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Elektroautos: Diese Modelle westlicher Marken trifft der Strafzoll gegen China

Ab Freitag gelten vorläufige EU-Strafzölle gegen Elektroautos aus China. Davon betroffen sein werden aber vor allem Modelle westlicher Marken, die in der Volksrepublik gebaut werden. Ein Überblick.

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Elektroautos: Diese Modelle westlicher Marken trifft der Strafzoll gegen China

Die Europäische Union führt die angedrohten Strafzölle auf chinesische Elektroautos ein. Ab diesem Freitag müssen die Lieferanten vorläufig Geld zurücklegen – für den Fall, dass die Zölle im November endgültig beschlossen werden. Damit möchte die EU-Kommission aufstrebende Konkurrenten der europäischen Autoindustrie abwehren, die nach ihrer Ansicht unfair subventioniert werden. Zugleich könnte sie jedoch den Erfolg von Elektroautos ausbremsen, denn der hängt stark von günstiger Produktion in China ab. Betroffen wären auch Pkw europäischer oder amerikanischer Unternehmen, die in der Volksrepublik Pkw für den europäischen Markt bauen.

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Diese machten bisher den größten Teil der E-Auto-Lieferungen made in China nach Europa aus, hat die Umweltorganisation »Transport & Environment« analysiert. Die chinesischen Marken selbst haben sich auf dem europäischen Markt noch kaum etabliert. Marktführer BYD versucht das gerade zu ändern, auch als Sponsor der Fußball-EM. Jetzt kommen die Zölle dazwischen.

Dabei trifft es BYD noch vergleichsweise glimpflich als eine von drei untersuchten Firmen: Der Batteriespezialist muss 17,4 Prozent Aufschlag berechnen – zusätzlich zu den ohnehin geltenden 10 Prozent EU-Einfuhrzoll. Für die anderen untersuchten Firmen gelten Aufschläge von 19,9 Prozent (Geely) und 37,6 Prozent (SAIC). Alle übrigen müssen sehen, ob sich der Handel mit dem Durchschnittssatz von 20,8 Prozent noch lohnt.

Das gilt etwa für Tesla, jahrelang der größte Lieferant chinesischer Elektroautos nach Europa. Seit der US-Konzern 2022 sein Werk in Brandenburg eröffnete, ist dieser Strom etwas geschrumpft. Doch made in Germany gibt es nur ein einziges Tesla-Modell, das SUV Model Y. Der Mittelklassewagen und frühere Tesla-Bestseller Model 3 spielt inzwischen eine untergeordnete Rolle und könnte noch mehr an Bedeutung verlieren. Er wird weiterhin in Shanghai produziert.

Chinesische E-Autos werden vor allem als Preisbrecher gefürchtet – oder ersehnt. Von Verkaufspreisen unter 10.000 Euro wie in China können europäische Interessenten bislang aber nur träumen, und die Zölle dürften den Tag hinauszögern, an dem der Traum nahe scheint.

Mit Abstand das günstigste Modell ist bisher der Dacia Spring mit einem Einstiegspreis von 16.900 Euro in der einfachsten Version. Das Modell der rumänischen Renault-Tochtermarke ist der zweite große Posten in der chinesisch-europäischen E-Auto-Handelsbilanz. Ironischerweise gehört Renault-Chef Luca de Meo, der auch den Branchenverband ACEA führt, zu den wenigen Fürsprechern einer Anti-China-Strategie in der Autoindustrie. Nun bekommt er Schutz für den Aufbau einer Produktion von 25.000-Euro-Autos wie dem elektrischen R5 in Frankreich – gegen Dumping von Dacia, aus dem eigenen Haus.

Auch BMW zählt zu den großen chinesischen E-Auto-Exporteuren mit Ziel Europa. Das SUV iX3 wird exklusiv im BMW-Brilliance-Werk Shenyang gefertigt, der größten Fabrik des Konzerns weltweit. Sollte der Export dieses Modells nicht mehr konkurrenzfähig sein, könnten die Bayern das wohl verschmerzen. In den ersten fünf Monaten 2024 wurden in Deutschland 1579 Exemplare des iX3 neu zugelassen, andere Elektromodelle von BMW aus deutscher Produktion sind inzwischen wichtiger. Vergeltungsmaßnahmen jedoch würden den Konzern empfindlich treffen. Mit 40 Prozent Absatz in China ist BMW abhängiger von der Volksrepublik als andere westliche Hersteller.

Zur Unzeit kommt der Handelsstreit für die BMW-Tochter Mini, deren neue Generation mit dem elektrischen Cooper SE chinesischer ist als zuvor: gebaut vom Partner Great Wall Motor in Zhangjiagang in der Provinz Jiangsu, auf der Plattform von dessen Modell Ora 03. Die ersten Exemplare kamen im Mai nach Deutschland, kurz darauf gehen die Zollschranken runter.

Ein ähnliches Projekt, und ein ähnliches Problem hat Mercedes-Benz mit der Marke Smart. Die wurde in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem chinesischen Großaktionär Geely eingebracht. Der 2023 in Europa eingeführte Smart #1 hatte immerhin etwas mehr Zeit, sich strafzollfrei im Straßenbild zu etablieren. Inzwischen folgte mit dem Coupé #3 noch ein zweites Modell aus Xi’an.

Zu Geely gehört eine ganze Palette von Automarken, einige davon mit europäischer Herkunft. Auch wenn die Autos aus chinesischen Werken stammen, werden sie doch noch zumeist als europäisch wahrgenommen. Geely lässt sie auch weiterhin in Europa designen und entwickeln, profitiert für den Markterfolg von den eingeführten Markennamen und zugleich der günstigen Produktion in China – bisher jedenfalls. Volvo ist das bekannteste Beispiel. Das Modell EX30 ist ein Schwede aus Zhangjiakou. Das erste vollelektrische SUV der Marke, gelobt als günstigstes Angebot unter den Premiumwettbewerbern, kam gerade zum Jahreswechsel auf den Markt. Kurz zuvor hatte der deutsche Staat überraschend seine Kaufprämie gestoppt, nun kommt der Zoll als Hindernis hinzu. Immerhin hat Volvo Ausweichoptionen. Laut Presseberichten verlagert die Firma die Fertigung ins belgische Gent.

Ebenso aus dem Hause Geely ist die einst als reine Elektroschwester von Volvo ausgegründete Marke Polestar. Die Modelle 2 und 3 kommen bislang aus chinesischer Produktion. Ein Werk in South Carolina soll ab dem Spätsommer auch Polestar 3 made in USA für den amerikanischen und europäischen Markt liefern. Die USA langen mit 100 Prozent Strafzoll auf chinesische Elektroautos noch heftiger zu als die EU.

Mit Geelys Strategie vergleichen könnte man noch SAIC: Der chinesische Staatskonzern aus Shanghai zählt zu den traditionellen Autoriesen, groß geworden auch dank jahrzehntelanger Kooperation mit Volkswagen. Nun beabsichtigt er selbst zum Global Player aufzusteigen und nutzt dafür die 2007 von der Resterampe übernommene britische Traditionsmarke MG (ursprünglich: Morris Garages). MG-Modelle sind bisher die erfolgreichsten chinesischen Elektroautos in Europa, mit einem Anteil von fast fünf Prozent am Elektromarkt (in Deutschland allerdings nur 0,7 Prozent). In Großbritannien setzt SAIC Milliarden um – wohl auch, weil der Markenname MG dort noch klingt. Aktuell ist vor allem der Kompaktwagen MG4 als Herausforderer des VW Golf im Kommen. Der MG-Sonderzoll von 37,6 Prozent könnte das in der EU ändern.

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