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Mario Götze: Athlet und Business Angel

mario götze:  athlet und business angel

Für Mario Götze gibt es mehr als nur Fußball. Der Profi von Bundesligist Eintracht Frankfurt engagiert sich als Business Angel gleich bei 55 Start-ups, wie er im Interview mit electrified erzählt.

Es gibt Fußballer, die mit ihrer Zeit nichts anzufangen wissen und Playstation daddeln – und es gibt Mario Götze, den letzten lebenden Torschützen eines WM-Finales der deutschen Nationalmannschaft.

Im Interview mit electrified spricht der Ausnahmefußballer über Solar Panels auf Stadiondächern und Familien-Ausflüge mit seinem Hyundai ins Grüne mit seinen Kindern. Darüber erklärt er, wie er sein exaktes Vermögen aufteilt. Was kaum einer weiß: Der gebürtige Allgäuer ist an 55 Start-ups auf der ganzen Welt beteiligt. Was Götze dabei wichtig ist? Nachhaltigkeit, Bildung und langfristige Investments. Vor allem grüne, sagt der zweifache Familienvater. Der Fußballprofi, der zu einem der Werbegesichter des Autobauer Hyundai gehört, kam mit einem rein elektrischen Ioniq 6 zum Gespräch.

electrified: Herr Götze, Sie haben zwei Kinder. Wie gehen Sie mit dem Thema Nachhaltigkeit um? Wie erklären Sie Ihren Kleinen, dass wir alle nur einen Planeten haben?

Mario Götze: Meine Tochter Gioia ist gerade mal knapp ein halbes Jahr alt. Da wäre es ein bisschen früh, ihr mit Themen wie Nachhaltigkeit zu kommen, bevor sie ihr erstes Kinderbuch versteht. Rome wird in diesem Sommer vier Jahre alt. Meine Kinder sind also noch sehr jung. Aber natürlich haben meine Frau Ann-Kathrin und ich das Bewusstsein, dass wir nur diesen einen Planeten haben, auf dem wir alle leben. Wir verschließen nicht die Augen davor, dass wir vor herausfordernden Zeiten stehen und dass wir alle die Verantwortung für unsere Kinder und zahlreiche nachfolgende Generationen haben, diesen wunderbaren Planeten mit Sorgfalt zu behandeln. Was dazu gehört, werden wir Rome und Gioia dann erklären, wenn sie es verstehen. Vor allem wollen wir es ihnen vorleben.

electrified: Das heißt?

Götze: Alles beginnt mit dem Bewusstsein, dass wir möglichst wenig verbrauchen sollten. Jeder kann sorgsamer mit Wasser und Energie umgehen. Jeder kann weniger Lebensmittel wegwerfen. Neulich habe ich einen Artikel über unseren Wasser-Fußabdruck gelesen. Darin stand, dass für die Herstellung eines Kilos Rindfleisch 15.000 Liter Wasser verbraucht werden.

„Jede Großveranstaltung hat einen hohen CO2-Fußabdruck“

mario götze:  athlet und business angel

Für den Fotografen hat Mario Götze kurz auf der Zuschauertribüne Platz genommen. Foto: Stefan Schütz

electrified: Wussten Sie aber, dass ein Fußballspiel am Samstagnachmittag in der Bundesliga einen größeren Fußabdruck hinterlässt als ein Autorennen in Monza?

Götze: Nein, das wusste ich nicht. Natürlich ist mir aber bewusst, dass jede Großveranstaltung einen hohen CO2-Fußabdruck hat. Mein Verein, die Eintracht, hat mit Sky erst eine Dokumentation zum Thema Nachhaltigkeit produziert. Darin kommt der Satz vor: „Das nachhaltigste Spiel ist das, das nicht stattfindet.“ Wir sollten aber nicht einfach aufeinander zeigen, das gilt genauso abseits vom Sport und sagen: „Du bist aber noch schlimmer als ich.“ Anstatt die Schuldfrage anderen zu stellen, sollte jeder anfangen, seinen Beitrag zu leisten und bei sich anfangen. Das wäre schon mal ein wichtiger Schritt. Die DFL und zahlreiche Vereine haben es verstanden, dass das Thema Nachhaltigkeit wichtig ist und dass wir alle was tun müssen. Und ja: Sie werden trotz meiner Worte hier noch viele Sachen bei mir finden, bei denen ich noch besser handeln könnte und Sie könnten mir auch eine lange Liste aufstellen, was ich bisher nicht gut gemacht habe. Aber wir sollten nach vorne schauen und loslegen, anstatt nur zu hadern und zu schimpfen.

electrified: Was unternehmen Vereine, um den CO2-Ausstoß zu verringern?

Götze: Freiburg hat auf seinem Stadion eines der größten Solardächer weltweit errichtet. Ich glaube, dass dort bereits knapp die Hälfte der Zuschauer mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad zu Heimspielen kommen. Wir haben bei uns im Verein einen Nachhaltigkeitsbeirat, der nicht nur dafür da ist, das Image zu pflegen, sondern in dem wirklich an Veränderungen gearbeitet wird. Aber natürlich gehört zur Wahrheit auch, dass viele Klubs erst am Anfang ihrer Optimierungsprozesse stehen. Das betrifft aber nicht nur die Bundesliga. Das betrifft viele Bereiche unseres täglichen Lebens und unserer Infrastruktur. Müssen wir jeden Tag zur Arbeit fahren oder wäre es nicht besser, häufiger im Homeoffice zu arbeiten?

„So viel wie möglich elektrisch bewegen“

electrified: Wie machen Sie das?

Götze: Ich habe eine Wallbox zuhause, mit der wir unser E-Auto laden und uns so viel wie möglich elektrisch bewegen. Ob das nun die Fahrt zur Eintracht betrifft oder mit der Familie zu einem Tierpark im Grünen.

electrified: Sie haben sich auch stark verändert, mittlerweile sind Sie ein erfolgreicher Investor. Vielleicht klingt das klischeehaft, aber: Statt an der Playstation wie viele Kicker zu zocken, beschäftigen Sie sich mit Anleihen, Immobilien und Beteiligungen. Fühlen Sie sich in Ihrer Fußball-Bubble nicht so ein bisschen wie ein Alien?

Götze: (lacht) Nein, eigentlich nicht. Es ist ja nicht so, dass ich der Erste in Deutschland war, der sich mit den Themen Investments und Finance beschäftigt hat. Vor mir gab es beim
FC Bayern auch Philipp Lahm, der sich an mehreren Unternehmen beteiligte. Bei mir ist das peu à peu gewachsen. Aus Neugierde wurde bei mir Passion, eine große Leidenschaft.

electrified: Wie kam es aber dazu?

Götze: In den vergangenen Jahren war ich öfter in den Vereinigten Staaten. Mich hat es fasziniert, wie sich die Sportler und Sportlerinnen dort aufstellen. Mit ihren Sponsoren, mit ihren Social-Media-Aktivitäten, mit ihren Investment-Strategien und Beteiligungen.

electrified: Jürgen Klopp, einst ihr Coach bei Borussia Dortmund, hat mir mal in einem Interview erzählt, dass seine Trainer-Tätigkeit nur bei 30 Prozent liege. Daneben sei er Freund, Weggefährte, Familienmitglied, Erziehungsberechtigter und Kindergärtner. Wann machen Sie das alles? Sie haben einen Fulltime-Job und eine Familie.

Götze: Auch für mich hat der Tag nur 24 Stunden. Leider (grinst). Im Ernst: Acht Stunden schlafe ich, dann habe ich noch Training und Zeit für meine Familie. Meist halte ich mir im Schnitt so rund 20 Prozent meines Zeitvolumens für meine Investments frei. Ich telefoniere auf dem Weg ins Training, lege mir am Abend den einen oder anderen Call.

electrified: Wie informieren Sie sich aber über Ihre Themen Venture Capital-Fonds und über Kryptowährungen? Tageszeitungen?

Götze: Die lese ich – wenn ich ganz ehrlich bin – nicht so häufig.

„Hole mir Informationen aus erster Hand“

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Seinen Ioniq 6 lädt Mario Götze an der heimischen Wallbox, wie er erzählt. Foto: Stefan Schütz

electrified: Also keine „Financial Times“, kein „Wall Street Journal“, kein „Handelsblatt“?

Götze: Das, was ich lese, sind Newsletter. Dann habe ich mir als Business Angel in den vergangenen fünf, sechs Jahren ein tolles Netzwerk geschaffen. Ich spreche mit Gründern, mit Investoren, hole mir, soweit möglich, Informationen aus erster Hand und versuche, mir selbst von Machern ihre Ideen und Visionen anzuhören. So hat es auch angefangen.

electrified: Wie meinen Sie das?

Götze: Mein Vater ist ja seit den 90er Jahren an der TU Dortmund beschäftigt. Dort gab es immer wieder mal den einen oder anderen Spin-Off.

electrified: Wie kann eine Universität ein Unternehmen ausgliedern?

Götze: Das waren keine Unternehmen, das waren Forscher und Forscherinnen sowie Ingenieure und Ingenieurinnen, die eigene GmbHs gegründet haben. An diesen habe ich mich mit kleinen Beträgen beteiligt, mit ihnen bin ich gestartet.

„Alles andere ist für mich nicht akzeptabel“

electrified: Wie kommt es letztendlich zu einer Entscheidung, ein Invest einzugehen?

Götze: Grundsätzlich ist es so, dass, wenn ich was mache, dann nur mit einem hundertprozentigen Engagement, einer hundertprozentigen Überzeugung, einer hundertprozentigen Entschlossenheit. Alles andere ist für mich nicht akzeptabel. Das Know-how, ein Start-up gut zu finden, habe ich aber nicht. Das könnte ich mir aneignen, noch fehlt mir aber die Zeit. Ich bin ja kein Hedgefonds-Manager…

electrified: …dafür aber „Professional Athlete and Business Angel“. So beschreiben Sie sich bei LinkedIn.

Götze: Was auch nicht drauf steht, ist, Immobilienexperte und Investmentbanker. Denn diese würden sich sieben Tage die Woche mit ihren Assets beschäftigen.

electrified: Lassen Sie uns bitte trotzdem am Entscheidungsprozess teilhaben.

Götze: Alles, was ich mache, geschieht im Syndikat. Mit den Menschen in meinem Team besprechen und diskutieren wir die Dinge.

electrified: Und wie ist das bei Ihnen aufgestellt?

Götze: Auf drei Säulen. Meine Immobilien verwaltet das Family Office HQ Trust der Quandt-Familie. Dazu gehören auch meine Stocks, also meine Aktien. Dort bin ich aber nicht exklusiv, da bin ich einer von vielen Klienten und Klientinnen aus den unterschiedlichsten Branchen. Im Sport ist es ähnlich. Meine Agentur „Sports360“ managt Spieler wie Toni Kroos von Real Madrid, den deutschen Nationaltrainer Julian Nagelsmann und mich. Und dann gibt es noch meine eigene GmbH. Bei Companion-M bin ich Gründer und Gesellschafter. Hierüber koordiniere ich unter anderem auch die Investments.

electrified: Und was machen Sie so, wenn Sie nicht mit Ihren Kids auf dem Spielplatz sind oder zusammen mit Kevin Trapp trainieren?

Götze: Meiner Neugierde nach Venture Capital-Invests und Private Equity-Engagements nachgehen. Insgesamt sind in der Gesellschaft 14 Fonds und 55 Beteiligungen gebündelt.

„Zu jedem Zeitpunkt weiß ich ganz genau, was läuft“

mario götze:  athlet und business angel

Mario Götze kam mit dem Ioniq 6 von Hyundai zum Termin. Foto: Stefan Schütz

electrified: Also ich habe zwei Bausparverträge und ein paar Deka-Fonds. Bei diesen wenigen Dingen bin ich schon heillos überfordert. Wie machen Sie das?

Götze: Ich bekomme in regelmäßigen Abständen detaillierte und transparente Reports über meine Aktivitäten. Zu jedem Zeitpunkt weiß ich ganz genau, was läuft. Und was auch nicht. Ohne die Unterstützung meines Teams würde es in diesem Umfang nicht funktionieren.

electrified: Nicht anders machen es die amerikanischen Sportler. Serena Williams, die Tennisspielerin, hält Milliarden-Anteile am NFL-Team Miami Dolphins und an der Kampf-Serie UFC. Beide Engagements haben sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Auch LeBron James, der Basketballer, ist erfolgreich. Er beteiligte sich am Koblenzer Fahrradhersteller Canyon. Was machen die Amerikaner anders als Sie?

Götze: Die Athleten greifen in den USA auf einen noch viel größeren und viel reiferen Markt als wir in Europa zu. Die Sportler, die Sie jedoch ansprechen, engagieren sich in der Regel erst immer etwas später an den Startups. Ich hingegen investiere frühphasiger.

electrified: Das bedeutet?

Götze: Das bedeutet: ich steige zusammen mit anderen Investoren ein, wenn – wie in vielen Fällen – noch gar kein Produkt auf dem Markt ist.
„Meine Investmentstrategie ist nicht auf den kurzfristigen Erfolg ausgelegt“

electrified: Wie viele Entscheidungen entstehen im Bauch, wie viele im Kopf?

Götze: Ich würde sagen, dass es wahrscheinlich paritätisch ist, also 50/50. Was mir hilft, ist, dass ich mich oft auf meinen Bauch, auf mein Gespür für Menschen verlassen kann. Trotzdem muss die Datengrundlage stimmen, wenn ich mich für ein Investment entscheide.

electrified: Wie haben Sie Ihre verschiedenen Investments aufgeteilt? Wie viel Prozent entfallen auf Aktien, wie viel auf Beteiligungen?

Götze: Erst mal ist mir wichtig zu sagen, dass ich die ganzen Beteiligungen nicht von Anfang an eingegangen bin, also nicht am Anfang meiner Fußball-Karriere. Erst habe ich mit Immobilien, dann mit Aktien begonnen. Als ich diese Märkte verstanden habe, habe ich mich an die Venture Capital- und Private Equity-Investments herangetraut. Und so ist es auch ungefähr aufgeteilt: 30 Prozent Immobilien, 30 Prozent Anleihen und Aktien, 30 Prozent direkte Investments.

electrified: Mit Uli Hoeneß habe ich – noch lange vor seiner Steuerhinterziehungsgeschichte – ein gemacht. Hoeneß sagte damals: „Wenn ich schon höre, dass ein paar Zocker in einem Hinterzimmer in London gegen das Öl oder mit Schweinebäuchen spekulieren, dann kann die Entwicklung nicht gesund sein. Für was brauchen Banker Schweinebäuche?“, fragte Ihr ehemaliger Chef des FC Bayern.

Götze: Das kann ich Ihnen auch nicht sagen. Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass meine Investmentstrategie nicht auf den kurzfristigen Erfolg ausgelegt ist. Meine Engagements – wie immer sie auch aussehen mögen – sind auf gut und gerne zehn Jahre angelegt.

electrified: Genauso ist es bei der Tennis-Ikone Roger Federer, der sich am Turnschuh-Hersteller On beteiligte. Erfolgreich ist auch Nico Rosberg mit seinen Investments Lilium und Volocopter. Tauschen Sie sich mit dem ehemaligen Formel 1-Fahrer aus?

Götze: Ja. Sie dürfen aber eines nicht vergessen: Die Kreise derer, die dort investieren und sich für die Themen interessieren, sind nicht so groß. Deshalb kommt es immer wieder mal vor, dass man den einen oder anderen Athleten trifft. Das ist ein Nico Rosberg oder ein Jan Frodeno, der Triathlon-Weltmeister. Ebenso habe ich mit Andre Schürrle, der mit mir in der Nationalmannschaft jahrelang spielte, einige wenige Beteiligungen.

electrified: Wollen Sie sich auch mal Geld in einen Verein stecken?

Götze: Mittlerweile gibt es ja wirklich viele Investoren, die ihr Geld nicht nur in der Premier League, sondern auch in der italienischen Serie A investiert haben. Ich habe mich ein paar Mal damit beschäftigt, mich aber aus den unterschiedlichsten Gründen immer dagegen entschieden.

electrified: Für was entscheiden Sie sich dann? Für Unternehmen aus und um den Sport?

Götze: Eigentlich habe ich gar nicht so viele Engagements rund um das Thema Sport. Unter dem Strich ist das wahrscheinlich nur ein Fünftel meiner Investments. Der Löwenanteil, also gut 80 Prozent, entfallen auf Themen wie Nachhaltigkeit, Technologie und Bildung.

electrified: Und was sind Ihre Lieblings-Beteiligungen?

Götze: Darüber würde ich ehrlich gesagt nicht so gerne sprechen wollen.

electrified: Wieso?

Götze: Weil es denen gegenüber nicht gerecht wäre, die ich jetzt nicht erwähnen würde. Und ich kann ja schlecht jetzt mit Ihnen 55 Unternehmen einzeln durchgehen.

Das Interview mit Mario Götze führte Andreas Haslauer

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