Finanzen

Wirtschaft

Wirtschafts-nachrichten

Generation Nummer 5 steht bereits in den Startlöchern

Das heutige Autohaus Förster kann auf eine hundertjährige Firmengeschichte zurückblicken. Es ist der älteste Handwerks- und Familienbetrieb in Lauta.

generation nummer 5 steht bereits in den startlöchern

Sind stolz auf die 100-jährige Tradition ihres Familienbetriebes: Firmen-Chef Hubert Förster (v.l.), sein Vater Kurt Förster und sein Sohn Stephan Förster, der in diesen Tagen die Geschäftsführung des Autohauses Förster in Lauta übernimmt. © Foto: Ralf Grunert

Lauta. Wer an einer Nähmaschine etwas zu reparieren hatte oder ein neues Modell erwerben wollte, der kam um die Firma Förster in Lauta nicht herum. Das galt auch für Kinderwagen und Fahrräder, ehe Mopeds und Autos hinzukamen. Genau ein Jahrhundert ist es her, dass der aus Schlesien stammende Paul Förster in Lautawerk seinen Handwerksbetrieb gründete.

Das Gebäude an der Straße nach Lauta Dorf, in dem das geschah, existiert noch heute, als kleiner Teil eines größeren Komplexes, der inzwischen zu einem Autohaus mit Werkstätten ausgewachsen ist. Und wenn erst der 37-jährige Stephan Förster die Geschäftsführung übernimmt, was in diesen Tagen geschehen soll, wird das Unternehmen in vierter Generation betrieben. So etwas gibt es nicht noch mal in Lauta. Hubert Förster, der kurz vor seinem 60. Geburtstag die Geschäftsführung aus der Hand gibt und in die zweite Reihe rückt, bezeichnet das Autohaus als ältesten noch existierenden Handwerksbetrieb in Lauta. Seit 1923 ist er immer am selben Standort zu finden.

Tankstelle gehörte zum Betrieb

Hundert Jahre sind eine lange Zeit. Einen Großteil davon hat Kurt Förster erlebt. Der 92-jährige Sohn des Firmengründers, der selbst im Büro der Firma zur Welt kam, erinnert sich zum Beispiel daran, dass die ursprüngliche Steinbaracke im Jahr 1938 aufgestockt wurde. „Zuvor haben die Eltern zwischen Ersatzteilen gewohnt.“ Zu diesem Zeitpunkt war das Unternehmen bereits in den Vertrieb von Autos eingestiegen. Auch eine Tankstelle wurde betrieben. Es gab Sprit der Marken Shell und Aral. „Aral war das teurere Benzin“, weiß Kurt Förster noch ganz genau. 1,20 Reichsmark kostete der Liter. Und wenn in der Nacht jemand geklingelt hat und tanken wollte, sei die Mutter aufgesprungen und zur Tür geeilt. „Damit der Kunde nicht wegfährt.“ Es wurde möglichst alles möglich gemacht. Das ging bis hin zum Führerschein. „Wenn wir ein Auto verkauft haben, dann hatten wir auch einen Fahrschullehrer vor Ort.“ Der kam aus Torno, erzählt Kurt Förster.

Autohandel und Werkstattservice

Im Jahr 1938 erfolgte nicht nur die Aufstockung der Steinbaracke, es wurde auch ein Werkstattgebäude errichtet, das noch heute genutzt wird. Um Platz für die Erweiterung des Firmengeländes zu schaffen, wurde vom Bauern ein Stück Land gekauft. Der Bedarf war da, hatten sich doch Autohandel und Werkstattservice zum Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit entwickelt, ehe der gesamte Betrieb mangels Personal in den Kriegsjahren eingestellt wurde. Nach dem Krieg nutzte die Sowjetarmee die Dienste des Handwerksbetriebes Förster. Ersatzteilprobleme waren allgegenwärtig, meint Kurt Förster zurückblickend. Der heute 92-Jährige hat das Geschäft 1964 von seinem erkrankten Vater übernommen. Er spricht von Fahrten zu den Fahrzeugherstellern nach Chemnitz, Zschopau und Eisenach, um Ersatzteile zu beschaffen, aber auch davon, dass sich die Unternehmen in Lauta gegenseitig unterstützt haben.

Da der Verkauf von Autos und Motorrädern zu DDR-Zeiten nur über den staatlichen IFA-Vertrieb mit seinen Wartezeiten von zehn Jahren und mehr erfolgte, fand das Autohaus Förster seine Nische im Kundendienst. „In den 1960er-Jahren haben wir aufgehört, Fahrräder und Kinderwagen zu reparieren. Es gab keinen Bedarf mehr“, schildert Kurt Förster. Dafür kamen nun Fahrzeugbesitzer selbst aus Cottbus nach Lauta, um den Service in Anspruch zu nehmen. Schon zu dieser Zeit setzte das Autohaus auf den Nachwuchs. „Wir haben Lehrlinge ausgebildet, darunter viele aus Lauta, Hosena und Bernsdorf.“ Auch der heutige Noch-Firmenchef Hubert Förster ging diesen Weg. 1979 begann er seine Lehre im Familienbetrieb. 1983 hatte er ausgelernt und den Meisterbrief 1986 in der Tasche. Dass ihm in der Kindheit die Werkstatt als Spielplatz diente, erzählt er wie selbstverständlich. Schmunzelnd berichtet er vom Schabernack, den er getrieben hat. Gern drehte er Ventile aus Fahrrad- und Motorradreifen der Mitarbeiter heraus. Das war für diese nicht immer zum Lachen.

Wie für viele Betriebe war auch für das Autohaus Förster die Wende 1989 ein wichtiger Meilenstein. Alle großen Fahrzeughersteller waren in Ostdeutschland ausgeschwärmt, um sich den neuen Markt zu erschließen. Nicht alle gingen respektvoll mit den Försters um. Deren Wahl fiel schließlich auf die Marke Opel.

Die Eigenständigkeit bewahrt

„Opel war damals das Volksauto. Opel hatte einen Marktanteil von 18 Prozent in Deutschland und höhere Verkaufszahlen als VW“, blickt Hubert Förster zurück. Aber so, wie sich das Familienunternehmen zu DDR-Zeiten nicht von der Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) vereinnahmen lassen hat, drängte nun auch Opel vergeblich auf einen zügigen Neubau nach dem Schema F aus der Schublade und auf die Vergrößerung. Die erfolgte dann zwar in den Folgejahren, allerdings schrittweise und mit einem eigenen Projekt.

Der für die Erweiterung benötigte Kredit, den Vater Kurt nicht mehr bekam, war der Anlass, dass Hubert Förster 1992 das Autohaus übernommen hat. Das 100-jährige Bestehen des Handwerksbetriebes sieht er nun als guten Zeitpunkt, seinem Sohn Stephan die Geschäftsführerschaft zu übertragen. Die Lehre hat der 37-Jährige im Ford-Autohaus Kieschnick in Hoyerswerda erfolgreich absolviert. Weil der Platz eines Altgesellen im heimischen Autohaus im Jahr 2010 freigeworden war, beendete er seinen Wehrdienst und stieg in das Familienunternehmen ein. Sein Meisterbrief datiert im Jahr 2015. Ohne Eile konnte er sich seither auf seine neue Rolle im 13-köpfigen Autohaus-Team vorbereiten. Mit der Geschäftsführerschaft werde sich nicht viel ändern, sagt er selbstbewusst, außer der Name im Briefkopf und Handelsregister.

Stephan Förster setzt die Tradition des Familienbetriebes nun also in vierter Generation fort. Sein Stiefsohn Mario beginnt am 1. August seine Lehre. Damit besteht durchaus Aussicht auf Generation Nr. 5.Zuvor wird allerdings erst einmal das 100-jährige Bestehen gefeiert. Geschehen soll das am Samstag, dem 1. Juli von 10 bis 16 Uhr auf dem Betriebsgelände mit Hüpfburg, Musik, Bierwagen und Grill. Besucher sind zum Mitfeiern willkommen!

TOP STORIES

Top List in the World