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BMW X1

Im Test: BMW X1 xDrive 30e

Seit der Staat den Fördertopf für Plug-in-Hybride fest verschlossen hat, haben die Teilzeitstromer an Anziehungskraft verloren. Der BMW X1 xDrive 30e bleibt aber trotzdem auch als sogenanntes PHEV interessant. Warum das so ist und was der Bayer sonst noch kann, sagt ein Fahrbericht.

im test: bmw x1 xdrive 30e

BMW X1 xDrive 30e: Prägendes Stilelement an der Front ist die große Niere. Hersteller

Was er darstellt: Der X1 ist das meistverkaufte SUV aus dem Hause BMW und gleichzeitig das kleinste. Wobei: Das Wort “klein” ist ein großes angesichts von 4,50 Metern Länge, 1,84 Metern Breite und 1,64 Metern Höhe. “Never change a winning team” heißt es bekanntlich, und an diesen Glaubenssatz haben sich auch die BMW-Designer gehalten. Sprich: Der erfolgreiche X1 sollte in nunmehr dritter Modellgeneration seinen Wiedererkennungswert behalten. Daher sind die vertrauten Formen in ihren Grundzügen erhalten geblieben, aber dennoch erkennbar nachgeschärft und gestrafft worden. Die Front steht nun aufrechter, die nahezu quadratische BMW-Niere hat an Format gewonnen, ohne dabei solch fast schon verstörende Dimensionen wie beim iX oder i7 anzunehmen.

Wie er eingerichtet ist: Die Innenarchitekten durften schon weitaus mehr in Angriff nehmen als ihre Kollegen vom Exterieur-Design. Was sie umgesetzt haben, kennt man weitestgehend vom Minivan 2er Active Tourer, mit dem sich der X1 im Übrigen auch die Plattform teilt.

Grundsätzlich verbaut wird somit das leicht gebogene “Curved Display”, das Fahrerinstrumentarium und Infotainment-Touchscreen zu einem volldigitalen Anzeigenverbund zusammenfügt. Analog geht nicht mehr viel, auch den BMW-typischen Dreh-Drück-Regler suchen dessen Fans – und das sind einige – vergebens. Die Abwesenheit haptischer Bedienelemente – eine Ausnahme bildet das silberne Rädchen zur Lautstärkeregelung – führt dazu, dass man sich selbst Basis-Funktionen wie denen der Klimatisierung über Touchen und Sliden annähern muss, ganz zu schweigen von dem, was sich in den multimedialen Tiefen sonst noch verbirgt. Von jetzt auf gleich ist das nicht zu durchschauen. Wer beim Plug-in-Hybrid beispielsweise den rein elektrischen Fahrmodus einstellen möchte, muss sich dazu erst in die App “Fahreinstellungen” begeben, einfach auf Tastendruck geht das nicht. Und will man wissen, ob der X1 gerade elektrisch unterwegs ist, mit abgeschaltetem Motor “effizient rollt” oder die Batterie lädt, gilt es eine weitere App („Live Vehicle“) zu konsultieren.

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Viel Lob wollen wir aber der ebenso aufschlussreichen wie scharfäugigen Bildgebung der (optionalen) 360-Grad-Kamera erteilen, ebenso wie dem Head-up-Display und dem sehr guten Navi, das gegen Aufpreis mit Augmented View arbeitet, auf dem Control-Display also einen Live-Videostream aus Sicht des Fahrers einspielt und mit animierten Richtungspfeilen illustriert. Gegen Aufpreis lässt sich der X1 zudem mit einer Innenraumkamera und einem Drive Recorder ausstatten, der die Kameras der Fahrassistenzsysteme zur Aufnahme von Videobildern heranzieht.

Eine clevere Idee ist die Smartphone-Ablage, in der das Handy zum induktiven Laden aufrecht und somit im Sichtfeld Platz nimmt, fixiert wird das Telefon mit einer Spange. Und das dicke M-Lederlenkrad lohnt den Aufpreis von 250 Euro, es zu umfassen, ist eine echte Freude.

Kleine Randnotiz: Die sehr gut funktionierende Sprachsteuerung überrascht mit der Fähigkeit, auf Anfrage einen Witz zu erzählen, der inhaltlich schon mal mit der Teilelektrifizierung des Fahrzeugs korrespondiert. Kostprobe: “Ein Neutron kommt auf die Party. Aber die ist nur für geladene Gäste”.

Wie viel Platz er hat: Reichlich. Eine vierköpfige Familie wird kaum in Raumnöte geraten. Schön gelungen ist die gleichsam freischwebende Armauflage mit Bedieneinheit (unter anderem für die Automatik) und Untergeschoss, das eine Ablage anbietet. Die Rücksitzlehnen lassen sich im Verhältnis 40:20:40 umlegen, das vergrößert den Kofferraum von 490 auf 1495 Liter. Im Vergleich zum konventionell angetriebenen X1, der 540 bis 1600 Liter aufweist, ist allerdings eine gewisse Einbuße hinzunehmen. Zudem lässt sich die Rückbank beim Plug-in-Hybrid nicht längs verschieben. Aber auch der PHEV-Kunde findet einen doppelten Ladeboden vor, der praktischerweise die Ladekabel aufnimmt, und die Heckklappe öffnet und schließt serienmäßig elektrisch. Das sinnvolle Gepäckraumtrennnetz lässt sich BMW mit 200 Euro nicht unerheblich extra bezahlen.

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Was ihn antreibt: Ein 110/150 kW starker 1,5-l-Dreizylinder-Benziner und ein Elektromotor mit 80 kW/109 PS. Im Verbund erbringt der Plug-in-Hybridantrieb eine Systemleistung von 240 kW/326 PS. Komplettiert wird das Team durch eine Siebengang-Steptronic mit Doppelkupplung sowie eine Batterie mit 14,2 kWh Nettoinhalt. Der Verbrenner ist für die Vorderachse zuständig, der E-Motor für die Hinterachse, daraus resultiert zumindest bei nicht vollelektrischer Fahrt Allradantrieb.

Das Antriebsportfolio für den BMW X1 ist ein umfangreiches. Neben einer “kleineren” und ebenfalls allradgetriebenen Plug-in-Alternative mit 180 kW/245 PS (X1 xDrive 25e) gibt es noch den rein elektrischen iX1 sowie Benziner und Diesel mit Front- oder Allradantrieb.

Wie er sich fährt: Der Dreizylinder-Otto und der Elektromotor verstehen sich prächtig, ihr Zusammenspiel funktioniert hervorragend. Zumindest im “Personal”- und im verbrauchsoptimierten “Efficient”-Modus überlässt der X1 in vielen Fahrsituationen der E-Maschine das Regiment und schickt den Verbrenner in die Pause. Dass sich über das Infotainment-Menü auch ein rein elektrisches Fahrprogramm aktivieren lässt (bis maximal 140 km/h), davon ist bereits die Rede gewesen. Zudem besteht die Möglichkeit, das Fahrzeug in ausgewählten Stadtgebieten – sogenannten e-Drive-Zonen – automatisch in den elektrischen Betrieb übergehen zu lassen.

Eine feine Sache, an die wir uns schnell und gern gewöhnt haben, ist die adaptive Rekuperation, die wiederum mit den Fahrmodi “Personal” und “Efficient” einhergeht. Erkennt der X1 beispielsweise eine Geschwindigkeitsbegrenzung, ein vorausfahrendes Auto, eine rote Ampel oder eine enge Kurve, nimmt er selbstständig Tempo weg und gewinnt damit kinetische Energie zurück – dies auch bei nicht aktiviertem Navi. Die Reichweitenanzeige klettert so tatsächlich immer wieder ein Stück nach oben.

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Falls gewünscht, kann der X1 aber auch den Sport hochleben lassen. Das läuft dann über den gleichnamigen Fahrmodus, der sich den ansatzlosen Schub des E-Motors zunutze macht und die gesamte Antriebsleistung abruft. In 5,6 Sekunden geht es dann von 0 auf 100 km/h, bei 205 km/h ist Schluss, mehr ist sowohl sicherheits- als auch verbrauchstechnisch eh nicht unbedingt gesund.

Trotz seines SUV-Naturells lässt sich der Teilzeitstromer willig und behände um die Kurven treiben, vor allem, wenn ihm aus der Aufpreisliste das adaptive M-Fahrwerk (700 Euro) untergeschoben wurde. Allerdings könnte es einen Tick komfortabler abgehen, das Abrollverhalten ist ein etwas herbes.

Wie weit er elektrisch kommt: 76 bis 88 Kilometer, sagt BMW. Das geht über das hinaus, was die meisten anderen Plug-in-Hybride schaffen. Mit gutem Willen und bei nichtwinterlichen Temperaturen lassen sich tatsächlich um die 80 Kilometer realisieren. Das wiederum bedeutet, dass der übliche Pendler- und Kurzstrecken-Alltag durchgehend elektrisch zu bewältigen ist und der X1 30e, diszipliniertes Laden vorausgesetzt, nur ausnahmsweise an der Tankstelle Kunde ist.

Was er verbraucht: Nach rund 1300 Kilometern vermerkten wir einen Schnitt von 4,2 l/100 km Superbenzin, hinzu kamen 11,2 kWh Strom. Bei rein elektrischer Fahrt genehmigte sich der BMW 22,3 kWh, und im Solo-Verbrenner-Betrieb mit Autobahn-Richtgeschwindigkeit etwa sieben Liter auf die Distanz.

Wie er lädt: An der Wechselstrom-Wallbox oder -Ladesäule bedient sich der X1 30e mit 7,4 kW. Damit ist die Hochvoltbatterie innerhalb von zweieinhalb Stunden von ganz leer auf ganz voll gebracht. An der Haushaltssteckdose nimmt der Vorgang knapp acht Stunden in Anspruch. Gleichstromladen an der Schnellladestation beherrscht der Bayer nicht. Das können aber auch nur die wenigsten PHEVs.

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Was er bietet: Serienmäßig unter anderem 17-Zoll-Leichtmetallräder, Zweizonen-Klimaautomatik, Navi, Parkassistent einschließlich Rückfahrkamera, Audiosystem mit sechs Lautsprechern, elektrische Heckklappe sowie Fahrassistenzsysteme wie den Aufmerksamkeitsassistenten und den “Active Guard”, der unter anderem Spurhaltesystem, Frontkollisionswarnung samt Bremsfunktion und Speed-Limit-Info vorhält.

Da lässt sich natürlich noch allerlei hinzuordern. Das adaptive M-Fahrwerk kostet 700 Euro, das umfangreich bestückte und daher empfehlenswerte Fahrassistenzsystem “Driver Assistant Professional” kommt auf 1900 Euro, für das Innovations-Paket mit adaptiven LED-Scheinwerfern, Head-up-Display, Augmented View und Parkassistent-Plus inklusive dreidimensionaler Bildschirmdarstellung werden 3100 Euro veranschlagt. Wer eine Lenkradheizung will, zahlt 200 Euro, für die Sitzheizung verlangt BMW 350 Euro extra.

Was er kostet: Ab 49.950 Euro. Unser umfangreich ausgestatteter Testwagen kostete 66.150 Euro.

Der Staat gewährt bekanntlich keinen Umweltbonus mehr für Plug-in-Hybride. Nach wie vor gilt aber der von einem auf ein halbes Prozent vergünstigte Steuersatz für Dienstwagen. Das kann durchaus ein Kaufargument sein.

Was wir meinen: Der BMW X1 30e ist ein premiumwürdiges Kompakt-SUV mit dem Raumangebot und den praktischen Eigenschaften eines Vans. Punkten kann der Bayer außerdem mit seinen markentypisch guten Fahreigenschaften und dem ausgereiften Infotainment. Dass die elektrische Reichweite vergleichsweise hoch ausfällt, macht speziell den Plug-in-Hybrid auch jenseits der staatlichen Förderung interessant. Dass billig anders aussieht, weiß man, wenn man einen BMW auf die Shoppinglist setzt.

Ulla Ellmer

Datenblatt: BMW X1 xDrive 30e

Antrieb Plug-in-Hybrid, Allradantrieb, 7-Gang-Steptronic mit Doppelkupplung

Verbrennungsmotor:

Hubraum 1499 ccm

Zylinder 3

Leistung 110 kW/150 PS bei 4700 – 6500 U/min

max. Drehmoment 230 Nm bei 1500 – 4000 U/min

Elektromotor:

Leistung 130 kW/177 PS

Max. Drehmoment 247 Nm

Hybridantrieb:

Systemleistung 240 kW/326 PS

Systemdrehmoment 477 Nm

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Batterie Lithium-Ionen, 14,2 kWh netto

Laden AC einphasig bis 7,4 kW

Höchstgeschwindigkeit 205 km/h, elektrisch 140 km/h

Beschleunigung 0 auf 100 km/h 5,6 sec

Normverbrauch WLTP 1,0 – 0,7 l S/100 km zzgl. 16,9 – 14,7 kWh/100 km

Testverbrauch 4,2 l S/100 km zzgl. Strom 11,2 kWh/100 km

CO2-Emission 23 – 16 g/km

Schadstoffnorm Euro 6d

Länge 4,50 m

Breite 1,85 m ohne, 2,10 m mit Außenspiegeln

Höhe 1,64 m

Sitzplätze 5

Gepäckraum 490 bis 1495 l

Kraftstoff-Tank 47 l

Leergewicht 1935 kg

zulässiges Gesamtgewicht 2435 kg

Zuladung 575 kg

Anhängelast 1800 kg (gebremst), 750 kg (ungebremst)

Versicherungs-Typklassen 19 (KH), 23 (TK), 26 (VK)

Preis ab 49.950 Euro

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