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Lange Standzeit führt zu Schimmel im Diesel - Dieselpest im Reisemobil bekämpfen

Die Dieselpest, also die biologische Verunreinigung im Kraftstoff, kann gravierende Motorschäden verursachen. Vor allem lange Standzeiten sind problematisch. Doch es gibt Möglichkeiten vorzubeugen.

lange standzeit führt zu schimmel im diesel - dieselpest im reisemobil bekämpfen

Die Dieselpest, also die biologische Verunreinigung im Kraftstoff, kann gravierende Motorschäden verursachen.

Keine Angst, die sogenannte Dieselpest ist nicht auf den Menschenübertragbar. In Zeiten von Corona und Affenpocken ist das zumindest einmal eine gute Nachricht. Allerdings kann sie bei Reisemobilen größere Schäden verursachen – vor allem wenn das Fahrzeug über einen längeren Zeitraum nicht bewegt wird. promobil klärt die wichtigsten Fragen rund um die Dieselpest.

Wie entsteht Dieselpest?

Bei der sogenannten Dieselpest breiten sich Mikroorganismen – also Bakterien, Hefen und Pilze – zunächst im Tank des Wohnmobils aus und bilden eine Art Schlamm. Das Phänomen Dieselpest tritt übrigens erst auf, seitdem es Biodiesel gibt. “Bei der Dieselpest passiert im Grunde etwas recht Simples: Der Bioanteil aus Rapsöl fängt an zu schimmeln”, erklärt Dr. Sebastian Schmiechen, Chemiker im Labor für Werkstofftechnik und Schadensanalytik beim Kfz-Gutachter Dekra. Das geschieht vor allem, wenn der Wasseranteil im Tank zu hoch ist.

“Dieser ‚schlechte Einfluss‘ des Wassers ist auch der Grund, warum die Anforderung an Dieselkraftstoff in Sachen Wassergehalt sehr streng ist: Maximal 0,02 Prozent sind erlaubt”, fährt Schmiechen fort. Zudem begünstigt eine hohe Luftfeuchtigkeit oder Kondenswasserbildung im Tank die Ausbreitung der Mikroorganismen. Und ganz wichtig: Die Dieselpest tritt vor allem dann auf, wenn das Fahrzeug nur saisonal genutzt wird und über einen längeren Zeitraum, zum Beispiel über den Winter, steht.

Welchen Schaden kann die Dieselpest anrichten?

“Schon allein das Wasser an sich kann an der Hochdruckpumpe Schäden verursachen, weil seine Schmierfähigkeit gleich null ist”, gibt Harald Eder, Fachgebietsverantwortlicher Sondergutachten bei der Dekra, zu verstehen. Solange die Pumpe noch läuft, setzen die Schimmelpilze und Bakterien den Dieselfilter zu, das Fahrzeug bringt nicht mehr seine volle Leistung.

Richtig kritisch wird es, wenn sich die Mikroorganismen in den Injektoren ablagern. “Das Einspritzsystem ist praktisch auf einen Schlag lahmgelegt”, warnt Eder. Funktionsstörungen des Motors sind die Folge, was sich etwa durch Ruckeln oder Rauchentwicklung bemerkbar machen kann. Außerdem können die Verkeimungen in den hochpräzise gefertigten Bauteilen des Treibstoffsystems schnell zu gefährlicher Biokorrosion führen.

Was tun, wenn sich Verunreinigungen gebildet haben?

Das hängt laut den Experten der Dekra davon ab, ob das Fahrzeug seit dem Bemerken der Dieselpest bewegt wurde oder nicht. “Wenn man – ohne zu fahren – den Tank geöffnet und einen gammligen Geruch festgestellt hat, dann kann es ausreichen, den Kraftstofftank zu entleeren, komplett zu reinigen oder ihn gegebenenfalls zu ersetzen”, betont Harald Eder. Der Dieselfilter muss ebenfalls getauscht und die Kraftstoffleitungen gereinigt werden.

Haben sich die oben beschriebenen Funktionsstörungen des Motors bereits bemerkbar gemacht, dann steht laut Eder mindestens eine Komplettreinigung des gesamten Einspritzsystems an. Eventuell müssen verschiedene Bauteile wie Pumpen oder Injektoren auch instandgesetzt werden. “Das ist eine Aufgabe, die die meisten normalen Werkstätten nicht angehen, da muss dann ein Spezialbetrieb ran”, so Eder.

Laut dem Dekra-Experten gibt es auch Fahrzeughersteller, die im Fall einer Dieselpest klar vorgeben, dass alle Teile im Kraftstoffsystem, die mit dem kontaminierten Kraftstoff in Berührung gekommen sind, ohne Ausnahme getauscht werden müssen.

Welche Kosten können durch die Dieselpest entstehen?

Sind lediglich Tank, Filter und ein Teil der Leitungen befallen, liegt man laut Dekra in der Regel bei Kosten im Bereich zwischen 1.000 und 2.000 Euro, je nach Fahrzeugtyp. Müssen dagegen Teile des Kraftstoffsystems gereinigt, geprüft und gegebenenfalls ersetzt werden, gehen die Kosten durchaus schnell in den fünfstelligen Bereich, betont Harald Eder.

Was kann ich tun, damit Dieselpest erst gar nicht auftritt?

Der wichtigste Tipp: Das Wohnmobil sollte regelmäßig bewegt werden. Wenn absehbar ist, dass das Fahrzeug über mehrere Wochen und Monate stehen bleiben wird – zum Beispiel während der Wintermonate –, dann sollte sich in dieser Zeit möglichst wenig Kondenswasser im Tank niederschlagen können. Das erreicht man, indem man den Tank vor einer längeren Standzeit komplett vollmacht – oder ihn ganz entleert.

Ein weiterer Tipp von Dekra-Experte Eder: “Bei Fahrzeugen, die einen Kraftstofffilter mit Entwässerungsfunktion haben, sollten Sie unbedingt daran denken, die Vorgaben des Herstellers zur Entwässerung zu befolgen.” Was ebenfalls helfen kann, ist das Tanken von Premiumkraftstoffen. Aral und BP geben an, dass sie ihrem Ultimate-Premiumdiesel keinen Biodiesel gezielt beimischen. Jedoch kann aus produktionstechnischen Gründen nicht ausgeschlossen werden, dass auch bei diesen Kraftstoffen Spuren von Biodiesel enthalten sind. Deshalb haben Aral und BP, genauso wie etwa Shell und Esso, auf den Zapfhähnen ihrer Premiumkraftstoffe den Vermerk “B7”. Das bedeutet, der Kraftstoff kann einen Biodiesel-Anteil von bis zu sieben Prozent aufweisen.

Additiv gegen Dieselpest

Neben Kraftstoffen ohne Biodiesel können auch spezielle Additive verhindern, dass sich Dieselpest bildet. Über die Praxistauglichkeit solcher Additive können die Dekra-Experten aufgrund fehlender eigener Tests keine Aussagen machen. Allerdings kann die Zugabe von Additiven, wie etwa dem Anti-Bakterien-Diesel-Additiv von Liqui Moly, günstiger sein als das Tanken von Premium-Dieselkraftstoffen.

Das Anti-Bakterien-Diesel-Additiv von Liqui Moly ist ein Biozid, das gegen Bakterien, Hefen und Schimmelpilze wirkt. Wichtig: Biozide müssen vorsichtig verwendet werden, vor Gebrauch sollten Anwender das Etikett und die Produktinformationen lesen. Das Liqui-Moly-Additiv kann mit einer Dosierung von 1 : 1.000 vorbeugend gegen Dieselpest eingesetzt werden. Ist das System bereits von Bakterien und Pilzen befallen, rät der Hersteller zu einer Schockdosierung von 1 : 200. Über einen integrierten Messbecher im Deckel kann die Substanz gut dosiert werden und kommt anschließend direkt in den Dieseltank. Das Additiv besitzt laut Liqui Moly neben seiner Funktion als Bakterienkiller außerdem einen Korrosionsschutz, hält die Einspritzdüsen sauber und ist mit einem Cetan-Booster ausgestattet, der die Zündwilligkeit des Kraftstoffs erhöht. Das Additiv ist als 1-L-Dose (ca. 50 Euro) und 5-L-Kanister (ca. 215 Euro) erhältlich.

Interview: “Vorbeugen ist besser als behandeln”

David Kaiser ist Leiter Forschung & Entwicklung beim Additiv-Hersteller Liqui Moly. Das Unternehmen hat mit dem auf Seite 85 vorgestellten Anti-Bakterien-Diesel-Additiv ein Produkt zur Bekämpfung der Dieselpest im Sortiment.

Herr Kaiser, was macht das Anti-Bakterien-Diesel-Additiv von Liqui Moly genau?

Unser Additiv ist ein Konservierungsmittel für den Dieselkraftstoff. Die Substanzen im Produkt hemmen die Bakterien beim Wachstum und töten sie mit der Zeit ab. Bei einer Schockdosierung werden sie sehr schnell ganz abgetötet.

Das Produkt ist erst seit 2019 auf dem Markt. Weshalb?

Der Grund dafür ist, dass die Europäische Chemikalienagentur ECHA Formaldehydabspalter als krebserregend eingestuft hat. Deshalb wäre auch unser Vorgängerprodukt zur Bakterienbekämpfung als krebserregend eingestuft worden und hätte damit der Chemikalienverbotsverordnung unterlegen. Es hätte nur noch an gewerbliche Anwender und unter strengen Auflagen abgegeben werden dürfen, an Privatverbraucher gar nicht mehr. Deswegen haben wir die neue Rezeptur entwickelt.

Wie kam das neue, formaldehydfreie Produkt bei den Kunden an?

Die Verbraucher waren sehr froh, dass es ein Alternativprodukt gab. Wir haben das Additiv auch gleich zu Beginn bei einem unabhängigen Labor testen und seine Wirksamkeit bestätigen lassen. Und die Verbraucher wissen, dass wir als Marktführer im Additiv-Bereich nichts verkaufen würden, was nicht funktioniert.

Wie wichtig ist es, dass das Additiv vorbeugend benutzt wird?

Das ist wie bei jeder anderen Krankheit auch: Wenn Sie vorbeugen können, ist es besser, als wenn Sie eine bereits ausgebrochene Krankheit behandeln müssen. Denn wenn Sie die Bakterien bereits im Fahrzeugsystem haben, dann müssen Sie den Tank vom entstandenen Schlamm befreien – den kann kein Additiv auflösen – und die Filter tauschen. Und im schlimmsten Fall ist der Schmutz auch schon in Pumpen und Injektoren gelangt und hat dort zu Schäden geführt.

Sollte das Additiv zu jeder Tankfüllung dazugegeben werden oder nur bevor das Reisemobil längere Zeit steht?

Immer, wenn ein hohes Verkeimungsrisiko besteht. Das ist immer dann der Fall, wenn das Fahrzeug wenig bewegt wird, also vor allem im Herbst und Winter.

Was sollte man bei der Anwendung des Additivs beachten?

Am besten nach dem Einfüllen des Additivs nochmals eine Runde mit dem Reisemobil drehen. Das sorgt dafür, dass das Additiv auch durch den Filter und die Leitungen gelangt und das gesamte System, inklusive Injektoren und Pumpen, mit dem konservierten Diesel geflutet ist.

Was ist zu tun, wenn mein System bereits von Bakterien befallen ist?

Dann sollte man auf eine Schockdosierung im Verhältnis 1: 200 (Additiv zu Diesel; d. Red.) umstellen. Außerdem muss der Schlamm aus dem Tank abgesaugt und der Filter getauscht werden. Dann nochmals tanken und schauen, ob der Motor besser läuft. Anschließend würde ich nochmals eine Schockdosierung durchführen, damit Bakterien, die noch im System sind, abgetötet werden. Und: Nach einem Befall sollte der Filter mit einem deutlich kürzeren Intervall – etwa alle 500 bis 5.000 Kilometer, je nachdem wie viel Schlamm noch im Tank ist – getauscht werden. Danach kann mit der normalen Dosierung von 1 : 1.000 weitergemacht werden.

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