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Warum Toyota und Hyundai trotzdem auf Wasserstoff-Autos setzen

Für Pkw mit Brennstoffzelle finden sich hierzulande kaum Käufer. Anders als deutsche Hersteller hält die Konkurrenz aus Asien dennoch an ihren Serienmodellen fest – und hat große Pläne mit der Technologie.

warum toyota und hyundai trotzdem auf wasserstoff-autos setzen

Das Wasserstofffahrzeug Toyota Mirai kostet 66.000 Euro pa/dpa/dpa-ZB/Sebastian Kahnert

Bei Elektroautos hat der Wirtschaftsminister von Bayern, Hubert Aiwanger, klare Vorlieben. Statt aus einer großen Batterie zieht der Freie-Wähler-Politiker die Energie zum Fahren lieber aus einem Wasserstofftank, dessen Inhalt per Brennstoffzelle in Strom umgewandelt wird.

Um es weniger technisch auszudrücken: Aiwanger nutzt seit vergangener Woche einen BMW iX5 Hydrogen – ein Elektroauto mit Brennstoffzelle. Stolz verbreitete der Minister ein Foto von sich neben dem großen SUV auf Twitter.

Dafür erntete er die übliche Häme, ein paar zustimmende Kommentare und Fragen, etwa nach der Zahl von Wasserstofftankstellen in Bayern. Es sind 14.

Was nicht nur notorische Aiwanger-Kritiker irritierte, war sein Kommentar zum neuen Dienstfahrzeug: „Ich bin überzeugt, dass Wasserstoffautos einen großen Markt finden, wenn sie angeboten werden!“ Das widerspricht der Faktenlage in Deutschland. Denn Autos mit Brennstoffzelle werden hierzulande durchaus angeboten – Toyota und Hyundai heißen die Hersteller, Mirai und Nexo die Modelle. Nur gekauft werden sie, entgegen Aiwangers Prognose, nicht.

Die Statistik des Kraftfahrt-Bundesamts weist von Jahresbeginn bis Ende Mai insgesamt nur 168 Neuzulassungen von Brennstoffzellen-Pkw aus. Elektroautos mit Batterie wurden im gleichen Zeitraum 184.000-mal neu zugelassen.

Die Gründe für die Zurückhaltung der Kunden liegen auf der Hand: Es gibt bundesweit nur 91 Tankstellen für Wasserstoff. Pro Kilogramm kostet das Gas dort 13,85 Euro, man kommt damit etwa 100 Kilometer weit. Und die Wagen von Toyota und Hyundai sind mit 66.000 Euro beziehungsweise 77.000 Euro Verkaufspreis nicht gerade günstig.

Die Möglichkeit, so schnell zu tanken wie bisher mit Benzin oder Diesel, gleicht die Nachteile in den Augen der Kunden offenbar nicht aus. Zumindest für den Moment ist das Wettrennen zwischen Wasserstoff und Batterie als Energiespeicher klar entschieden – zugunsten der Batterie.

Entschieden fiel auch der Abschied der deutschen Autohersteller von der Technologie aus. Der Volkswagen-Konzern baut in Europa, China und Nordamerika gewaltige eigene Batteriezellfabriken. Mercedes-Benz stellte die Entwicklung nach einer Kleinserie von Brennstoffzellen-SUVs ein und gab die Technologie an das abgespaltene Schwester-Unternehmen Daimler Truck. Dort soll sie in schweren Langstrecken-Lkw zum Einsatz kommen. Opel als Teil des Stellantis-Konzerns bietet immerhin Kleintransporter mit Brennstoffzelle an, in kleiner Serie.

Bleibt BMW als einziger Verfechter des Wasserstoff-Pkw. Dort sieht man die aktuelle Kleinserie als Weg, um Technologiewissen im Unternehmen zu halten. Man könne jederzeit in die Serienfertigung solcher Fahrzeuge einsteigen, heißt es bei BMW. Für die kommenden Jahre gilt das aber als unwahrscheinlich. Es ist eher eine Option für die 2030er-Jahre. Die aktuellen Autos gibt es nicht zu kaufen, sie werden an Leute wie Aiwanger verliehen und zu Testzwecken vom Unternehmen selbst genutzt.

Auch die Mittel, die BMW in das Projekt investiert, sind überschaubar. Die einzelnen Brennstoffzellen bezieht der Hersteller von Toyota, bis auf dieses Bauteil, den Gastank und die kleinere Batterie, die so ein Auto trotzdem braucht, ist der Wagen baugleich mit dem Batterie-Modell iX5.

Bleiben Toyota und Hyundai als Verfechter der Brennstoffzellen-Technologie. Beide Konzerne haben sich inzwischen klar für eine Elektro-Strategie entschieden, mit Schwerpunkt Batterieautos. Doch Wasserstoff soll in ihrer Produktpalette weiterhin eine Rolle spielen.

„In Korea und Japan gibt es die Grundsatzdebatte um Wasserstoff in der Mobilität nicht“, sagt der deutsche Ingenieur Ronald Grasman, der bei Hyundai in Seoul das Brennstoffzellengeschäft verantwortet. „Es gibt in Korea einen gesellschaftlichen Konsens, dass künftig das Energiesystem auf Wasserstoff basieren wird, weil Korea abhängig ist von Energieimporten aus dem Ausland.“

Obwohl der Wirkungsgrad des Wasserstoff-Systems deutlich geringer ist als beim Batterie-Auto, gebe es Anwendungsfälle, bei denen die Brennstoffzelle sinnvoller sei. „Nicht nur bei den Nutzfahrzeugen, sondern auch bei Pkw“, sagt Grasman. Die großen Unternehmen Koreas bauten gemeinsam ein Wasserstoffenergie-System auf, das auch die Mobilität betrifft.

Tatsächlich ist Hyundai Weltmarktführer bei Pkw mit Brennstoffzelle. Im vergangenen Jahr verkaufte das Unternehmen nach eigenen Angaben global 11.179 Nexo. Das entspricht einem Marktanteil von mehr als 50 Prozent. Auch im Bereich der Nutzfahrzeuge sieht sich der Konzern als Pionier. In Korea seien bereits 300 Brennstoffzellen-Busse von Hyundai unterwegs, sagt Grasmans für Nutzfahrzeuge verantwortlicher Kollege Mark Freymüller.

Außerdem gibt es ein Lkw-Projekt mit Spediteuren in der Schweiz. „Dort haben wir gerade die Marke von sieben Millionen Kilometern in Kundenhand geknackt“, sagt Freymüller. Die gestiegenen Energiepreise hätten das Projekt etwas gebremst, gibt er zu. Trotzdem seien die Kunden mit den aktuell 47 Fahrzeugen zufrieden.

In Deutschland sollen ab Ende September weitere 42 Fahrzeuge unterwegs sein, außerdem will Hyundai das Projekt auf weitere europäische Länder ausweiten. Der Vorteil der Schweiz: Die Lkw können dort grünen Wasserstoff einsetzen, der mit Strom aus Wasserkraft gewonnen wird. Diese Möglichkeit gibt es in Deutschland nicht. Wird der Wasserstoff aus der Umwandlung von Erdgas gewonnen, statt mit Ökostrom, dann ist das Gesamtsystem nicht mehr klimaneutral.

Dennoch: Die Verbreitung der Wasserstoff-Technologie im Lkw-Markt werde auch dem Pkw auf die Sprünge helfen, erwartet Freymüller. „Beim Wasserstoffauto haben wir ein Henne-Ei-Problem: Muss erst die Infrastruktur da sei oder erst die Fahrzeugtechnik?“, sagt er. Bei Nutzfahrzeugen sei dieses Dilemma leichter zu durchbrechen, weil sie einen 50-fach höheren Wasserstoffbedarf als ein Pkw haben. „Da lohnt es sich eher, ein Tankstellennetzwerk aufzubauen.“

Festhalten will Hyundai an der Brennstoffzelle auf jeden Fall. Seit 1998 entwickle man die Technologie, sagen die beiden Manager. Der Konzern hat die Technologie für die gesamte Wertschöpfungskette in der Hand, also auch für die Erzeugung. Vision und Strategie für das Wasserstoffgeschäft werden die Top-Manager des Unternehmens als Nächstes in den USA präsentieren – auf der Technologiemesse CES in Las Vegas Anfang 2024.

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