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Chinesischer Autobauer Nio öffnet Zentrum für autonomes Fahren

chinesischer autobauer nio öffnet zentrum für autonomes fahren

Applaus und Konfetti zum Star: Nio eröffnet ein Smart Driving Technology Center in Schönefeld.

Seit 2020 ist der chinesische E-Auto-Bauer Nio in Europa aktiv, 2021 kam sein erstes Modell ES8 auf den Markt. In diesem Sommer soll es gleich sechs neue Modelle von Nio geben, darunter der EL6. Nios-Motto lautet „From Europe to you“, heißt es bei der Eröffnungsfeier. Schönefeld, eines von fünf Zentren in Europa, habe man gewählt, wegen seiner Nähe zum BER, zu Berlin mit seinen Hochschulen und der relativen Nähe zum Lausitzring, auf dem autonome Fahren getestet werden kann, erklärt Nio auf die Frage des KURIERs.

Auf der Bühne des „Smart Driving Technology Centers“ in Schönefeld steht der ET5 Touring, ein großes, SUV-ähnliches Modell. Auffällig sind die Kameras und Panels für Sensoren und Radar – sie bilden quasi die Augen des Autos. Mit dem Lidar-Sensor sieht es bis zu 500 Meter weit in die Straßen, 11 Kameras und 5 Radarsensoren unterstützen es dabei. Damit soll eines Tages auch vollautonomes Fahren ganz ohne Fahrer möglich sein, noch verharrt das Autonomie-Level allerdings bei Nio auf Stufe 2, ganz ohne Fahrer geht es erst ab Level 5.

Während Tesla, der große Konkurrent aus den USA, nur auf Kameras setzt, bevorzugen die Chinesen das Laser-Lidar-System des chinesischen Herstellers Seyond und demonstrieren auch gleich dessen Vorzüge, wenn es bei starkem Regen und 50 km/h ein plötzliches Hindernis erkennt und den Nio automatisch vor ihm abbremst, während die kamerageführten Autos zu spät oder gar nicht reagierten.

Anders als andere Anbieter, wie die Google-Schwesterfirma Waymo, beteuerte Tesla-Chef Elon Musk immer wieder, er wolle nur Kameras einsetzen und auf die teureren Laser-Radare verzichten, die die Umgebung von Fahrzeugen abtasten. Dieser Ansatz ist bei Fachleuten umstritten. In der Vergangenheit kam es unter anderem zu Unfällen, nachdem „Autopilot“-Kameras von der Sonne geblendet wurden – während die Fahrer sich zu sehr auf die Technik verließen. Und der Autopilot ist mit Abstand die wichtigste Entwicklung im Tesla und anderen E-Auto-Modellen.

chinesischer autobauer nio öffnet zentrum für autonomes fahren

Das Technik-Zentrum von oben. Nio präsentiert hier zum Start seine aktuellen Modelle.

Ein anderes Prinzip hat Nio offenbar von Tesla übernommen: Statt die Batterie des Elektroautos aufzuladen, tauscht Nio diese einfach aus, an automatischen Tausch-Stationen, genannt „Nio Power Stations“. Das geht schneller als das Schnellladen, erfordert aber ein komplettes Netz an speziellen Tausch-Stationen. Das „Prinzip Postkutsche“, nennen das die Kritiker, mit Batterietausch statt Pferdetausch. Tesla hatte das Prinzip früher in Kalifornien getestet und als zu teuer und aufwändig verworfen.

Nun sind die Stückzahlen chinesischer E-Autos von Herstellern wie BYD, Xpeng oder Nio in Deutschland noch sehr überschaubar – aber sie steigen. Laut dem Kraftfahrtbundesamt wuchs 2023 die Zahl der neu zugelassenen Fahrzeuge aus China im Vergleich zu 2022 um fast 50 Prozent. Zahlenmäßig lagen chinesische Autos mit 33.699 Stück jedoch weit hinter der Konkurrenz aus anderen Ländern. Auch unter den Top fünf Importmarken fand sich keine aus China. In Deutschland kämpfen Chinas Marken auch noch gegen ihr Billig-Image. Doch in China spürt der Marktführer Tesla bereits die Konkurrenz durch die günstigeren Modelle chinesischer Hersteller.

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Auf dem Dach eines Nios sitzen rechts und links Kameras, in der Mitte die Lidar-Einheit. Weitere Kameras befinden sich hinten und an den Seiten.

Im Januar und Februar dieses Jahres lieferte China rund 75.600 E-Autos in die EU, ein Rückgang von rund 20 Prozent. Der deutsche E-Auto-Markt schwächelt seit Anfang des Jahres, abgewürgt von einer zu dünnen Ladestruktur und plötzlich gestoppten Subventionen für die Käufer. Auch fehlt es an klaren Bekenntnissen der europäischen Hersteller zur elektrischen Zukunft des Autos. Hier sehen die chinesischen Hersteller offenbar eine Lücke, die sie nutzen können.

Stephan Worch vom Wirtschaftsministerium Brandenburg freut sich über Nios Neuansiedlung in Schönefeld, er kündigt in seinem Grußwort an, man wolle Brandenburg zur Batterie-Region ausbauen. Das Tesla-Werk in Grünheide würde weitere Unternehmen anziehen, erklärt er. Tesla feiert kurz danach am Montag den Spatenstich für ein neues Batteriespeicher-Werk – allerdings nicht in Brandenburg, sondern in Wittenberg, Sachsen-Anhalt.â–

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