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BMW iX5 Hydrogen: Stromern mit Wasserstoff

BMW testet mit 100 Prototypen das Marktpotenzial für E-Autos mit Brennstoffzelle. Der iX5 beeindruckt, das Wasserstofftankstellennetz nicht.

Da steht er, angeliefert aus Garching, in unserer kleinen Straße und dampft sonor und voller Inbrunst für etliche Sekunden in den kalten Wintermorgen hinein. Wie Darth Vader, aber im Gegensatz zum Star Wars-Protagonisten mit seiner bedrohlich tiefen Lungenatmung hat der BMW iX5 Hydrogen ausschließlich Gutes im Sinn: Er will weiterhin Freude am Fahren vermitteln ohne die Umwelt und das Klima mit schädlichen Emissionen zu belasten. Denn er stößt maximal Wasserdampf aus, kommt mit dem Inhalt seiner Tanks deutlich weiter als heute die meisten Batterieautos und braucht auf der Fernstrecke keine lange Ladepausen.

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Technische Daten

Länge/Breite/Höhe (in mm): 4.935 / 2.004 / 1.755;Gewicht: 2460 kg;Antriebsleistung: 295 kW oder 401 PS;max. Drehmoment: 710 Nm;Höchstgeschwindigkeit: 185 km/h;Tankvolumen: 6 Kilogramm;Verbrauch (WLTP-Norm): 1,19 kg/100 km;
Reichweite (WLTP-Norm): 504 Kilometer.

Auch wenn der iX5 Hydrogen nur ein Prototyp ist – BMW hat für eine Pilotflotte gerade einmal 100 Fahrzeuge gebaut – so beeindruckt uns der Testwagen während des Alltagstests mit seinem hohen Reifegrad. Der Brennstoffzellen-SUV fährt ruhig und behände dahin, beschleunigt bei Bedarf kräftig – eben wie ein Elektroauto. Nur dass der Antriebsstrom hier nicht wie im BMW iX (Reichweite 610 Kilometer) in einem knapp 109 kWh großen und entsprechend schweren Lithium-Ionen-Akku gespeichert wird, sondern unterwegs in einer Brennstoffzelle durch eine chemische Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff entsteht – mit bis zu 10 Liter Wasser auf 100 Kilometer als Abfallstoff.

Auto sorgt für Gesprächsstoff

Während unserer einwöchigen Testfahrt im Dezember arbeitete unser perlmuttweißer BMW iX5 mit den blauen Auspuffrohren – aus denen gelegentlich weißer Wasserdampf quoll – absolut störungsfrei. Der auffällig folierte 2,4-Tonner sorgte trotzdem für eine Menge Gesprächsstoff: Wasserstoff bleibt beim Auto ein Gesprächsthema. Über unser Testfahrzeug kamen wir mit vielen unterschiedlichen Personen ins Gespräch, vom Tankstellenbetreiber und über einen Galeristen bis hin zu „einfachen“ Autofahrern. Jeder, zeigte sich dabei, hat eine klare Meinung zum Wasserstoff-Antrieb. Nicht selten hieß es, man sei zum Umstieg auf Wasserstoff bereit – sehe aber ein Versagen der Politik beim Aufbau des Tankstellenetzes. Eine Kritik, der wir uns nach der Testfahrt anschließen müssen. Dazu später mehr.

bmw ix5 hydrogen: stromern mit wasserstoff

Prototyp Der BMW iX5 ist äußerlich vom Schwestermodell mit Benzin- oder Dieselmotor nicht zu unterscheiden. Die Bayern haben die Fahrzeuge der Pilotserie deshalb mit Folien an den Flanken deutlich kenntlich gemacht. Fotos: Roeder

Aber zunächst mussten wir uns erst einmal mit dem Fahrzeug vertraut machen. Und der Blick auf das Datenblatt nötigt schon einmal Respekt ab. Neben der Brennstoffzelle mit 125 kW, der derzeit stärksten im Pkw-Bereich, verfügt der iX5 Hydrogen über eine eigens für dieses Fahrzeug entwickelte Lithium-Ionen-Batterie mit kleiner Kapazität (2,5 kWh), aber sehr hoher Leistung (170kW). Diese einzigartige Kombination mit einer Gesamtleistung von über 400 kW und einem maximalen Drehmoment (im Boost) von 710 Newtonmetern beschleunigt den 2,4 Tonner in weniger als sechs Sekunden auf Tempo 100.

Kälte verringert Reichweite kaum

Durch die spezielle Auslegung des Brennstoffzellensystems, bei dem es keinen Unterschied zwischen Spitzen- und Dauerleistung gibt, kann die Höchstgeschwindigkeit von 185 km/h dauerhaft gehalten werden. Kurzfristig sind sogar 205 km/h drin. Zu empfehlen ist das gleichwohl nicht. Denn Vollgas frisst Reichweite – wie bei jedem Fahrzeug. Statt nach 500 Kilometern muss dann deutlich früher eine Tankstelle aufgesucht werden, um die beiden, zusammen sechs Kilogramm fassenden Hochdruck-Tanks mit Wasserstoff wiederzubefüllen.

Was ebenfalls positiv aufffiel: Minusgrade hingegen schrecken den ix5 Hydrogen überhaupt nicht, kosten auch kaum Reichweite. Denn wenn im Winter das Fahrzeug ständig geheizt werden muss, nutzt das Wasserstofffahrzeug einfach die Abwärme der Brennstoffzelle, erklärt uns bei der Rückgabe der Boss der Wasserstoff-Aktivitäten bei BMW, Jürgen Guldner. Ein Batterieauto hingegen muss die Wärme für das Wohlbefinden von Passagieren und auch des Akkus mithilfe eines Wärmetauschers oder eines elektrischen Zusatzheizers gewinnen und die dafür erforderliche Energie aus der Batterie holen. Das kann den Stromverbrauch bei Minustemperaturen auf der Kurzstrecke um bis zu 50 Prozent erhöhen und die Reichweite bei einigen Modellen in gleicher Größenordnung reduzieren, hat der ADAC ermittelt.

Bescheidenes Tankstellen-Angebot

Ansonsten bietet der iX5 Hydrogen das gleiche Platzangebot und dank Luftfederfahrwerk auch den gleichen Fahrkomfort wie ein benzingetriebener X5. Die in Kooperation mit Toyota entwickelte Brennstoffzellentechnik ist nur so groß wie ein Dreizylinder-Verbrennungsmotor, wiegt rund 180 Kilogramm – und passt somit problemlos in den Motorraum des X5, in dem sonst ein Sechszylinder werkelt.

bmw ix5 hydrogen: stromern mit wasserstoff

Elektrisch – nur anders Jürgen Guldner leitet die Wasserstoff-Aktivitäten der BMW Group und ist ein großer Fan des Brennstoffzelleantriebs. Foto: BMW

Nein, der BMW iX5 Hydrogen ist ein beeindruckendes Fahrzeug. Was den Fahrspaß allerdings trübt, ist die stete Sorge, am Ende der Tour keine Wasserstoff-Tanke zu finden. Denn es gibt noch immer viel zu wenige Zapfsäulen. In Deutschland kann derzeit an 88 Stellen Wasserstoff mit 700 bar getankt werden, zeigt die Live-App von H2 Mobility, vier weitere sind im Probebetrieb. Die Situation ist also nach wie vor bescheiden, um nicht zu sagen mangelhaft.

Wenn von drei Tanksäulen im Raum Stuttgart wie während unseres Testzeitraums zwei defekt sind – eine für schlappe fünf Tage, die andere für knapp zwei Tage, ist das indiskutabel. Lediglich die erste Wasserstofftankstelle Baden-Württembergs am Flughafen Stuttgart war jederzeit tankbereit. „Bevor der Wasserstoff funktioniert, funktionieren die Waschmaschinen an den Tankstellen“, spöttelte ein Passant, mit dem wir hier bei einem Tankvorgang ins Gespräch kamen.

Serienproduktion ab 2027?

BMW-Mann Guldner lässt sich dadurch nicht entmutigen. Auch nicht von der ewigen Effizienzdebatte der Batterie-Fraktion. Selbst mäßige chemische und physikalische Kenntnisse, entgegnet er, reichten aus, um verstehen zu können, dass überschüssige Elektrizität – wie sie in Hochzeiten von Sonne, Wind oder Wasser anfällt – ungenutzt verpufft. Es sei denn, man wandelt sie in Wasserstoff um. Allein in Deutschland würden derzeit zehn Prozent der Strommengen schlicht „weggeworfen“, weil es für sie zum Zeitpunkt der Erzeugung keine Abnehmer gibt – und keine Speicher, um die Energie aufzunehmen.

Wasserstoff hingegen lässt sich in gasförmigem Zustand lagern und kann über entsprechend ausgelegte Erdgasleitungen auch über große Entfernungen transportieren werden. Beispielsweise aus Ländern und Regionen, die mit der Kraft der Sonne, des Windes und Wassers große Überschüsse an Energie produzieren. Es spricht also so einiges für den wasserstoffbasierten Brennstoffzellenantrieb. Nicht nur die kurzen Tankzeiten von drei bis vier Minuten.

BMW ist jedenfalls entschlossen, an der Technik festzuhalten und in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts ein Serienauto mit Brennstoffzellentechnik anzubieten – Partner Toyota will bis dahin die dritte Generation seines Systems fertig haben. Und bis dahin sinkt dann hoffentlich auch der Wasserstoff-Preis: Aktuell kostet das Kilo in Deutschland 15,25 Euro, eine Tankfüllung des iX5 Hydrogen mithin 91,50 Euro. Dafür gäbe es eine Menge Kilowattstunden an der Ladesäule: Zumindest in dem Punkt geht die Rechnung aktuell noch nicht auf.

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