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Vergleich VW Passat B9/B8: Ist der Neue wirklich besser?

Der neue VW Passat Variant auf einen Blick

  • Letzter VW-Kombi namens Variant
  • 4,92 Meter – so lang war noch kein Passat
  • Digital Cockpit und 12,9-Zoll-Bildschirm sind Serie
  • 150 PS 1.5 TSIe stellt die Basismotorisierung*
  • Grundpreis ab 40.395 Euro

*(Kraftstoffverbrauch kombiniert (WLTP): 5,4 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 123 g/km; CO2-Klasse: D)²

vergleich vw passat b9/b8: ist der neue wirklich besser?

Passat B9 hinten mit deutlich mehr Beinfreiheit

Ein Vergleich zweier Generationen: Der Volkswagen Passat Variant B8 ist bereits millionenfacher Familienheld, bestens bekannt mit unzähligen Außendienstlern und ein Garant für Zuverlässigkeit und Komfort. Sein Nachfolger mit dem internen Produktkürzel B9 tritt also in große Fußstapfen und füllt diese zunächst mit einer um 24 Zentimeter verlängerten Karosserie aus. Das Längenmaß ist auf 4,92 Meter angewachsen – damit überragt der neue Passat Variant B9 sogar den aktuellen Touareg (4,88 Meter).

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Während Hinterbänkler, auch durch den auf 2,84 Meter verlängerten Radstand, einige Zentimeter mehr Beinfreiheit genießen können, schlagen die geänderten Abmessungen beim Kofferraum nicht sofort durch. Zwar gibt Volkswagen beim neuen Passat Variant für das Ladeabteil 690 Liter an, die Grundfläche des Kofferraums scheint aber nahezu identisch mit den 650 Litern des Vorgängers zu sein. Erst wer die Rückbank umlegt, wird, je nach Ladetätigkeit, womöglich einen Unterschied bemerken. Dann enteilt der B9 mit üppigen 1.920 Litern den 1.780 Litern des B8.

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Ist der 1.5 TSIe für den Passat eine gute Motorisierung?

Wir begeben uns auf den Fahrersitz, lassen die neue Bedienlandschaft des neuen Passat einen Moment auf uns wirken und erwecken dann den 1,5 Liter großen Mild-Hybrid-Vierzylinder zum Leben. Mit 150 PS und einem maximalen Drehmoment von 250 Nm, die über das serienmäßige Siebengang-Direktschaltgetriebe (DSG) an die Vorderräder geleitet werden, beschleunigt der neue Variant in 9,3 Sekunden von null auf 100 km/h und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 222 km/h. Trotz dieser Werte fehlt es dem TSIe in der Realität aber spürbar an Souveränität: Bereits bei leicht erhöhter Last wird der Motor unangenehm laut, während er im Teillastbereich, dank Zylinderabschaltung, oftmals in einen unrunden Zwei-Zylinder-Lauf verfällt.

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Versöhnlich stimmt am Ende nur der Verbrauch: Mit einem Testverbrauch, flott gefahren, von etwa sieben Litern auf 100 Kilometern nähert sich der elektrifizierte TSI dem ebenfalls 150 PS starken Diesel des von uns gefahrenen (Vor-Facelift) Vergleichsfahrzeugs an, das einen Langzeitschnitt von 6,6 Litern pro 100 Kilometer aufweist. Der Selbstzünder, der als nahezu unveränderte „Evo“-Variante auch im Passat B9 erhältlich ist, zeigt bereits auf den ersten Metern seine Stärke gegenüber dem schwachbrüstigen TSIe: Dank 340 Nm Drehmoment (360 Nm im Passat B9) kommt die Kraft von unten heraus – hohe Drehzahlen sind dem Selbstzünder naturgemäß fremd. Das Nageln des Vierzylinder-Diesels ist für unser Empfinden gar angenehmer als das Sägen des Benziners. Weiterhin lässt die Antrittsstärke des Diesels den 2.0 TDI im B8 subjektiv sportlicher erscheinen, obwohl beide Fahrzeuge etwa 1.650 Kilogramm wiegen.

Ein großer Wehrmutstropfen für alle Diesel-Fans ist jedoch der Preis: Wer den 150-PS-Diesel im B9 haben möchte, muss tief in die Tasche greifen. Ist die Basisversion des B9 mit dem 1.5 TSI noch ab 40.395 Euro erhältlich, kostet der 2.0 TDI mit 150 PS bereits 48.980 Euro (Kraftstoffverbrauch kombiniert (WLTP): 4,9 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 129 g/km; CO2-Klasse: D)²

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Fahrdynamisch ist der Passat B9 um eine Liga besser als der B8

Obwohl uns der Passat B9 mit seinem Einstiegsbenziner nicht vollständig überzeugen konnte, gibt es deutliche Verbesserungen bei der Karosseriesteifigkeit, der Fahrwerksabstimmung und dem Handling zu vermelden. Im Vergleich zum B8 reagiert der Neue spürbar feinfühliger auf Lenkbefehle, die neuen Ein-Kammer-Zwei-Ventil-Dämpfer mit getrennter Zug- und Druckstufe (optional) bieten einen größeren Verstellbereich von ganz weich bis ganz hart. Wäre der 1.5 TSIe derweil nicht so schwach im Antritt, hätten im Testwagen tatsächlich sportliche Momente aufkommen können. Unabhängig davon fährt der B9 unserer Meinung nach aber dennoch in einer höheren Liga als der B8. Vergleiche mit dem neuen BMW Fünfer oder der Mercedes E-Klasse braucht er nicht zu scheuen.

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Das bedeutet jedoch nicht, dass der Passat B8 keine fahrdynamischen Qualitäten zu bieten hat. Aufgrund der etwas geringeren Abmessungen fühlt sich die letzte Generation auf der Straße weniger massig an. Das Stahlfahrwerk unseres gebrauchten Vergleichsfahrzeugs ist in angenehmer Weise auf Komfort ausgelegt, während die etwas nichtssagende Lenkung eher Pragmatiker anspricht. Unsere Empfehlung beim Gebrauchtwagenkauf: Auf ein Modell mit dem optionalen Adaptivfahrwerk (DCC) achten. Es verbessert nicht nur die Fahreigenschaften, sondern sorgt auch dafür, dass der Wagen später wieder etwas besser verkauft werden kann.

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Schnelleres Infotainment, verbessertes Head-up Display

In den letzten Jahren hat Volkswagen seine Infotainment-Systeme oft “verschlimmbessert”. Im Passat B8 (Facelift) verfügte das kleinere „Discover Media“ System noch über echte Knöpfe und Drehregler, während das größere „Discover Pro“ Navigationssystem bereits einen Blick in die Zukunft wagte. Allerdings waren die Reaktionszeiten des Touchscreens oft mäßig und die Spracheingabe unzuverlässig. Mit dem Generationswechsel zum B9 konnte zumindest die Bediengeschwindigkeit des nun immer 12,9 Zoll großen Infotainmentsystems erhöht werden, die Menüführung ist logischer gestaltet und der neue Sprachassistent IDA in der Theorie schlauer. Dass sich dies in der Praxis nicht immer bestätigt, zeigte auch unser aktueller Test zum ID.7.

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Der neue Automatikwahlhebel, der sich jetzt an der Lenksäule statt in der Mittelkonsole befindet, wurde ebenfalls von den vollelektrischen ID-Fahrzeugen übernommen. Diese Neuerung empfanden wir auch nach zwei Testwochen wenig intuitiv – ebenso wenig überzeugte uns der Wegfall des echten Wischerhebels, dessen Funktionen nun über einen kleinen Stellhebel am linken Ausleger eingestellt werden. Immerhin blieben die echten Lenkradtasten erhalten und vielleicht eine der wichtigsten Änderungen im Cockpit: Es gibt im Passat B9 endlich ein vollwertiges Head-up Display, das seine Informationen nicht auf ein Plastikscheibchen, sondern in die Frontscheibe projiziert. Obschon der neue Passat ergonomisch sinnvoll eingerichtet ist und auch über bequeme ergoComfort-Sitze verfügt – die höhenverstellbare Mittelarmlehne wurde zum Generationswechsel offensichtlich wegrationalisiert.

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Der Vorgänger-Passat (B8) im Gebrauchtwagen-Check

Ihr seid eher auf der Suche nach einem gebrauchten VW Passat? Dann lohnt es sich tatsächlich, einen intensiveren Blick auf die Vorgänger-Generation B8 zu werfen. Dieser wurde zwischen 2014 und 2023 mit verschiedenen Benzin- und Dieselmotoren sowie als GTE Plug-in Hybrid angeboten. Ein großes Facelift Mitte 2019 brachte Detailverbesserungen bei Technik und Antrieb. Während unser Vergleichsfahrzeug aus dem Jahr 2018 mit knapp 100.000 Kilometern Laufleistung noch nichts von der Welt gesehen hat, sind 200.000 Kilometer und mehr für den B8 auf dem Gebrauchtwagenmarkt eher die Regel.

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Der TÜV bemängelt über die Baujahre hinweg überdurchschnittlich oft verschlissene Stoßdämpfer, Federn, Ölundichtigkeiten sowie Fehler bei den Assistenzsystemen. Gerade die mechanischen Probleme sind vor allem auf die intensive Nutzung der Fahrzeuge und ihre hohen Kilometerlaufleistungen zurückzuführen, weniger auf die generelle Qualität des B8. VW Passat Variant 2.0 TDI nach dem Facelift 2019 mit nachvollziehbarer Historie, unter 150.000 Kilometern Laufleistung und zumindest ausgestattet mit dem Business-Paket und LED-Hauptscheinwerfer, beginnen bei AutoScout24 bei rund 15.000 Euro.

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Fazit

Auf eine weitere Million! Der neue VW Passat B9 ist in vielen Bereichen tatsächlich besser als sein direkter Vorgänger. Viel hängt jedoch von der richtigen Motorenwahl ab. Während der 1.5 TSIe ein effizienter Motor ist, fehlt ihm die nötige Kraft, um den rund 1,7 Tonnen schweren Passat souverän anzutreiben. Im direkten Vergleich würden wir weiterhin den 150 PS starken 2.0 TDI aus dem Vorgänger-Passat vorziehen – allerdings muss man bereit sein, für den Selbstzünder tief in die Tasche zu greifen. Das stellenweise (weiterhin) durchwachsene Bedienkonzept und die schnell eskalierenden Preise sind am Ende die größten Schwachstellen des neuen Passat Variant. (Bilder: tv)

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Geschrieben von: Thomas Vogelhuber

Thomas ist seit März 2019 leitender Redakteur des AutoScout24 Magazins. Als Petrolhead und faszinierter Youngtimer-Liebhaber ist er vorzugsweise auf alpinen Routen unterwegs, lässt aber mittlerweile auch die Ladekarte der Redaktion mächtig glühen.

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