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Erster Test Porsche 911 GTS T-Hybrid (2025): Das hätten wir nicht gedacht

Der neue Porsche 911 GTS T-Hybrid auf einen Blick*

  • Neuentwickelter 3,6-Liter-Boxer mit E-Turbo
  • 541 PS und 610 Nm Drehmoment
  • 0-100 km/h in 3,0 s, Vmax 312 km/h
  • Leergewicht nach DIN 1.645 kg
  • Erstmals volldigitales Cockpit
  • Grundpreis ab 170.600 Euro

*(Porsche 911 GTS Modellprogramm, Kraftstoffverbrauch kombiniert (WLTP): 11,5-10,5 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 251-239 g/km; CO2-Klasse: G)²

erster test porsche 911 gts t-hybrid (2025): das hätten wir nicht gedacht

Die perfekte Illusion

Porsche verfolgt eine ambitionierte Elektrifizierungsstrategie, die durchaus hinterfragt werden darf. Ob Fahrzeuge wie der Macan Electric oder ein batteriebetriebener 718 auf Dauer wirklich helfen werden, den SUV- und Sportwagenbauer finanziell mitzutragen, wird sich erst noch zeigen. Bei ihrer Ikone, dem Porsche 911, wagen die Stuttgarter hingegen keine Experimente. Elektrifizierung ja, aber bitte so, dass es am besten keiner der eisernen Elfer-Fans merkt. Der T-Hybrid soll also nichts geringeres sein als eine perfekte Illusion. Und was sollen wir groß um den heißen Brei herumschreiben – sie ist durch und durch gelungen.

Würden wir hier auf dem Circuito Ascari eine Sportwagen-Blindverkostung durchführen, den hybridisierten Antriebsstrang inklusive des neuentwickelten 3,6-Liter-Sechszylinder-Boxer-E-Turbo würde man zunächst kaum herausschmecken. Was wir hingegen sofort merken: Der neue Porsche 911 GTS hat unerhört viel Druck! Während sich die 541 PS und 610 Nm Drehmoment im Normalfall uneingeschränkt alltagstauglich geben, eskaliert der T-Hybrid im Sport Plus Modus vollends. In glaubhaften drei Sekunden geht es per Launch Control auf Tempo 100, die Höchstgeschwindigkeit wird erst bei 312 km/h erreicht. So schnell sind wir unter der Sonne Andalusiens nicht unterwegs gewesen. Aber es braucht keine große Fantasie, um die Fahrleistungen aus den engen Schikanen heraus, auf die Beschleunigungsstreifen der heimischen Autobahnen zu übertragen.

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Im Verborgenen arbeitet ein wahres Technikfeuerwerk

Anders als etwa Mercedes-AMG bei seinen stärksten GT- und SL-Modellen, hat Porsche darauf verzichtet, aus dem 911 zum Halbzeit-Facelift (992.2) einen Plug-in Hybrid (PHEV) zu machen. Anstelle eines großen und gleichzeitig schweren Stromspeichers nutzt der T-Hybrid eine leichtbauende, lediglich 1,9 kWh (brutto) fassende Hochvoltbatterie im Fahrzeugbug. Sie ist dort eingebaut wo bisher die Starterbatterie zu finden war – diese wiederum wandert als neue Flachbaukomponente unter die Hutablage.

Der zusätzliche Bauraum im Heck entstand derweil durch den von Grund auf neuentwickelte 3,6-Liter-Sechszylinder-Boxer, der in der Höhe 110 Millimeter einspart. Riemengetriebene Nebenaggregate finden sich am Motor ebenso wenig wie ein zweiter Turbolader. Für die Zwangsbeatmung sorgt unterdessen ein ebenfalls neuentwickelter, im Durchfluss deutlich vergrößerter Monoturbo mit einer integrierten E-Maschine. Sie allein kann bis zu 11 kW/15 PS Energie aus dem Abgasstrom erzeugen und hat die zusätzliche Aufgabe unmittelbar Ladedruck aufzubauen. Die dritte E-Komponente ist eine weitere E-Maschine, die im verstärkten Achtgang-Automatikgetriebe untergebracht ist und bis zu 40 kW/54 PS Antriebsleistung beisteuert.

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Eine Kreislaufwirtschaft, wie sie uns gefällt

Dass dieses System auf der einen Seite derart komplex ist und auf der anderen Seite für den Fahrer komplett unmerklich funktioniert, hätten wir nicht gedacht. Es fühlt sich weiterhin so an, als würde man einen regulären Sechszylinder-Turbo fahren. Daneben hat das geschlossene 400-Volt-Vollhybrid-System den Vorteil, dass es, anders als ein PHEV, nicht leergefahren werden kann. Da alle Elektro-Komponenten in einer Art Kreislaufwirtschaft zusammenarbeiten, steht immer ausreichend Energie zur Verfügung, um den Verbrenner zu boosten. Das gilt auch für lange Hochgeschwindigkeitsfahrten.

Nicht unerheblich bei der Elektrifizierung ist das Thema Gewicht. Unterm Strich soll der neue 911 GTS (ausgegangen von der Heckantriebsvariante) mit 1.645 Kilogramm lediglich 50 Kilo mehr wiegen als vor dem Facelift. Das klingt vertretbar und lässt sich durch den Einbau der ein oder anderen optionalen Leichtbaukomponente sicherlich weiter drücken. Ganz ohne Tricks geht es aber auch bei Porsche nicht. So wurde das Leergewicht des GTS unter anderem durch den Verzicht auf die hintere Sitzanlage gesenkt. Die Rücksitze können aber weiterhin ohne Aufpreis dazu bestellt werden.

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Der 911 GTS T-Hybrid 2WD ist der Sweet Spot des Sweet Spots

Während wir auf spanischen Landstraßen die Targa- und Cabriolet-Varianten des GTS antesten durften, ging es auf der Rundstrecke um die heck- und allradgetriebenen Coupé-Derivate. Gilt der GTS gemeinhin als Sweetspot im Elfer-Programm, ist es der Hecktriebler, der dem Ganzen noch die Krone aufsetzt. So ist besonders die 2WD-Variante erneut eine präzise Fahrmaschine reinsten Wassers geworden. Der Punch des 3,6-Liter-Sechszylinder-E-Turbo ist das eine. Die famose Querdynamik das andere. Wie leichtfüßig und zentimetergenau sich der GTS in Kurven setzen lässt, ist eine Schau. Die serienmäßige Hinterachslenkung trägt ihren Teil zum Handling bei, die Hauptarbeit erledigt jedoch das nunmehr an das 400-Volt-System angeschlossene Adaptivfahrwerk mit aktivem Wankausgleich.

Derweil lassen die Fahrstabilitätsprogramme dem Fahrer bereits im Sport Plus Modus viele Freiheiten – bis hin zum leichten Drift. Doch auch mit deaktivierten Sicherheitssystemen wird der 911 GTS T-Hybrid nicht automatisch zum unkontrollierbaren Biest, verlangt aber spürbar mehr Fingerspitzengefühl. Während jetzt viel über die Fahrdynamik geschrieben wurde, sparen wir uns große Worte zur optischen Neugestaltung. Die Frontpartie des GTS muss man sicherlich auf sich wirken lassen, doch erfüllt sie in ihrer Ausführung vor allem praktische Zwecke. Praktisch ist gleichermaßen das neue Digitalcockpit. Wir zumindest weinen dem analogen Drehzahlmesser keine Träne nach – denn endlich sind alle Anzeigen hinter dem Volant leicht ablesbar. Das Infotainment-System beinhaltet jetzt sicherlich auch noch ein paar Features mehr; es war aber primär die neue Performance-Anzeige des T-Hybrid, auf die wir geachtet haben.

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Erstes Fazit

Nach den ersten Testrunden mit den neuen 911 (992.2) GTS-Modellen können wir alle beruhigen, die im T-Hybrid (erneut) den Niedergang der schwäbischen Sportwagenbaukunst befürchtet haben. Optisch mögen die neuen GTS-Derivate eigenwillig daherkommen, technisch und fahrdynamisch haben sie uns allerdings gepackt. Wir gehen sogar so weit und bezeichnen das heckgetriebene 911 GTS Coupé nicht nur als Sweet Spot in der Elfer-Baureihe, sondern als wahres Schnäppchen. 170.600 Euro sind natürlich kein Pappenstiel, gemessen an den unerhörten Fahrleistungen aber deutlich preiswerter als die zuletzt aufgerufenen 214.242 Euro für das alternativlos allradgetriebene Turbo Coupé. (Bilder: Hersteller)

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Geschrieben von: Thomas Vogelhuber

Thomas ist seit März 2019 leitender Redakteur des AutoScout24 Magazins. Als Petrolhead und faszinierter Youngtimer-Liebhaber ist er vorzugsweise auf alpinen Routen unterwegs, lässt aber mittlerweile auch die Ladekarte der Redaktion mächtig glühen.

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