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Audi-Prozess: „Recht ist keine Ware“

Dieselskandal bei Audi

Audi-Prozess: „Recht ist keine Ware“

audi-prozess: „recht ist keine ware“

Ex-Audi-Chef Rupert Stadler bespricht sich mit seiner Anwältin Ulrike Thole-Groll.

Im Münchner Audi-Prozess halten die Verteidigungen ihre Plädoyers – scharfe Kritik inklusive.

Bemerkenswertes war von den Plädoyers der drei Verteidigerteams nicht mehr zu erwarten. Die drei Angeklagten des Münchner Audi-Prozesses im VW-Abgasskandal haben gestanden – wenn auch mit dem ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler und dem früheren Chef der Audi-Motorenentwicklung Wolfgang Hatz erst auf der Zielgeraden. Der mitangeklagte Ingenieur Giovanni P. war von Anfang an geständig. Die Bewährungsstrafen für Stadler und P. stehen fest, weil es dazu Absprachen zwischen Gericht, Angeklagten und Staatsanwaltschaft gibt. Hatz kann ebenfalls mit einem derart milden Strafrahmen rechnen. Dann aber brachten die Plädoyers doch einigen Zündstoff, genauer gesagt die der Verteidiger von Ingenieur P.

Das sind die erfahrenen Strafverteidiger Walter Lechner und Klaus Schroth. Fast drei Stunden lang übten sie in der Einordnung der eingestandenen Schuld ihres Mandanten massive Kritik an deutschen Staatsanwälten und US-Justiz sowie an Volkswagen und Audi. „VW und Audi haben die Staatsanwälte regelrecht in die Irre geführt“, erklärte Lechner. Instrument dafür sei die US-Anwaltskanzlei Jones Day gewesen, die konzerninterne Ermittlungen im Diesel-Abgasskandal geführt und dabei sowohl mit der deutschen als auch der US-Justiz kooperiert hatte, das aber auf verfälschende und manipulierende Weise.

Ziel sei es dabei gewesen, VW- und Audi-Führungskräfte aus der Schusslinie zu nehmen und die Schuld auf einzelne Entwickler abzuwälzen. Auch Stadler hatte in den sechs Jahre währenden Ermittlungen bis vor wenigen Wochen stets behauptet, nichts von illegalen Abgasmanipulationen gewusst zu haben und von Motorenentwicklern hinters Licht geführt worden zu sein. Auch Hatz wollte lange von nichts gewusst haben.

Ende April gestand dann erst Hatz das Gegenteil und auch, die Betrugssoftware „veranlasst“ zu haben. Mitte Mai folgte Stadler mit dem Eingeständnis per Unterlassung betrogen zu haben indem er weiter manipulierte Dieselautos verkaufen ließ. „Wir nennen es ein sogenanntes Geständnis“, sagte Lechner zu Stadlers Ausführungen. Für Prozessbeobachter waren sie nicht auf Anhieb als Geständnis erkennbar, so viele Einschränkungen und Relativierungen waren darin enthalten. Zudem kam es erst nachdem Richter Stefan Weickert erklärt hatte, dass Hatz und Stadler ohne Geständnis mit Haft ohne Bewährung zu rechnen hätten. Stadlers Geständnis sei eher von Selbstmitleid als von Reue und Einsicht getragen, kritisierten die Anwälte von P. Es werfe ein Licht auf die Praktiken von Spitzenmanagern.

„Recht ist keine Ware, es gehört nicht auf den Marktplatz“, betonte Lechner. Bei seinem früh geständigen Mandanten habe eines solchen Geschäfts nicht bedurft. Auch mit der US-Justiz gingen er und Schroth ins Gericht. Die US-Justiz habe sich ebenfalls von Jones Day beeinflussen lassen und mit VW einen milliardenschweren Vergleich ausgehandelt, wobei aus der letztgültigen Version des kriminellen Sachverhalts alle Verweise auf VW-Vorstände im Gegenzug getilgt worden seien. Damit habe der Konzern das gewünschte Untersuchungsergebnis erhalten.

„Mit Milliardenbeträgen sind Führungskräfte freigekauft worden und untere Chargen hat man hängen lassen“, assistierte Schroth mit Blick auf seinen Mandanten. Dennoch sei es der US-Justiz und nicht der deutschen oder dem Kraftfahrtbundesamt zu verdanken, dass der Abgasbetrug aufgedeckt wurde. „Die deutsche Autoindustrie blieb lange unangetastet“, sagte Schroth auch mit Blick auf die hiesige Politik. „Vorhang zu und viele Fragen offen“, meinte Lechner in Anspielung auf ein Zitat von Bert Brecht zum sich abzeichnenden Ende des Mammutprozesses.

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