Auto

MB-"Drive Pilot": Hochautomatisiert mit 95 km/h auf der Autobahn

23.09.2024 20:49 Uhr | Lesezeit: 5 min

Die Farbe türkis und Symbole im Fahrerdisplay zeigen an, dass Drive Pilot aktiv ist. Der Fahrer kann sich dann bestimmten Nebentätigkeiten zuwenden. © Foto: Mercedes-Benz

Mercedes-Benz plant, Anfang 2025 in Deutschland die nächste Version von Drive Pilot für hochautomatisiertes Fahren einzuführen (SAE-Level 32). Damit kann man unter bestimmten Bedingungen mit bis zu 95 km/h einem Vorausfahrer auf der Autobahn folgen.

von Walter K. Pfauntsch

Die Neu-Zertifizierung durch das Kraftfahrtbundesamt wird bis Ende 2024 erwartet. Demzufolge rechnet der Stuttgarter Autobauer damit, dass der Verkaufsstart voraussichtlich Anfang 2025 erfolgen könne. Der Preis für die Sonderausstattung bleibt dem Vernehmen nach unverändert (ab 5.950 Euro inkl. MwSt). Kundenfahrzeuge, die bereits mit Drive Pilot ausgestattet sind, können auf Wunsch ohne Kosten aktualisiert werden. Das Update ist je nach Modell drahtlos als Over-the-Air-Maßnahme (OTA) oder im Rahmen eines Werkstattbesuchs möglich. Änderungen von Bauteilen am Fahrzeug seien nicht nötig. Drive Pilot werde somit das “weltweit schnellste Level-3-System in einem Serienfahrzeug” sein.

Erhöhter Mehrwert für Kunden

Das höhere Tempo von Drive Pilot liefert laut Mercedes-Benz einen “deutlich erhöhten Kundennutzen”: Künftig könne Drive Pilot nämlich auch bei normal fließendem Verkehr auf der rechten Autobahnspur unter bestimmten Bedingungen hinter einem vorausfahrenden Fahrzeug eingesetzt werden. Die vorher bereits verfügbare Option, das System bei hohem Verkehrsaufkommen und in Stausituationen auf geeigneten Autobahnabschnitten zu nutzen, bleibe erhalten.

Weiterhin soll gelten, dass während der hochautomatisierten Fahrt die Fahraufgabe an das System übergeben werden kann. Damit kann der Fahrer die “Zeit effizienter nutzen – sei es für ihre Arbeit oder um den Ausblick zu genießen” – oder um im Internet zu surfen oder einen Film via TV-Tuner oder über Streamingdienste wie die neue Ridevu App von Sony Pictures Entertainment anzuschauen. Die Streaming-App ist ab sofort in ausgewählten Märkten für Kundinnen und Kunden bestimmter Mercedes-Benz Modelle verfügbar.

Redundante Systemarchitektur

Mercedes-Benz setzt bei Drive Pilot eine redundante Systemarchitektur ein. Das bedeutet, dass Funktionen wichtiger Systeme wie Lenkung, Bremsen sowie Bordnetz mehrfach vorhanden sind. “Selbst im unwahrscheinlichen Fall einer Störung ist dadurch eine sichere Übergabe an den Menschen gewährleistet”, verspricht der Autobauer. Kamera-, Radar-, Ultraschallsensoren sowie ein LiDAR erfassen die Umgebungsdaten, die im Fahrzeug in Echtzeit berechnet werden.

Dank eines hochpräzisen Positionierungssystems kann ein mit Drive Pilot ausgestatteter Mercedes-Benz seinen exakten Standort bis auf wenige Zentimeter genau ermitteln. Für die Lokalisierung fordert das Fahrzeug die Position aller zur Verfügung stehender Satellitensysteme an. Die eigene Position wird auf Basis der zurückgemeldeten Daten von Drive Pilot im Fahrzeug ermittelt. Eine digitale HD-Karte liefert ein dreidimensionales Straßen- und Umgebungsbild, das kontinuierlich aktualisiert wird. Dieses detailreiche Kartenmaterial ist wichtig für den sicheren Level 3-Betrieb und damit ausschließlich bei Fahrzeugen mit Drive Pilot im Einsatz.

In wenigen Jahren sollen 130 km/h möglich sein

Die Entwicklungsarbeit läuft stetig weiter, um künftig noch höhere Geschwindigkeiten und längere Übernahmezeiten zu ermöglichen, so eine offizielle Verlautbarung. In Deutschland liegt die maximal erlaubte Geschwindigkeit beim hochautomatisierten Fahren laut Gesetzgeber aktuell bei 130 km/h. Mercedes-Benz will diesen Meilenstein voraussichtlich bis Ende des Jahrzehnts schrittweise erreichen.

Türkis zeigt Fahrt mit Drive Pilot an

Die Entwicklungsarbeit berücksichtigt auch soziale und ethische Aspekte. So hat Mercedes-Benz bereits heute spezielle türkisfarbene Markierungslichter für hochautomatisiertes Fahren entwickelt (basierend auf der SAE J3134), die den aktiven Betriebszustand von Drive Pilot anzeigen. Das Unternehmen erachtet es für wichtig, anderen Verkehrsteilnehmern zu signalisieren, ob die hochautomatisierte Fahrfunktion aktiviert ist.

Die US-Bundesstaaten Nevada und Kalifornien haben an Mercedes-Benz bereits entsprechende Ausnahmegenehmigungen für die Erprobung dieser Technologie erteilt. Die Erprobung findet dort bereits statt und liefert erste positive Ergebnisse. Die Markierungslichter sind in die Front- und Heckleuchten sowie in die beiden Außenspiegel der Entwicklungsfahrzeuge integriert. In Deutschland fehlt aktuell noch ein Rechtsrahmen für diese Technologie. Mercedes-Benz plant die Systemarchitektur von Drive Pilot in Übereinstimmung mit den definierten Standards weiter anzupassen, sobald sich diese auch in Deutschland weiterentwickelt haben.

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