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Elektrotaxi Kia EV9: Raumkreuzer mit Van-Qualitäten

Bei stürmischem Wetter waren wir in Kias neuem Flaggschiff in Südfrankreich auf Test-Tour. Das E-SUV setzt beim Raumgefühl, der Konnektivität und der E-Performance in der Klasse Maßstäbe.

elektrotaxi kia ev9: raumkreuzer mit van-qualitäten

(erschienen bei VISION mobility von Thomas Kanzler)

Das markante Design polarisiert, das mächtige E-SUV dürfte vor allem Fans von kantigen Off-Roadern wie Land Rover Defender und Mercedes G-Klasse gefallen. Mit fünf Metern (exakt: 5,015 m) Länge und knapp zwei Metern Breite (1,980 m) und einer Höhe von 1,780 Metern stößt das „Raumschiff“ der Koreaner für Kia in neue Dimensionen vor. Allerdings auch beim Preis: ab 72.490 Euro ist das SUV gelistet, der gefahrene Kia EV9 GT-Line Launch Edition AWD startet bei 83.190 Euro.

Kias neues SUV basiert auf der Electric Global Modular Platform (e-GMP), jene Plattform, die unter anderem den EV6 elektrifiziert. Das heißt, moderne 800 Volt Technologie, Vehicle to Load (V2L) und modulare Antriebstechnik (Hinterradantrieb oder Allrad) sind mit an Bord. Die skalierbare Plattform ermöglicht den riesigen Radstand von 3,100 Metern des EV9 und im Innenraum äußerst großzügige Platzverhältnisse. So wird der EV9 eine „Off-Road-ige“ Alternative zu ID.Buzz und Co.

Unendliche Weiten im Innenraum

Minimalistisch gestaltet präsentiert sich das Interieur. Das übersichtliche Cockpit dominiert ein großem Panorama-Bildschirm, der aus zwei 12,3 Zoll-Bildschirmen und einem 5-Zoll Display für die Klimatisierung besteht. Dankenswerterweise hat Kia auch im EV9 nicht alle Funktionen ausschließlich in Touch-Menüs versteckt. Neben einigen physischen Tasten erscheinen beim Start des Fahrzeugs zusätzlich versteckte Tasten, die auf der Mittelkonsole aufleuchten.

Kias E-SUV lässt sich mit verschiedenen Sitzkonfigurationen bestellen. Standardmäßig ist der EV9 ein Sieben-Sitzer mit Rückbank in der zweiten Sitzreihe. Der Raumkreuzer kann aber auch als Sechs-Sitzer geordert werden. Die zwei Einzelsitze in Reihe zwei können alternativ als Relax-Sitze mit Liegefunktion oder als Gestühl mit innovativer Drehfunktion konfiguriert werden. So kann man beispielsweise die Sitze im Fond 90 Grad zur Tür drehen, um das Ein- und Aussteigen zu erleichtern – oder sogar um 180 Grad drehen. Dabei ist die erste und die zweite Sitzreihe stets heiz- und kühlbar und eine Dreizonen-Klimaautomatik sorgt fürs Wohlfühl-Ambiente.

Mit voller Bestuhlung bleibt ein Kofferraumvolumen von 333 Litern, klappt man die dritte Sitzreihe in den Fahrzeugboden – selbstverständlich elektrisch – bietet der EV9 807 Liter. Wer auch die zweite Sitzreihe wegklappt, hat einen riesigen Stauraum von 2318 Litern zur Verfügung.

Nachhaltige Materialien, digitale Spiegel

Statt tierischen Leder kommen Werkstoffe aus Recycling-Materialien zum Einsatz. Bio-Kunststoffe auf Maisbasis und Bio-Lacke aus Rapsöl verdeutlichen die Bemühung der Koreaner, den ökologischen Fußabdruck des EV9 möglichst gering zu halten. Von einem besonders nachhaltigen Fahrzeug zu sprechen, wie es Kia bei der Präsentation tat, schien uns aufgrund der schieren Größe des Fahrzeugs etwas zu gewagt.

Der etwas gewöhnungsbedürftige digitale Innenspiegel zeigt den rückwertigen Verkehr auch wenn das SUV bis zum Dach beladen sein sollte. Statt gewöhnlicher Außenspiegel lassen sich auch digitale bestellen. Die Bildschirme sind jeweils in den Armlehnen der Fronttüren verbaut.

Gleiten und Genießen

Unser Metallic-blauer Bolide ist mit dem Allradantrieb ausgestattet. Schnell fällt auf, dass sich das 2.664 Tonnen schwere SUV überraschend agil fährt. Die an Vorder- und Hinterachse platzierten Synchronmotoren liefern zusammen 385 PS (283 kW) und ein Drehmoment von 700 Nm, genug, um in 5,3 Sekunden auf Tempo 100 zu beschleunigen.

Der luxuriöse Koreaner lädt aber eher zum bequemen Gleiten denn zum Rasen ein. Das Fahrwerk bügelt Unebenheiten in der Straße sehr kommod weg, die hervorragenden Sitze und die außergewöhnlich gute Geräuschdämmung machen den Kia zum Langsteckengleiter. Die Lenkung ist angenehm direkt, erst in engen Kurven – oder bei Gegenverkehr auf manch enger Straße wird einem wieder die Größe und das Gewicht des mächtigen EV9 bewusster. Die Rekuperationsstufen lassen sich mit den Lenkradpaddels schnell auswählen.

In dem Allrad-EV9 fühlt man sich stets mehr als ausreichend motorisiert, Überholvorgänge sind flott erledigt und falls es mal eiliger sein sollte, kann man das E-SUV mit bis zu 200 km/h laufen lassen. Trotz dynamischer Attitüden ist der EV9 merklich mehr alltagstauglicher Gleiter als die auf Sportlichkeit getrimmte Konkurrenz wie Audi Q8 e-tron oder BMW iX.

Schnell geladen

Mit einer Reichweite von 497 Kilometern (WLTP) für den Allradler (541 km für den Hecktriebler) sind Langstrecken kein Problem – zumal der blaue Riese mit 800 Volt-Technik den 99,8 kWh-Akku am Schnelllader von zehn auf 80 Prozent in 24 Minuten beziehungsweise innerhalb von 15 Minuten bis zu 249 km Reichweite nachladen kann. Die maximale Ladeleistung des EV9 liegt bei 210 kW.

Zukunftssicher ist der Kia auch bereit zum bidirektionalen Laden. Der EV9 kann nicht nur Geräte mit Strom versorgen (Vehivle 2 Load – V2L), sondern auch als fahrende Powerbank Strom ans eigene Haus oder sogar ans öffentliche Netz (Vehicle 2 Grid – V2G) abgeben. Letzteres ist in Deutschland nur theoretisch, sind doch die gesetzlichen Regelungen hierzulande noch nicht so weit.

Die Basisversion mit Heckantrieb und 204 PS (150 kW), kostet 72.490 Euro. Die die besser ausgestatte GT-Line mit einer üppigen Anhängelast von 2.500 Kilogramm (Hecktriebler nur 900 kg) und 385 PS (283 kW) verlangt Kia 83.190 Euro – die herstellertypische siebenjährige Garantie inklusive.

Bei Kia bekommt man viel Auto für viel Geld. Das Interieur hält nicht ganz mit dem Premium-Anspruch von BMW iX und Mercedes EQS SUV mit. Technisch ist der Kia mit 800-Volt Technik, entsprechender Ladeleistung und V2G-Technologie das Maß der Dinge. Als vollelektrischer Siebensitzer – oder Sechssitzer mit Chauffeur-Qualitäten und Platzverhältnissen wie in einem Van – hat der EV9 kaum echte Rivalen auf dem Markt.

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