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Joe Biden will chinesische Software aus amerikanischen Autos verbannen

joe biden will chinesische software aus amerikanischen autos verbannen

Der amerikanische Präsident Joe Biden fährt die harte Linie weiter, auf die seine Regierung gegenüber China eingeschwenkt ist. Abaca / Imago

Die Regierung Biden will Autos, die mit Digitaltechnik aus China und Russland ausgerüstet sind, von Amerikas Strassen fernhalten. Sie sieht, wie sie am Montagmorgen mitteilte, in der Software ein mögliches Einfallstor für chinesische Angreifer und eine Bedrohung für die nationale Sicherheit. Die neue Regel würde schrittweise von 2027 bis 2030 eingeführt, hat also keine unmittelbaren Konsequenzen. Langfristig kann das Importverbot aber die technologische Zweiteilung der Welt in eine westliche und eine von China dominierte Sphäre vorantreiben.

Der Konflikt mit China wird ausgeweitet

Es geht zum einen um Technologie, die das Fahrzeug mit der Aussenwelt kommunizieren lässt, etwa via Bluetooth, Mobilfunk oder Satellit. Auch chinesische Hardware, die in solchen Kommunikationssystemen zum Einsatz kommt, ist vom Verbot betroffen; beispielsweise Sensoren. Zum anderen dürfen keine Systeme, die autonomes Fahren ermöglichen, mehr in die USA importiert oder dort verkauft werden.

Software gilt gemäss dem Communiqué der Biden-Regierung als chinesisch oder russisch, wenn sie «entworfen, entwickelt, hergestellt oder bereitgestellt wurde von Unternehmen mit einer ausreichenden Verbindung zur Volksrepublik China oder zu Russland».

Die USA legen somit in ihrem Abwehrkampf gegen chinesische Technologie nach. Mit ähnlichen Argumenten verbannten sie bereits Equipment des Telekomausrüsters Huawei sowie chinesische Software für Hafenkräne von amerikanischem Boden. Jake Sullivan, der Berater der USA für nationale Sicherheit, verwies gegenüber Medienvertretern auf bestehende Sorgen, dass China gezielt schadhafte Codes in kritische amerikanische Infrastruktur einschleusen wolle, die sich bei einer Krise aktivieren liessen. Dazu könnten etwa Pumpstationen oder Umspannwerke gehören.

Es handelt sich beim Importverbot erst um einen Vorschlag, der aber nicht ganz überraschend kommt. Joe Biden hat bereits im Februar eine Untersuchung in Auftrag gegeben, um die Gefahr abzuschätzen, die von Technologie ausgeht, die in chinesischen Autos verbaut ist.

Biden will den Importstopp noch vor Ende seiner Amtszeit im Januar 2025 einführen. Seine Regierung wird nun 30 Tage lang Rückmeldungen von Betroffenen entgegennehmen, und das Handelsdepartement wird die finale Regelung ausarbeiten. Details könnten daher noch verändert werden.

Vereint gegen China

Es ist aber fraglich, ob dem Vorstoss namhafte Gegenwehr erwachsen wird. Das Misstrauen gegenüber China und der Wunsch, sich sicherheits- und handelspolitisch vom Reich der Mitte abzunabeln, sind sowohl bei Republikanern wie bei Demokraten verbreitet. Sowohl Donald Trump als auch Kamala Harris dürften die Einschränkungen gegen chinesische Auto-Software fortführen – und sie womöglich noch auf andere Bereiche ausdehnen, so sind auch Sicherheitsexperten überzeugt.

Die USA und China befinden sich seit bald einem Jahrzehnt in einem vertrackten Handelsstreit, der immer weitere Bereiche umfasst. Die Amerikaner zeigen sich enttäuscht über fehlende politische und wirtschaftliche Reformen in China. Sie sind zunehmend überzeugt, dass die frühere Strategie, das Land einzubinden in die regelbasierte westlich geprägte Weltwirtschaftsordnung, gescheitert ist.

Die amerikanische Handelsministerin, Gina Raimondo, begründete den jetzigen Schritt am Montag jedoch vornehmlich mit Sicherheitsüberlegungen. Der chinesische Staat soll weder die Fahrten von amerikanischen Bürgern verfolgen noch kritische Infrastruktur via Auto-Software angreifen können. Es scheint der Biden-Regierung mehr um eine vorsorgliche Regulierung zu gehen. Es ist nichts bekannt von einem konkreten Versuch, über Schadsoftware, die via Autos eingeschleust wurde, wichtige Infrastruktur in den USA lahmzulegen.

Ähnlich grundsätzlich argumentieren die USA auch beim Tiktok-Verbot, das in wenigen Monaten in Kraft tritt, falls die chinesische Muttergesellschaft die US-Version des sozialen Netzwerks nicht noch verkauft. Würde man Handelsüberlegungen zu sehr in den Fokus rücken, könnte dies eine neue Flanke für Klagen öffnen.

Kaum chinesische Autos auf US-Strassen

Wie gross die direkten Auswirkungen auf den internationalen Fahrzeughandel sein werden, ist noch ungewiss. Keinen besonderen Effekt dürfte die Regel auf direkte Autoimporte von chinesischen Herstellern haben; schlicht weil es kaum welche gibt. Zum heutigen Zeitpunkt verkehren nur sehr wenige chinesische Autos auf amerikanischen Strassen.

Es dürften auch nicht viel mehr werden, da die Biden-Administration schon im Mai enorm hohe Zölle von 100 Prozent auf Elektroautos aus China angekündigt hat.

Jener Schritt wurde handelspolitisch begründet: Biden wollte damit ausdrücklich Jobs in den USA schützen. China habe dank Subventionen für Elektroautos eine enorme Überkapazität aufgebaut und nutze die verbilligten Fahrzeuge dazu, ausländische Konkurrenz zu bedrängen; in China selbst, aber auch in anderen Märkten. Die USA würden nicht zulassen, dass dies bei ihnen passiere. Die Regierung der Demokraten hat überdies enorme Subventionen an Unternehmen verteilt, die in den USA Elektroautos bauen oder nachhaltig produzierten Strom erzeugen wollen.

Auch Drittländer betroffen

Allerdings stellen auch zahlreiche westliche und japanische Autobauer Fahrzeuge in China her. Oder sie beziehen Komponenten aus dem Land, für welche das Verbot des Imports in die USA auch gelten würde. Juristen werden sich nun über den genauen Wortlaut beugen und die Unternehmen werden ihre gesamte Wertschöpfungskette unter die Lupe nehmen müssen: Gilt jeder noch so kleine Sensor aus China als Sicherheitsrisiko? Wie muss man sicherstellen, dass auch der Zulieferer des Zulieferers keine chinesische Software verwendet hat?

Besonders knifflig ist die Situation in Mexiko. Das Land verfügt über eine grosse und schnell wachsende Autoindustrie, die dank einem umfassenden Freihandelsabkommen eng mit jener in den USA verknüpft ist.

Gleichzeitig ist Mexiko einer der wichtigsten Exportmärkte für chinesische Autohersteller wie BYD. Der chinesische Branchenprimus bekundet schon seit längerem Interesse daran, in Mexiko eine grosse Fabrik für Elektroautos zu eröffnen – um den Binnenmarkt zu versorgen, aber auch für Exporte. Die USA argwöhnen bereits, China könnte Mexiko als Einfallstor nutzen, um Elektroautos an den hohen Zöllen vorbei nach Amerika zu schleusen.

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