Entertainment-Pakete. Gleichzeitig spricht er von einer Verringerung der Fixkosten, einschließlich möglicher Personaleinsparungen, allerdings wohl unter Berücksichtigung der sozialen Verantwortung: „Wir werden in den kommenden Jahren nicht jede Stelle nachbesetzen“, sagt er hierzu. Zudem gelte in Deutschland eine Beschäftigungssicherung bis Ende 2029, so der CEO laut Zeit.

Der Stuttgarter Autobauer werde sich auf die Integration von Softwarekomponenten konzentrieren. Das Unternehmen habe Tausende von Softwareentwicklern weltweit eingestellt, um die Komplexität der Fahrzeuge zu reduzieren und sich als Architekt des Betriebssystems in Mercedes-Modellen zu positionieren. Partnerschaften mit Technologieunternehmen wie Nvidia und Google seien dennoch unabdingbar, um Innovationen voranzutreiben – etwa das autonome Fahren.

mercedes-chef källenius: „wir müssen neue erlösequellen erschließen“

Für den Erfolg der Elektromobilität ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur von entscheidender Bedeutung, weiß Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius. Hier: Der erste eigene Charging Hub, welcher Ende November 2023 in Mannheim eröffnet wurde | Bild: Mercedes-Benz

„Rahmenbedingungen für Unternehmen müssen sich verbessern“

Weiter spricht Källenius über die Elektroauto-Verkäufe, die im Jahr 2023 um etwa 75 Prozent gestiegen seien. Er räumte jedoch ein, dass der Wegfall staatlicher Förderungen den Markt beeinflusst habe. Er sei „sehr froh„, dass Mercedes auch weiterhin Verbrennungsmotoren, Plug-in-Hybride und Elektroautos parallel anbiete, um den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden. Nichtsdestotrotz werde Mercedes in dieser Dekade die Grundlage für ein vollelektrisches Portfolio in allen Fahrzeugklassen schaffen, heißt es. Den genauen Zeitpunkt für das Ende von Verbrennungsmotoren könne das Unternehmen Källenius zufolge jedoch nicht vorhersagen, da viele Faktoren den Elektrohochlauf beeinflussen, darunter der Ausbau der Ladeinfrastruktur. Kunden könnten jedenfalls auch nach 2030 noch Verbrennungsmotoren von Mercedes kaufen. „Unser Produktangebot richtet sich grundsätzlich nach den Kundenwünschen und wird stets auf dem technologisch neuesten Stand sein“, so der 54-Jährige im Interview.

Ob der Verbrenner-Ausstieg im Jahr 2035 realistisch ist, dazu äußert sich der CEO nicht direkt. Seiner Meinung nach müsse im Jahr 2026 eine Bestandsaufnahme gemacht und eine sachliche Diskussion geführt werden, wobei der Stand der Ladeinfrastruktur in ganz Europa von entscheidender Bedeutung sei. Trotz des Wandels in der Automobilindustrie werde die individuelle Mobilität immer eine Nachfrage haben, ist sich der Mercedes-Chef sicher. Auf große und teure Premium-Elektroautos zu setzen, sei eine lange Tradition der Marke. Mercedes stehe „für das Besondere„. Diese Philosophie werde auch im Elektrozeitalter fortgeführt.

Ein Unternehmen während einer wirtschaftlichen Rezession umzubauen, ist herausfordernd. Deshalb fordert der CEO: „Die Rahmenbedingungen für Unternehmertum müssen sich verbessern, bei der Besteuerung, der Arbeitsmarktflexibilität und bei der Bildung.“ Källenius lobt die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung im Bereich der Rohstoffversorgung, betont jedoch die Notwendigkeit weiterer Handelsabkommen und einer kosteneffizienten, grünen Energieversorgung, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. In weiteren Teilen spricht er über die Verteilung von Ressourcen in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit. Er lehnt es ab, verschiedene Interessengruppen – Arbeitnehmer und Aktionäre – gegeneinander auszuspielen, stattdessen solle die internationale Wettbewerbsfähigkeit und zukunftsweisende Technologien gefördert werden. Dazu trage Mercedes-Benz als Unternehmen seinen Teil bei, indem es in verschiedene Bereiche investiere.

mercedes-chef källenius: „wir müssen neue erlösequellen erschließen“

Um das Risiko durch den Klimawandel zu reduzieren, würde Källenius auch bei der landschaftlichen Ästhetik Abstriche machen: „Man kann nicht aus Kohle und Kernkraft aussteigen und gleichzeitig gegen Stromtrassen oder Energiespeicher sein“ | Bild: Mercedes-Benz

Exportland Deutschland stärken statt isolieren

Laut Källenius müssten auch alle wirtschaftlich sinnvollen Energiequellen ausgebaut werden, vor allem solche, die CO₂-frei oder zumindest CO₂-ärmer sind. Dabei nennt er Windkraft und Solarenergie als Beispiele. Obwohl diese Energien ausgebaut werden, ist dies seiner Meinung nach nicht ausreichend. Stromtrassen und Energiespeicher seien ebenfalls wichtig, um die Verfügbarkeit alternativer Energien sicherzustellen. Er verweist auf Investitionen anderer Länder in Pumpspeicherwerke als Beispiel dafür, wie CO₂-neutrale Energien kontinuierlich verfügbar gemacht werden könnten.

Der Manager würde nach eigenen Angaben Kompromisse eingehen, beispielsweise in Bezug auf die landschaftliche Ästhetik, um das Risiko durch den Klimawandel zu reduzieren. „Man kann nicht aus Kohle und Kernkraft aussteigen und gleichzeitig gegen Stromtrassen oder Energiespeicher sein“, mahnt er. Das seien Themen, die gesellschaftlich diskutiert werden sollten. Källenius ist auch der Meinung, dass man Kernkraftwerke, die bereits bezahlt wurden und Ergebnisse liefern, nicht abschalten sollte. „Als Wirtschaftsmensch habe ich dazu eine klare Meinung. Aber die Diskussion ist erledigt. Das bringt uns heute nicht weiter“, so der Mercedes-Chef.

Obendrein lobt er Deutschland für seine kritische Selbstreflexion und betrachtet dies als eine Stärke, die zur persönlichen Verbesserung anspornt. Er schätze die Lebensqualität, kulturelle Vielfalt sowie die offene, freundliche und innovative Atmosphäre des Landes. Demokratie, Toleranz, Respekt, sozialer Marktwirtschaft sowie Innovation und Unternehmertum seien die Eckpfeiler des deutschen Geschäftsmodells. Er warnt davor, Stimmung gegen bestimmte Gruppen zu machen, da dies den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährde und plädiert für mehr statt weniger Europa, um Deutschland als Exportland zu stärken und nicht zu isolieren.

Quellen: Zeit Online – „Den Zeitpunkt für den letzten Verbrenner kennen wir schlichtweg nicht“ / Mercedes – Offizielle Pressemitteilung vom 27.11.2023 / FAZ – „Der Wechsel zum Elektroauto kommt schneller als erwartet“

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