Bosch plant eine Milliarden-Investition in das strategisch wichtige Halbleitergeschäft für die Elektromobilität. In den USA will Bosch Teile des Geschäfts des Chipherstellers TSI Semiconductors aus Roseville im US-Bundesstaat Kalifornien übernehmen – und die dortige Produktion auf SiC-Chips umrüsten.
TSI Semiconductors hat zurzeit 250 Beschäftigte und ist ein Fertigungsbetrieb, eine sogenannte Foundry, für anwendungsspezifische integrierte Schaltungen (ASICs). Der Standort in Roseville besteht seit 1984. Das Unternehmen entwickelt und produziert aktuell „in hohen Volumen“ überwiegend Halbleiter auf 200-Millimeter-Siliziumwafern – unter anderem für Anwendungen in der Mobilitätsbranche, wie Bosch mitteilt. Der deutsche Konzern will nach eigenen Angaben in den kommenden Jahren mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar (rund 1,46 Milliarden Euro) in den Standort investieren und die Fertigungsstätten von TSI Semiconductors umrüsten. Ab 2026 sollen dort erste Halbleiter auf 200-mm-Wafern auf Basis von Siliziumkarbid (SiC) produziert werden.
Zum künftigen Produktionsvolumen macht das Unternehmen noch keine Angaben. In der Mitteilung von Bosch heißt es eher allgemein, dass man sein weltweites Angebot an SiC-Chips signifikant erweitern wolle. Der Umfang der geplanten Investitionen wird dem Konzern zufolge zudem von den Fördermöglichkeiten des US-amerikanischen „Chips and Science Act“ sowie den wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten im Bundesstaat Kalifornien abhängen.
„Wir freuen uns, dass wir Teil eines global tätigen Technologieunternehmens mit langjähriger Erfahrung im Halbleitergeschäft werden. Mit unserem Standort in Roseville wollen wir zu einem weiteren Standbein für die Fertigung von SiC-Chips von Bosch werden“, wird Oded Tal, CEO bei TSI Semiconductors, in der Bosch-Mitteilung zitiert.
Bosch hat früh in die Entwicklung und Fertigung von SiC-Halbleitern investiert und produziert solche Chips seit 2021 in Reutlingen bei Stuttgart in Serie – und zwar zukünftig ebenfalls auf 200-Millimeter-Wafern. Die Reinraumfläche in Reutlingen will Bosch bis Ende 2025 von zurzeit rund 35.000 Quadratmetern auf mehr als 44.000 Quadratmeter erweitern. Zum Vergleich: In Roseville soll ab 2026 auf Reinraumflächen von rund 10.000 Quadratmetern produziert werden.
Bosch gibt an, in seine Halbleiterfertigungen in Reutlingen und Dresden (dort erfolgt die Fertigung seit Juli 2021) seit der Einführung der 200-Millimeter-Technologie im Jahr 2010 bereits mehr als 2,5 Milliarden Euro investiert zu haben. Hinzu kommen weitere Investitionen in Milliardenhöhe für die Entwicklung der Mikroelektronik. Unabhängig von der jetzt geplanten Investition in den USA, hatte das Unternehmen im Sommer 2022 bekanntgegeben, bis 2026 im Rahmen seines Investitionsplans und mit Hilfe des europäischen Förderprogramms IPCEI Mikroelektronik und Kommunikationstechnologie („Important Project of Common European Interest on Microelectronics and Communication Technologies“) weitere drei Milliarden Euro in sein Halbleitergeschäft in Europa zu investieren.
Auch China spielt in der Strategieplanung Boschs eine große Rolle. Dort werden zwar keine Chips gefertigt. Aber Anfang des Jahres hatte das Unternehmen angekündigt, über mehrere Jahre rund eine Milliarde US-Dollar in die Entwicklung und Fertigung von Komponenten für die Elektromobilität und das automatisierte Fahren in China investieren zu wollen – und dazu in Suzhou ein Zentrum für Forschung, Entwicklung und Fertigung aufzubauen. Dieses soll sich unter anderem auf elektrifizierte Antriebsprodukte mit neuesten SiC-Leistungsmodulen konzentrieren. Dort werden also Exemplare der oben genannten SiC-Chips von Bosch verbaut. Die erste Phase der Errichtung des Zentrums soll bis Mitte 2024 abgeschlossen sein.
Laut Yudong Chen, Präsident von Bosch China, wird der Konzern durch die Investition in Suzhou künftig allen voran „besser auf die sich schnell verändernde und anspruchsvolle Nachfrage des lokalen Marktes reagieren können“. Bosch bleibe seiner Entwicklungsstrategie „local for local“ treu, um seine Wurzeln im lokalen Markt zu vertiefen und Chinas Weg in die zukünftige elektrifizierte und intelligente Mobilität zu unterstützen.
Genau letztere Aussage stieß seinerzeit nicht überall auf Begeisterung. Das „Handelsblatt“ schrieb von einer drohenden einseitigen Abhängigkeit von China. Die Passage im Wortlaut: „Besonders delikat sind die Siliziumkarbid-Leistungsmodule. Bosch baut als einziger Autozulieferer Silizium-Carbid-Chips selbst. (…) Mit Boschs Leistungselektronik werden die chinesischen Hersteller von Elektroautos noch leistungsfähiger und damit dominanter auf ihrem Heimatmarkt als ohnehin schon. Zuletzt verloren deutsche Autobauer gerade bei Elektroautos auf dem chinesischen Markt deutlich an Marktanteilen.“
bosch-presse.de