Ost-Auto begegnet West-Auto. Und manchmal kommt es zum Eklat.
Deren Sohn hatte die Angewohnheit, gelegentlich aus dem Fond der Westkalesche überholten Ostfahrzeugführern huldvoll wie die Queen mit dem Handrücken zuzuwinken. Richtig peinlich wurde es allerdings erst auf jener Fernverkehrsstraße an die Küste, unabhängig von der Staatszugehörigkeit, sondern vielmehr abhängig von einer hormonell bedingten Übergangsphase namens Pubertät.
Diesmal kam es zu einem wiederholt wechselseitigen Überholvorgang zwischen Ost und West. Wie schnell klar wurde, wegen eines Mädchens im anderen Auto, das ebenfalls im Begriff zu sein schien, die Kindheit abzulegen. Während sich die Mitpubertierende offenbar durch die Kasperei bei Tempo 60 bestens unterhalten fühlte, wäre ich vor Scham am liebsten im aufgeheizt muffigen Lederimitat versunken.
Zum Glück bogen die anderen bald ab, trennten sich die Wege auf Nimmerwiedersehen, aber ich hätte in diesem schweren Moment schwören können, dass mich die soeben erlittene Peinlichkeit ein Leben lang begleiten würde. Nie wieder würde ich unbeschwert an die Ostsee reisen können. Dachte ich.
Stimmte nicht. Ich war neulich erst wieder da. Auf Usedom, nur ein paar Kilometer von Ahlbeck entfernt. Kein Problem. Keine Zwangsstörung. Mal abgesehen vom morgendlichen Drang, sich Sonnencreme auf die Haut zu schmieren. Fast hätte man annehmen können, ich wollte mich dadurch unsichtbar machen. Ich glaube allerdings, eine solche Interpretation würde kein Psychologe der Welt gelten lassen. Oder vielleicht doch?