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Emotion und Sound fehlen - „Nachfrage ist null“: Sportwagenhändler verrät, warum Kunden keine E-Autos wollen

emotion und sound fehlen - „nachfrage ist null“: sportwagenhändler verrät, warum kunden keine e-autos wollen

Sportwagen-Händler Benjamin David: Seine Kunden wollen keine Elektroautos DAVID Finest Sports Cars

Sportwagen-Händler Benjamin David weiß, was Käufer eines Porsche, Ferrari oder Aston Martin wirklich wollen. Der Elektroantrieb ist es offenbar nicht. Dabei geht es um Emotionen – und auch um Bevormundung. Ein Gastbeitrag.

Vollelektrische Autos? Die sucht man im Showroom von Benjamin David vergeblich. Der Geschäftsführe und Gründer von „DAVIDS Finest Sports Cars“ in Hamburg-Wandsbek weiß, was seine Kunden wollen – und was nicht. Warum die Antriebswende im Sportwagensegment noch wenig Fahrt aufnimmt, verrät David in einem Gastbeitrag für FOCUS online.

Elektroautos: Zu wenig Emotionen, zu viel Ungewissheit

Unsere Kunden erleben bei uns mehr als nur den Kauf eines Fahrzeugs. Sie sind Teil einer exklusiven Gemeinschaft, in der die Liebe zu besonderen Autos geteilt wird und stark emotional aufgeladen ist. Die Begehrlichkeit dieser Fahrzeuge ist so groß, dass über die Hälfte unserer Käufer inzwischen aus Europa, den USA und Vereinigten Arabischen Emiraten zu uns nach Hamburg kommen. Entgegen der allgemeinen Auffassung zur „Antriebswende“ liegt die Nachfrage nach E-Autos dabei allerdings bei null. Warum ist das so?Bittere Marktanalyse – Jetzt wartet Autopapst mit einer schlechten Nachricht für E-Auto-Kunden auf

Es fehlt schon am richtigen Sound

Die mangelnde Attraktivität ist an mehrere Aspekte geknüpft und geht beim fehlenden Motorensound los. Der ist unmittelbar mit der Markenwelt der großen Sportwagenhersteller verknüpft und sorgt bei Liebhabern seit jeher für Gänsehaut.

Vielen Kunden im Sportwagensegment ist das Verhältnis Leistung zu Gewicht zudem sehr wichtig. Da E-Konstruktionen bekanntlich viel schwerer als herkömmliche Ottomotoren sind, fehlt es ihnen an Sportlichkeit. emotion und sound fehlen - „nachfrage ist null“: sportwagenhändler verrät, warum kunden keine e-autos wollen

Ferrari lSF90 Stradale – Hyper-Hybrid aus Italien Autoren-Union Mobilität/Ferrari

Häufig wird auch über fehlende Alltagstauglichkeit und Spontaneität geklagt. Das beste Beispiel ist mit Sicherheit der Ferrari SF90 – also noch nicht einmal ein reines E-Auto. Der Wagen hat zwar 1000 PS, aber keinen Kofferraum. Die Idee, damit in den Urlaub zu fahren, gestaltet sich somit schwierig. Das Fahrzeug braucht einen speziellen Ladeadapter und lässt sich im Falle einer leergelaufenen Batterie nicht fremdstarten wie herkömmliche Motoren. Dafür braucht es dann einen Spezialisten.

Der Kunde wird zum unfreiwilligen Testfahrer

Das ganze Handling eines E-Autos macht es für viele unserer Kunden insgesamt zu anspruchsvoll. Ein weiterer signifikanter Aspekt ist die allgemeine Ungewissheit bezüglich des E-Antriebs. Es gibt keine Langzeitstudien zu Haltbarkeit und Wartung – man fühlt sich als Kunde quasi als Proband.Taycan 2024 – Lädt wie der Blitz: Erste Fahrt im neuen Porsche-Renner

Sportwagenfahrer wollen nicht bevormundet werden

Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt, der nicht nur auf E-Autos zutrifft. Die typische Sportwagenfahrerin und der typische Sportwagenfahrer möchten nicht von ihrem Auto bevormundet werden. Sei es durch Lenkwinkelsensoren, einen Totwinkelassistenten oder auch durch lange Wartezeiten an Ladesäulen. Diesen Kunden ist wichtig, ihr eigener Herr im Auto zu sein und die Landstraße bei Ausfahrten entspannt erkunden zu können. Sie fühlen sich aus dem Grund zu Autos hingezogen, die noch aus einer anderen Zeit mit einem anderen Lebensgefühl kommen.emotion und sound fehlen - „nachfrage ist null“: sportwagenhändler verrät, warum kunden keine e-autos wollen

Sportwagen-Händler Benjamin David: Elektroautos fehlt der Sound – und im Alltag finden viele Kunden sie unpraktisch DAVID Finest Sports Cars

Wenn ein Fahrer seinen Taycan als „Belastung“ empfindet

Dazu ein Beispiel. Wir haben einen Kunden, der mir ganz stolz von seinem 21. Porsche erzählte, einem Porsche Taycan. Der Kunde ist ein diplomatischer, positiver und technologieoffener Mensch. Nun sagte er neulich zu mir, er und seine Frau seien froh, wenn das E-Auto Ende des Jahres zu Porsche zurückgehe – sie empfänden es als eine Belastung. Konkret geht es bei solchen Erfahrungen um angeblich freie Ladestationen, die das Navi anzeigt. Nun kommt es aber immer häufiger vor, dass Ladesäulen kaputt oder außer Betrieb sind oder bereits ein Auto dranhängt.

Auf eine fortschrittliche Technologie will man nicht warten müssen

Jemand, der von Hamburg nach München fahren möchte mit seinem Taycan, muss sich schon vorher ganz genau überlegen, wann und wo er die Stopps an den Ladestationen einlegt. Es gibt an den Autobahnen zwar Schnellladestationen, die sind aber nicht immer frei. Dann kann es auch mal sein, dass man dort eine Stunde verweilt, um an eine Strom-Zapfsäule zu kommen. Wenn es schnell gehen muss, was bei vielen Leuten der Fall ist, hat man es mit einem E-Auto einfach schwerer. In einer Welt, wo Zeit ein wichtiges Gut ist, möchte man nicht auf eine fortschrittliche Technologie warten müssen. Und dann haben diese Autos auch noch große Qualitätsschwierigkeiten – es fällt ständig irgendetwas aus.emotion und sound fehlen - „nachfrage ist null“: sportwagenhändler verrät, warum kunden keine e-autos wollen

“Auch unseren Kunden ist die Umwelt keineswegs egal”, sagt Sportwagen-Händler Benjamin David DAVID Finest Sports Cars

Auch Sportwagen-Fahrern ist die Umwelt nicht egal

Ich habe übrigens noch keinen Kunden bei uns erlebt, dem die Umwelt egal ist. Wichtig in der Antriebs-Debatte ist mir persönlich immer: Die Autos, die wir verkaufen, werden in der Regel wenig bis gar nicht im Alltag bewegt. Das sind Modelle, die eher als Kunstwerke betrachtet werden. Diese Autos wurden irgendwann mal produziert und werden seitdem von Sammlung und zu Sammlung transferiert. Der eine fährt damit mal ein bisschen bei Ausfahrten, der andere gar nicht. Das sind keine Autos, die wirklich aktiv am Straßenverkehr teilnehmen. Und dann gibt es die Kunden, die sich einen letzten großen Benzinmotor-Traum erfüllen wollen: „Der letzte große Sauger“ ohne Hybrid, ohne Elektro. Wenn es irgendwie geht, dann bitte noch mal den klassischen Benziner.emotion und sound fehlen - „nachfrage ist null“: sportwagenhändler verrät, warum kunden keine e-autos wollen

Porsche 918 Spyder – wenige Hybride hatten mehr Power als dieser Viehmann

Porsche 918 Spyder war die große Ausnahme

Es gibt aber auch einige elektrifizierte Autos im Sportwagensegment, die es schaffen, genauso „anzuzünden“ wie ein Verbrenner. Zum Beispiel der Porsche 918 Spyder. Das war eines der ersten E-Modelle von Porsche, wenn auch „nur“ mit Hybridantrieb. Ein Supersportwagen, der es aufgrund vieler Besonderheiten und einer Limitierung auf 918 Stück geschafft hat, ein sehr beliebtes und gesuchtes Sammlerobjekt zu werden.

Warten auf den Hybrid-911

Leider ist es bis dato nicht erreicht worden, der breiten Masse einen derartigen Sportwagen zugänglich zu machen, so dass man sich bewusst für einen E- oder Hybridantrieb entscheiden würde. Möglichweise schafft es Porsche mit dem neuen 911er, der vermutlich mit Hybridtechnik ausgestattet sein wird. Wenn dieses Auto ankommt, dann können es auch andere Hersteller schaffen, langsam die Begehrlichkeit von Elektromobilität im Sportwagensegment zu wecken.

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