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UAW landet einen Coup in Chattanooga

uaw landet einen coup in chattanooga

Eine Mitarbeiterin von Volkswagen feiert, nachdem die Beschäftigten am Freitag für den Beitritt zur UAW-Gewerkschaft gestimmt haben.

Es war lange wie eine Gesetzmäßigkeit: In südlichen amerikanischen Bundesstaaten sind Gewerkschaften außen vor. Dies war ein maßgeblicher Grund, warum in diesen Regionen in den vergangenen Jahrzehnten so viele Autofabriken gebaut worden sind. Die deutschen Hersteller Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz haben sich hier niedergelassen, ebenso wie viele japanische Wettbewerber. Ohne organisierte Mitbestimmung lebt es sich leichter, so dürfte die Überlegung gewesen sein – auch unter den deutschen Autobauern, für die gewerkschaftliche Präsenz in der Heimat etwas völlig Selbstverständliches ist.

Umso mehr ist es ein Coup für die Autogewerkschaft UAW, dass jetzt eine überwältigende Mehrheit der Mitarbeiter im VW-Werk in Chattanooga dafür gestimmt hat, künftig von ihr vertreten zu werden. Nach zwei erfolglosen Versuchen in den vergangenen Jahren gelang der Gewerkschaft nun, was lange außer Reichweite schien. Und sie kann daraus Hoffnung auf eine breitere Bewegung schöpfen. VW könnte ein Türöffner bei anderen Herstellern sein: Schon in wenigen Wochen ist eine Abstimmung bei Mercedes-Benz angesetzt.

Bislang war im Süden der USA die Auffassung weit verbreitet, dass Gewerkschaften mehr schaden als nützen. So haben auch viele Lokalpolitiker vor der VW-Abstimmung warnend argumentiert. Aber offenbar hat es bei den VW-Mitarbeitern in Chattanooga gewaltige Begehrlichkeiten geweckt, als sie gesehen haben, wieviel die UAW im vergangenen Herbst in der jüngsten Tarifrunde mit US-Herstellern wie General Motors und Ford nach mehrwöchigen Streiks herausholen konnte. Auch jenseits der Autoindustrie haben Gewerkschaften Unternehmen zuletzt erhebliche Zugeständnisse abgerungen, zum Beispiel in der Unterhaltungsindustrie in Hollywood, wo es im vergangenen Jahr ebenfalls längere Streiks gab.

VW und womöglich bald auch andere Hersteller wie Mercedes-Benz müssen sich nun in den USA auf eine neue Realität einstellen. Sie stehen einer aggressiven Gewerkschaft gegenüber, die mit schärferer Klassenkampfrhetorik taktiert als es in Deutschland üblich ist und die im Moment vor Selbstbewusstsein nur so strotzt. UAW-Präsident Shawn Fain sagte nach der Tarifrunde im Herbst stolz, er habe von den Unternehmen „jede letzte Zehncentmünze herausgepresst“. Das klingt nicht nach konstruktivem Miteinander. Auf die deutschen Hersteller könnten in den USA erbitterte Arbeitskämpfe zukommen.

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