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Die 2024 BMW i7 M70 xDrive Limousine im Test!

Selten wollte ich bei einem Auto so wenig hinter dem Lenkrad sitzen, wie in der 2024 BMW i7 M70 xDrive Limousine. Woran das liegt, lest ihr im Test.

BMW i7 M70 xDrive: Mehr geht nicht!

Was für ein Auftritt, Leute. Ein Blickfang. Mehr geht nicht. Selbst beim Lack des BMW i7 M70 xDrive-Testwagen ist Endstation angesagt. Unfassbare 19.110 Euro stehen dafür am Preisschild. Unsereins würde damit 1,5 Jahre lang Miete zahlen, 12-mal auf Urlaub fahren oder sich einen Gebrauchtwagen kaufen. Die Diplomaten und CEOs da draußen schauen beim Bestellen – falls sie dies selbst tun – wohl bloß auf ihre Patek Philippe, Breitling oder Cartier und denken sich: „Eine weitere Investition“. Vielleicht denken sie auch gar nicht und kreuzen einfach an was ihnen gefällt? Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Und so kommt es, dass ich diese Liquid Copper genannte Zweifarblackierung grundsätzlich sehr feiere, mir jedoch wünschte, sie ginge weniger ins braune und stattdessen mehr ins Goldene, also Edlere. Einen Kratzer darin möchte ich mir so oder so nicht ausmalen. Dann müsste der i7 wohl für eine umfangreiche Neulackierung zurück ins Werk nach Dingolfing. Wie sich dieser Fakt wohl auf die Versicherung auswirkt? Und die 19.110 Euro rücken fast schon in den Hintergrund, blickt man auf die 28.000 Euro, die die Finanz den Diplomaten und CEOs für den i7 M70 xDrive als Mehrwertsteuer mindestens abnimmt. Beim 228.000 Euro teuren Testwagen sind es gar mehr als 38.000 Euro! Immerhin liegt die NoVA, dank Elektroantrieb, bei null Prozent.

Aber wie kann es eigentlich sein, dass ich so einen Luxusschlitten nicht fahren will?

Hier heißt es: „ich sitz hinten!“

Weder die Angst vor Kratzern noch die Außenlänge oder der E-Antrieb sind der Grund dafür. Vielmehr liegt es am Executive Paket, dem Executive Lounge Paket und dem Bowers & Wilkins Diamond Surround Sound System, das dem Test-i7 innewohnt. Diese zusammen mehr als 17.000 Euro an Sonderausstattung (immer noch weniger als die Lackierung!) machen aus der Luxuslimousine ein mobiles Entertainment-Center. Dann nämlich lassen sich die belüfteten Einzelsitze im Fond in die feinste Liegeposition surren, die Muskeln von der Massagefunktion und den integrierten 4D-Sound-Shakern lockern, während die Äuglein unglaubwürdig auf den automatisch aus der Decke herabklappenden 8K-Touchscreen im Format 32:9 blicken und das Hirn zusätzlich durch die Ohren hinweg von 32 Lautsprechern und 1.965 Watt beschallt werden. Einzig eine 230-Volt-Steckdose vermisse ich, damit auch Spielekonsolen oder leistungsstarke Notebooks genügend Saft bekommen.

Ich weiß nicht, wie ich euch dieses Erlebnis beschreiben soll. Jedenfalls ist es so einmalig, dass ich ungern vorne Platz nehme, im i7. Hier könnte ich es mit Leichtigkeit von Wien bis Lissabon, Palermo oder Oslo ohne Pause aushalten und eine Doku nach der anderen bingen. Da können alle anderen Fahrzeughersteller einpacken. So etwas sucht man anderswo bislang vergebens und wäre ich in der Position, ich würde diese drei Optionen, ohne zu zögern, ankreuzen.

Sollen sich andere, zum Beispiel der dann benötigte Chauffeur, an 659 PS und 1.015 Nm maximalem Drehmoment, die den 2,7-Tonner in kranken 3,7 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h wuchten, erfreuen. Ich will nur in die zweite Reihe. Wer einen Chauffeur hat, könnte sich auch die 1.512 Euro für die Automatik-Türen sparen. Die streut BMW gefühlt nur so drüber, über den i7, weil sie es können. Also versteht mich nicht falsch, es ist schon geil, wenn die Türen von allein auf Knopfdruck auf- und zugehen (bis 10° Fahrzeugnick- & -wankwinkel). Als nicht-privilegierter Mensch habe ich aber auch kein Problem damit die Türe selbst aufzumachen. Hier möchte ich BMW sogleich einen Verbesserungsvorschlag ans Herz legen: Lasst die Türen über den Seitenschweller hinweg gehen, sodass dieser immer sauber bleibt. Denn jedes Mal so auszusteigen, dass die Hosenbeine nicht am dreckigen Schweller streifen, muss geübt werden. Von voluminösen Ball- oder Hochzeitskleidern möchte ich gar nicht erst sprechen. Und dass meine Finger beim Öffnen des Kofferraums schmutzig werden, erfüllt auch nicht meine Erwartungen an ein Luxusklasse-Fahrzeug.

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Photo © Raphael Gürth/autofilou.at

BMW i7: Luxusklasse in der 1. Reihe?

Die erste Reihe ist, salopp gesagt, leider nichts Besonderes. Wer einmal in einem Mercedes-Benz mit Hyperscreen Platzgenommen hat, wird hier gelangweilt. Die beiden nebeneinander platzierten Monitore für Fahrerinformation und – dem weiterhin viel zu verschachtelten – Infotainment gibt es so halt nicht nur in sämtlichen anderen BMW-Modellen sondern auch in vielen anderen Fahrzeugen wie zum Beispiel dem Peugeot E-3008. Klar, die „exklusive Glasapplikation CraftedClarity“ – Kristallglas für die beiden Sitzverstellschalter in den Türen, den BMW-Controller, Fahrstufenschalter und Lautstärkeregler in der Mittelkonsole als auch den Start-/Stopp-Knopf – ist wirklich schick, doch wirkt sie wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Davon bräuchte es meiner Meinung nach mehr, damit der i7 auch vorne sein Geld wert ist und sich von EQS, A8 und Co. absetzt. Das Gebläse ist, selbst auf „sehr leise“ gestellt, bis 30 km/h dauerpräsent und der Dachrolloantrieb als auch die Sitzverstellungsmotoren zu laut. Über die „Stoffsitze“ darf hingegen nicht geschimpft werden, sprechen wir hier schließlich von einer Merino-Woll-Kaschmirkombination. Dagegen wirkt jedes Leder „kalt“ und billig. Für „sich fallen lassen“, könnte ich mir nichts Besseres vorstellen. Nur einen Waschsauger müsste ich meinem Chauffeur dann wohl zur Verfügung stellen, damit er die Chips- und Schokoladenreste aus dem feinen Garn herausbekommt.

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Photo © Christoph Adamek/autofilou.at

BMW i7 M70: Smooth Operator

Eine Frage, die mir von mehreren Leuten gestellt wurde: Warum muss der Vorderwagen so lange sein? Tatsächlich wusste ich zuerst keine Antwort darauf, bis mir einfiel, dass es den 7er ja auch mit Verbrenner-Antrieben gibt. Mitunter deshalb läuft auch durch den vollelektrischen 7er leider ein Kardantunnel. Frunk, also vorderen Kofferraum, gibt es trotz der schieren Größe nicht. Die Ladekabel müssen also auch in diesem E-Auto in den 500 Liter fassenden Kofferraum. Erfreulich: Es gibt zumindest eine Skidurchreiche.

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Den E-Antrieb sehe ich dennoch aus mehreren Gründen als die beste Antriebsform. Einer dieser Gründe: Er ist mit Sicherheit die laufruhigste Variante. Schließlich werden 8- oder gar 12-Zylinder-Benziner nicht mehr angeboten. Mir soll der Elektroantrieb nur recht sein. Ich würde mich auch mit dem deutlich günstigeren BMW i7 eDrive50 (455 PS; 5,5 s/0–100 km/h) begnügen. Hauptsache es geht ruhig zur Sache. Die M70 xDrive Motorisierung ist nur für die sprichwörtliche dicke Hose wichtig. So viel Leistung ist auf diese Größe und 2,7 Tonnen Leergewicht (nach DIN) loszulassen, ist nahezu unverschämt. Das geht so vehement vorwärts, dass es fast schon unglaubwürdig ist. Ohne Elektromobilität wäre sowas nicht möglich. 1.100 Newtonmeter aus dem Stand weg. Schier unvorstellbar. Braucht kein Mensch, ist aber freilich ultimativ geil. Rekuperation und Bremsen funktionieren tadellos.

Mit der Größe, also vor allem der Länge (5,39 m), hatte ich tatsächlich weniger Kopfzerbrechen als mit dem 520d (5,06 m) von neulich. Woran das genau liegt, kann ich nicht sagen. Vermutlich bloß Kopfsache. Ohne die serienmäßige Integral-Aktivlenkung – eine Allradlenkung, die den Wendekreisdurchmesser von 13,1 auf 12,3 Meter verkleinert – hätte BMW den Testwagen wohl selbst abholen müssen, denn aus so mancher Garage wäre ich sonst nicht mehr entkommen.

Die Sache mit dem Verbrauch

Nun müssen wir noch darüber sprechen, wo es – zumindest mich – wieder drückt: Beim Thema Verbrauch. Mag schon sein, dass es den gewöhnlichen i7-Käufer oder auch bloß -Fahrer herzlich wenig interessiert. Doch ich stelle mir hier erneut – wie schon bei meinem Bericht zum EQS als auch EQS SUV – die Frage, ob es OK ist, so eine schwere Batterie mitzuschleppen, wenn sie vielleicht nur an wenigen Ausfahrten im Jahr benötigt wird. Und dann wird sie hier von einer Karosse umgeben, die es mit der Aerodynamik nicht so genau nimmt. Der cW-Wert für den BMW i7 M60 xDrive liegt bei 0,26. Zum Vergleich: Das oftmals als böse betitelte SUV BMW iX M60 kommt auf denselben Wert, der i5 M60 auf 0,25.

Niedrige Autobahn-Verbräuche und dementsprechend hohe -Reichweiten, sind hier nur möglich, wenn alle Bedingungen (Temperatur, Windrichtung & -geschwindigkeit, trockene Fahrbahn, usw.) stimmen. Gemittelt über sieben Autobahn-Fahrten bei um die 10 °C Außentemperatur und mehr als 1.000 gefahrenen Kilometern, lag der Verbrauch bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 104,8 km/h bei 28,0 kWh/100 km. Bei 101,7 netto nutzbaren kWh Akkukapazität ergibt sich daraus eine Autobahnreichweite (100–0 %) von knapp 360 Kilometer bzw. zwischen zwei Ladevorgängen (80–10 %) von etwa 250 Kilometer. Der Stadtverbrauch lag während meines Tests bei 32–34 kWh/100 Kilometer.

Immerhin können sich die Laderoutenplanung und die Ladekurve sehen lassen. Erstere ist seit längerem hervorragend. Von Ladestationsanbieter, über Ladeleistung bis hin zu gewünschtem Kapazitätsstand bei Ankunft an der Säule als auch am Ziel, hier sind viele Freiheiten gegeben. Hervorheben möchte ich auch die BMW App, die ich tatsächlich als die aktuell beste Smartphone-App bezeichnen würde. Nicht nur, dass sämtliche Fahrten und Ladevorgänge aufgezeichnet werden, sie zeigt auch Ladekurven an. Hier hätte ich auch wieder einen Wunsch an BMW: Bitte lasst mich auch das Fahrtenbuch exportieren, nicht nur die Ladevorgänge.

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Screenshot © Raphael Gürth/autofilou.at

Am DC-Schnelllader muss sich der i7 hinter EQS und Model S einreihen. Mit 33 Minuten und 18 Sekunden unterbot der i7 im Test zwar die Werksangabe von 34 Minuten, doch EQS (30 min.) und vor allem Model S (27 min.) waren deutlich schneller.

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Ladeleistung über Ladezeit

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Ladeleistung über SoC

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i7 vs. EQS vs. Model S

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Image © Raphael Gürth/autofilou.at

So viel kostet ein BMW i7 M70

Bei Luxusprodukten redet man eigentlich nicht über den Preis. Entweder man hat das Geld oder nicht. Grundsätzlich sitzt man derzeit im neuen BMW i7 eDrive50 ab 114.804 Euro oder rund 1.300 Euro Leasingrate pro Monat bei vier Jahren Laufzeit und 15.000 Kilometern pro Jahr. Mein i7 M60 startet derzeit bei 167.508 Euro bzw. 1.900 Euro monatlicher Leasingrate. Der Testwagen selbst kommt auf stolze 228.124 Euro.

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Der Kaufpreis im Verhältnis zur Reichweite | Picture © autofilou.at

Fazit

Was für ein Auto – in alle Richtungen. Egal ob positiv oder negativ, der BMW i7 M70 xDrive ist der Haifisch im Becken. Er schwimmt nicht einfach bloß mit, er gibt das Tempo vor. Das kann sich einerseits sehen lassen – in Richtung Luxusfeatures, Smartphone App, Fahrleistung, Laderouten-Features und Co. – andererseits darf es hinterfragt werden – vor allem bei Gewicht, Verbrauch & Reichweite sowie Außenlänge. Für mein grünes Gewissen müsste der i7 jedenfalls 500 Kilogramm an Gewicht und damit auch an Verbrauch verlieren. Danke an BMW Österreich für die Woche mit diesem Luxuswagen.

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