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E-Auto als Geldautomat? Schon ab 2025 könnte es klappen

e-auto als geldautomat? schon ab 2025 könnte es klappen

Bidirektionales Laden ist technisch längst möglich – gerade Vehicle-to-Grid-Anwendungen stehen aber noch vor regulatorischen Hürden.

Elektroautos sind ein wichtiger Eckpfeiler der Energiewende: Sie können Strom in ihren Akkus zwischenspeichern, wenn es Überproduktionen bei den Erneuerbaren Energien gibt und diesen dann später wieder ins Stromnetz speisen, um Schwankungen auszugleichen. Vehicle-to-Grid nennt sich dieses Verfahren. E-Autobesitzer können damit wiederum Geld verdienen: Dynamische Stromtarife richten den Strompreis am aktuellen Börsenstrompreis aus. Bei Überproduktion sind die Preise an der Strombörse niedrig und E-Autobesitzer können günstig laden. Im Bedarfsfall steigen die Strompreise wieder an und die Energie aus dem E-Auto-Akku kann zu einem höheren Preis ins Netz eingespeist werden.

Die Rolle, die Elektroautos hier bei der Spitzenglättung spielen können, ist nicht zu unterschätzen: Anfang 2024 waren in Deutschland bereits 100 Gigawattstunden Batteriekapazität in Elektroautos und Plug-in-Hybriden verbaut, meldet das Branchenportal PV Magazine. Zum Vergleich: Alle Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland erreichen zusammen nur rund 40 Gigawattstunden Speicherkapazität.

Die steuerliche Behandlung von V2G-Anwendungen ist kompliziert

Vehicle-to-Grid-Lösungen sind technisch vergleichsweise einfach umzusetzen: Immer mehr E-Fahrzeuge können ab Werk bidirektional laden – und auch Elektrofahrzeuge ohne bidirektionale Ladefähigkeiten können mit entsprechenden Ladegeräten nachgerüstet werden. Darüber hinaus sind lediglich spezielle Wallboxen beziehungsweise Stromzähler (Smart Meter) erforderlich, die den Stromfluss in beide Richtungen ermöglichen und aufzeichnen können. Feldversuche haben in der Vergangenheit schon mehrmals gezeigt, dass das Konzept auch heute umsetzbar ist.

Schwieriger gestalten sich hingegen die regulatorischen Rahmenbedingungen. Hier gibt es zwei wichtige Hindernisse, die der breiten Umsetzung der Technologie aktuell noch im Wege stehen. Erstens: Würde man das eigene E-Auto auch als Batteriespeicher nutzen, der ins Netz einspeist, würde das bedeuten, dass der Stromer jedes Mal beim Anstecken an die Ladestation im Marktstammdatenregister angemeldet und beim Abstecken wieder abgemeldet werden müsste.

Zweitens: Anders als bei der Eigenverbrauchsoptimierung mit dynamischen Stromtarifen ist es nicht wirtschaftlich, Strom wieder ins Netz einzuspeisen: Lädt man den E-Auto-Akku mit Netzstrom, bezahlt man dafür auch Netzentgelt, Steuern und Abgaben. Das führt dazu, dass man Strom auch dann, wenn der Strompreis an der Börse bei null oder sogar darunter liegt, nicht kostenlos Strom beziehen kann. Speist man diesen Strom nun wieder ins Netz ein, bekommt man dafür lediglich den Börsenpreis. Wenn der Strom dann anschließend wieder aus dem Netz gezogen und verbraucht wird, bezahlt der Verbraucher erneut Steuern, Abgaben und Netzentgelt darauf.

Veihicle-to-Grid: Gesetzesentwurf der Bundesregierung sieht Vereinfachungen vor

Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, diesen Umstand überarbeiten zu wollen und mehr Flexibilität auf dem Strommarkt zu schaffen. Dafür hat die Regierung bereits einen „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht“ vorgelegt, der zum 1. Januar 2025 in Kraft treten soll. Dort heißt es in bestem Juristendeutsch: „Soweit Stromspeicher nicht als Teile des Versorgungsnetzes gelten und soweit Strom, der in einer Kundenanlage zur Zwischenspeicherung entnommen wird, nach § 3 zu versteuern ist, unterliegt dieser nach Rückumwandlung und Entnahme in dieser Kundenanlage in dem Verhältnis zu der insgesamt im Veranlagungsjahr zur Zwischenspeicherung entnommenen Strommenge nicht erneut der Versteuerung.“

Die Formulierung „Rückumwandlung und Entnahme in dieser Kundenanlage“ deutet allerdings darauf hin, dass es der Bundesregierung in diesem Absatz vor allem um Vehicle-to-Home-Anwendungen (V2H) geht, bei denen der Strom aus der E-Auto-Batterie von Verbrauchern im Haus genutzt wird. Die steuerrechtliche Behandlung von V2G-Strom dürfte deutlich schwieriger zu gestalten sein: Was ist etwa mit Strom, den ein Arbeitnehmer kostenlos am Arbeitsplatz lädt, der jedoch zu Hause wieder ans Netz verkauft wird? Diese und zahlreiche weitere Fälle gilt es in den Gesetzentwürfen einzubeziehen.

Auch der Beirat der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur geht offenbar nicht von einer schnellen, breiten Einführung von V2G-Anwendungen aus, wie die Handlungsempfehlungen des Gremiums zur Einführung des bidirektionalen Ladens zeigen: Ab 2025 rechnet der Beirat demnach mit ersten marktfähigen V2H-Anwendungen, erste V2G-Anwendungen werden etwas später auf dem Markt erwartet. Ab 2028 könne es zu einem Hochlauf von interoperablen und standardisierten Lösungen für V2H und V2G kommen – vorausgesetzt, dass die entsprechenden Standards bis dahin festgelegt sind und die erforderlichen regulatorischen und technischen Weichenstellungen umgesetzt wurden.

Aus technischer Sicht seien Plug & Play-Lösungen das Ziel. Hierfür seien insbesondere Standardisierungen in den Bereichen elektrische Sicherheit, Netzanschluss, digitale Kommunikation sowie Mess- und Steuerungsanwendungen erforderlich. Der Beirat sieht es außerdem als notwendig an, die bestehenden Hindernisse und Benachteiligungen im aktuellen rechtlichen Rahmen für die Stromspeicherung und den zurückgespeisten Strom ganzheitlich zu beseitigen. Dies betrifft die Verpflichtung, Entgelte, Abgaben und Umlagen zu zahlen. Der Beirat empfiehlt hier die Schaffung eines übergreifenden Rechtsrahmens.

Der deutsche Chemiker und Batterieexperte Tom Bötticher erklärt die Chancen und Herausforderungen des bidirektionalen Ladens inklusive der regulatorischen Hindernisse detailliert in einem aktuellen Video auf YouTube.

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