KTM-Pierer übernimmt deutschen Autozulieferer Leoni
Die übrigen Aktionäre gehen im Zuge des Kapitalschnitts, der bereits erwartet worden war, leer aus. Die Banken und Schuldscheingläubiger können darauf hoffen, nach der Sanierung einen Teil des Geldes wieder zurückzubekommen. Die Gremien der Gläubigerbanken und die Bundesländer Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, sowie der Bund als Bürgen müssen noch zustimmen. Leoni wäre damit bis Ende 2026 gerettet. Die bayerische Firma ist ein hochverschuldeter Kabel- und Bordnetzspezialist und braucht schon länger dringend frisches Geld. Der Umsatz belief sich 2022 auf 5,1 Mrd. Euro.
“Bei diesem Sanierungskonzept handelt es sich aus Sicht des Vorstandes um die einzige verbleibende Sanierungslösung”, hieß es in der Mitteilung. Die Verhandlungen mit Pierer und den Gläubigern seien fortgeschritten, mit einer Einigung sei kurzfristig zu rechnen.
Die Pierer-Holding hat ihren Anteil an Leoni über die vergangenen Jahre stetig gesteigert. Nach der Übernahme von zehn Prozent der Anteile vor etwa zwei Jahren wollte Stefan Pierer die Restrukturierung beschleunigen. “Ich plane dort als Ankerinvestor schon eine aktive Rolle”, sagte Pierer damals der “Automobilwoche”. “Es gibt ja bisher keinen Kerninvestor bei Leoni, und börsennotierte Unternehmen ohne Kerninvestor sind manchmal schwer zu steuern.” Eine Übernahme weiterer Anteile, wie es dann auch kam, schloss er nicht aus. Eine Komplettübernahme hatte Pierer im März 2021 aber noch offen gelassen: “Dafür ist es noch zu früh.”
Leoni stellt Kabel- und Netzwerklösungen für die Autoindustrie her, darunter Kabelbäume. Ein Teilverkauf, der 400 Millionen Euro in die Kassa spülen und maßgeblich zur Entschuldung beitragen sollte, war Ende vergangenen Jahres geplatzt. Das Unternehmen betont, dass es sein Geschäftsmodell für solide hält und der Grund für die Schieflage vor allem in der hohen Schuldenlast zu suchen sei.
Operativer Gewinn
Stefan Pierer
Für das Geschäftsjahr 2023 erwartete Leoni bei einer erfolgreichen Refinanzierung – die nun Pierer durchzieht – einen Umsatz von rund 5,5 Mrd. Euro, ein Ebit vor Sondereffekten im hohen zweistelligen Millionenbereich und einen ausgeglichenen Free Cashflow, der allerdings nach Finanzierungskosten auch 2023 erheblich negativ sein werde. “Die im Jahr 2022 gezeigte operative Entwicklung reicht trotz der Fortschritte nicht aus, um die Zinsen und Leasingsaufwände zu tragen”, erklärte Leoni bei der Vorlage der Geschäftszahlen fürs vorige Jahr.
Leoni-Vorstandschef Aldo Kamper nahm zuletzt mitten in der Sanierung überraschend den Hut. Der 52-jährige Niederländer verlässt das Unternehmen Ende März, war dort seit 2018 Chef. Nachfolger wurde noch keiner bekannt.
Der Pierer-Holding gehört auch die Mehrheit am Motorrad-Hersteller Pierer Mobility (“KTM”), am Rennsport-Zulieferer Pankl Racing sowie am weiteren deutschen Autozulieferer SHW.