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Dienstag Special: Die seltsame Fixierung auf „Reichweite“.

Die seltsame Fixierung bei Elektrofahrzeugen auf die Reichweite

Hand aufs Herz: als Elektrofahrzeuge noch eine klitzekleine Nische waren, hat es Sie da interessiert, wie weit ihr normaler Verbrenner mit einer Tankfüllung kommt? Vermutlich nur, wenn sie häufig große Distanzen fahren mussten. Da blickte man dann – so wie ich – auf den Kilometerzähler und freute sich, dass man von München bis Hamburg kam, ohne nachtanken zu müssen (Diesel). Nachtanken zwischendurch wäre im übrigen kein Thema gewesen, denn man musste ohnehin mindestens 3–4 Mal auf diese Distanz eine Pinkel- und Kaffee-Pause machen. Tanken hingegen wollte man deshalb nicht, weil der Literpreis auf der Autobahn zu allen Zeiten unverschämt teuer war und immer noch ist.

dienstag special: die seltsame fixierung auf „reichweite“.

Sechs potente Elektrolimousinen im Reichweitentest bei cawow: Porsche, Tesla, Polestar, BMW, BYD und Mercedes-Benz müssen zeigen, wie effizient sie sind.

Der Stromer und die Reichweite

Zwischenzeitlich fuhr ich den ersten Mercedes SLK (Benziner). Der war ohnehin ein Alptraum für die schnell gefahrene Langestrecke und der Tank mit gerade mal 53 Litern tatsächlich schon knapp bemessen. Bei einem Durchschnittsverbrauch von um die 10 Liter waren die 500 Kilometer Reichweite bereits eine gigantische Umstellung zum vorherigen Diesel. Und nun die Stromer. Wer einen mit opulenter 100 kWh-Batterie hat, der kommt auf 500 Kilometer Reichweite und mehr – aber nur mit „Streichelgasfuß“.

Aber man muss doch ohnehin auf die Toilette

Wer große Distanzen mit dem Stromer zurücklegt und sich arrangiert hat mit der Ladeweile, der tickt ohnehin anders. Während einer Kaffeepause lädt man eben nach – vorausgesetzt der Stromer verträgt eine hohe Ladeleistung und die Schnellladesäulen sind grad frei. Für Tesla-Fahrer kaum ein Problem. Und dann sind da die Preise fürs Schnellladen. Wer das nur gelegentlich benötigt, der zahlt eine ganze Menge für die kWh – dann wird Stromerfahren unter Umständen sogar teuerer als Dieselfahren. Die Autobahn oder Schnellladeparks dort vermeiden? Keine gute Idee, wenn man irgendwann mal ankommen will.

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Der Porsche schlägt sie bei der Reichweite alle. Er verfügt aber auch über die größte Batteriekapazität …

500 Kilometer ist die untere Grenze

Geht man mit der selben Einstellung an einen Stromer heran, wie an den früheren Diesel, dann sind 500 Kilometer Reichweite schon recht wenig (freilich nicht, wenn man täglich nur pendelt und zudem über eine heimische Wallbox verfügt). Erschwerend kommt dann auch die Ladeweile hinzu die nur bei den Premium- und Oberklasse-Stromern einigermaßen erträglich ist. Man wartet halt nicht gerne als Ottonormalfahrer.

carwow vergleicht mal wieder

Mat Watson von carwow hat mal wieder aktuelle Stromer verglichen. Es ist beruhigend, dass es Youtuber gibt, die den Stromer todesmutig komplett leer bis zum Stillstand fahren – dann muss man es nichts selbst ausprobieren. Die Ergebnisse am Ende des fast 50 Minuten langen Vergleichs sind eindrucksvoll, wenngleich nicht so „wissenschaftlich“ und akribisch wie die der skandinavischen Autoportale. Aber man sieht, dass vor allem die Modellpflege der älteren Modelle (Porsche, Polestar, Tesla) und die Neuerscheinungen der letzten Monate und Jahre (Mercedes-Benz, BYD und BMW) dafür gesorgt haben, dass die Durchschnittsreichweite zugenommen hat. Leider schaffen nicht alle Probanden die 500-Kilometer-Schallmauer zu durchbrechen.

dienstag special: die seltsame fixierung auf „reichweite“.

… weshalb der Zuffenhausener Stromer beim Effizienzvergleich wieder mal als Letzter durchs Ziel geht. Weiterhin (in diesem Testumfeld) ungeschlagen: das Tesla Model 3.

Reichweite ≠ Effizienz

Dabei sollte man darauf hinweisen, dass eine hohe Reichweite der Stromer nicht unbedingt auf eine große Effizienz hinweist. Denn die Netto-Batteriekapazitäten unterscheiden sich erheblich. Die größte Kapazität weist der Porsche Taycan Plus in diesem Testfeld auf, die kleinste das Tesla Model 3 Long Range (Highland). Mit anderen Worten, die Effizienz des Tesla ist weiterhin – zumindest in diesem Testfeld – unerreicht. Selbst der superwindschlüpfrige Mercedes-Benz EQE 300 kann hier nicht Punkten. Er landet sogar hinter dem Polestar LR Single Motor. Und der ist ob seiner Kantigkeit tatsächlich keine aerodynamische Offenbarung.

Und noch etwas fällt auf

Während fast gesamte Testfeld nur aus Single-Motor-Fahrzeugen besteht, wartet der Tesla mit Dualmotor- und Allrad-Antrieb auf. Was ein weiteres schlechtes Licht auf die Wettbewerber hinsichtlich Effizienz wirft. Andererseits muss man auch auf dem sprichwörtlichen Teppich bleiben. Der schlechteste Wettbwerber verbraucht in dieser Konfiguration 3,57 kWh mehr als der Tesla. Das sind pro 100 Kilometer dann bei 35 ct/kWh 1,25 Euro mehr. Das ist nicht mal ein Liter Diesel an der Tankstelle und in der Praxis angesichts der Anschaffungspreise der Stromer komplett zu vernachlässigen …

Text: Bernd Maier-Leppla
Fotos: Tesla, Porsche, Polestar, BYD, Mercedes-Benz, BMW

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