Ganz ehrlich, der DBX will eigentlich zu den Großen gehören, zu den Cayenne und Urus. Doch dem Briten fehlte bisher deren Handling- Talent. Eine Aufgabe, die Tobias Moers kurz vor seinem Aston-Ausstieg mit diesem 707 erledigt haben will. Checken wir im Supertest!
Dieser Tobias Moers. Ja, genau der, der vor ein paar Jahren noch Mercedes-AMG flott und modern gemacht und sich dann Aston Martin angeschlossen hatte. Genau der Schwabe, der die Briten innerhalb eines Jahres komplett auf links drehte, der den Vantage auf der Nordschleife mal eben zehn Sekunden schneller gemacht hat und der damals im DBX das fahraktivste Modell seiner Art sah. Das SUV kam im Übrigen viele Jahre zu spät. 2012 zeigte man in Genf eine Studie, die Entscheider sagten Nein, im Nachhinein ein Fehler, Lamborghini und Bentley bedankten sich für die Idee und bauten erfolgreiche Dickschiffe.Als der DBX 2019 auf den Markt kam, hat das Modell Aston Martin dezent gesprochen den Arsch gerettet. Das SUV war ein echter Verkaufsschlager. Doch Moers wollte nicht nur verdienen, er wollte noch viel mehr, wollte elektrisieren und auf keinen Fall AMG nachbauen. Dann krempelte er den DBX noch mal um, feilte rundum nach und nannte das Ganze 707, nach dessen PS-Zahl.
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILDUm die Kundenkritik etwa wegen des fehlenden Head-up-Displays und veralteten Navis, darum wollte er sich später kümmern. Wie wir heute wissen: Dazu kam es nicht mehr. Entweder waren dem “Cowboy” seine Pläne für die Briten zu ambitioniert oder ihm nicht elektrisch genug. Der Schwabe zog weiter und baut nun mit Ferdinand Piëchs Sohn Anton einen E-Sportler. Man kann diesen DBX707 quasi als eines seiner letzten Werke betrachten.Aston Martin nennt den 707 stärkstes und schnellstes SUV der Welt. Inzwischen gibt es andere wie den Ferrari Purosangue mit 725 PS und 312 km/h. Aber auch die SUV-Benchmark Cayenne Turbo hat nachgelegt und ist nun dank E-Hybrid 739 PS stark. Fahrdynamisch kommt man an Cayenne und Urus nicht vorbei. Oder doch? Wenn man Moers und der aktuellen DBX707-Werbung glaubt, dann soll dieser rund gelutschte Klotz auch Rennstrecke können. Das wollen wir uns genauer ansehen.
707 PS geballte AMG-Power
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILDFahrwerk? Zusätzliche Verstrebungen im Vorderwagen, eine neue Kalibrierung der Fahrwerkskomponenten (Dreikammer-Luftfederung) inklusive der elektromechanischen Stabilisatoren. Dazu härtere Feder- und Dämpferraten an der Vorderachse, eine um 16 Millimeter breitere Spur hinten. Lässt sich alles über die Dämpfer- und Fahrprogramm-Tasten (Terrain, Individual, GT, Sport, Sport+) regeln.Dazu die ebenfalls überarbeitete e-Diff genannte elektronische Hinterachssperre inklusive einer verbesserten Logik im Verteilergetriebe des Allradantriebs. Hinterachslenkung? Braucht dieser DBX angeblich nicht. Und: Die Kardanwelle ist aus einem Stück Carbon gefertigt, reduziert Gewicht und Geräusche.Apropos Kilo: Fürs Stoppen des 707 vertraut man auf Carbon-Keramik-Anker. Deren Bremsscheiben werden von Sechskolben- Bremssatteln betätigt und sparen 40,5 Kilo an ungefederten Massen ein. Für deren bessere Kühlung werden die Haupt-Kühlluftzufuhr als auch der Zustrom vom Unterboden herangezogen. Serienmäßig rollt der 707 auf 22 Zoll, gegen 13.698 Euro sind 23-Zoll-Räder zu haben. Die Konkurrenz wagt den Rennstrecken-Ritt inzwischen nur noch mit Semislicks (Urus, Cayenne Pirelli Corsa). Wir werden sehen, ob die normalen P Zeros genügen.
Diese ganzen Dynamikverbesserungen müssen klar mit aerodynamischen Änderungen einhergehen, sonst verpuffen sie wirkungslos. Air Curtains reduzieren den Auftrieb an der Vorderachse. Der Dachspoiler soll für ein ausbalanciertes Fahrverhalten sorgen. Weitere 707-Kennzeichen? Aggressivere Front mit großem Grill, neue Lufteinlässe, neu gestaltete Tagfahrlichter, markantere Seitenschweller und ein Heck mit neuem Stoßfänger, heftigerem Diffusor.Steigen wir ein. Im Interieur unterscheidet sich der 707 hauptsächlich durch eine umgestaltete untere Mittelkonsole von seinem schwächeren Bruder. Der Hintergrund: So sollen die wichtigsten dynamischen Fahrmodi und Einstellungen ohne Umwege erreichbar sein und müssen nicht mehr in Untermenüs im Infotainmentsystem abgerufen werden. Fahrwerksmodus und ESP kriegen eigene Tasten, und auch das Wechseln zwischen manuellem und automatischem Schalten geht so schneller.
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILDKommen wir zu den harten Fakten, längs- und querdynamisch. Was sagten Moers und Smith? Längsdynamisch Schnellster? Bei uns im Test waren Cayenne Turbo GT, Urus und Performante mit jeweils 3,2 Sekunden auf 100 schon schneller als die 707-Werksangabe (3,3 s). Also ab auf die Bahn, Sport+, ESP off, Bremse, Vollgas, die Launch Control regelt die Drehzahl auf 4000 ein, die Fuhre spannt sich und los. Das Heck geht in die Knie, der Koloss springt aus dem Startblock, die Gänge werden einfach durchgeschossen, in den versprochenen 3,3 Sekunden beamt sich dieser massige Koloss auf Tempo 100.
Acht Sekunden später liegen 200 km/h an, Tempo 250 in 22 Sekunden! Und dann scheint der V8-Biturbo noch mal Luft zu holen, unterbietet die 0–280 des Cayenne Turbo GT um 1,2 Sekunden. Auf der Bremse hat er dagegen keine Chance gegen Cayenne und Urus. Die beiden mit ihren 440er Keramikscheiben und Pirelli Corsa stehen aus Tempo 100 schon nach knapp 31 Metern. Der 707 braucht zwei mehr. Auch das Pedalgefühl ist nicht so ausdauernd und gefühlvoll wie bei den anderen beiden. Bei der zweiten 200–0-Messung ist das Pedal fast am Boden.
SUV-Bestzeit für den 707DBX auf dem Lausitzring
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILDDer 707 regelt sich quasi selbst in den idealen Fahrzustand, der Fahrer muss der Allrad-Choreografie vertrauen und genießen. Aber auch zwischen den Kurven beeindruckt der Brite. Seine beiden Turbos pumpen den Ladedruck fix zusammen und beschleunigen die 2,2 Tonnen richtig derb. Rauschhaft röhrend ballert der Koloss die Geraden entlang. Auch die Neunstufen-Automatik arbeitet im Rennstress perfekt, runter wie hoch mit wenig Verzögerung auf Paddelbefehle.Apropos, auf zwei schnellen Runden funktionieren die Keramikstopper gut, gut dosierbar, hoch wirksam. Doch schon in der dritten Runde ist das Pedal lang und weich, die Scheiben glühen, alle vier. Die Zeit? Das Popometer sagt schneller als der normale DBX, aber nicht so schnell wie Urus und Co. Wie man sich täuschen kann, der 707 ist am Lausitzring ab sofort das schnellste SUV. Glückwunsch nach Gaydon und zu Moers!