BMW 5er: Welcher Antrieb darf’s denn sein?
Nackenmuskel gefragt
Dieser ernüchternden Erkenntnis fährt auch der BMW i5 M60 mit Allrad und seinen bis zu 442 Kilowatt Spitzenleistung nicht davon. 600 PS in alter Währung: Die Maßlosigkeit bei der Leistungsentfaltung soll der emotionalen Wahrnehmung auf die Sprünge helfen, entspricht aber letztlich einem kräftigen Tritt in den Hintern, dessen Attraktion sich schnell abnützt; speziell bei Mitreisenden, die ihre Nackenmuskulatur nicht rechtzeitig vorgespannt haben. Freilich gibt es auch die zivilere, serienmäßig auch noch 230 kW starke Variante i5 eDrive40, aber der wiederum fehlt Allradantrieb, was im Feld der Business-Bomber mittlerweile ein fast ebenso großer Makel ist wie das Scheitern an der Standarddistanz Wien–Salzburg, jedenfalls in sorglos absolvierter Manier.
Der Feind des neuen 5er in seinen Elektro-Varianten ist aber nicht die Kälte (oder Hitze im Hochsommer; mögen Batterien auch nicht), sondern ein Aggregat aus der alten Welt, das wir ebenfalls fahren konnten: der Zweiliter-Diesel aus dem Motorenwerk Steyr (aus dem übrigens auch erwähntes Thermomanagement des i5 stammt). Mit Allrad und 48-Volt-Mild-Hybrid-Support eine Kulturform, die vielleicht voreilig abgeschrieben wurde: nicht nur vieler Komfortthemen wegen, wie Laufruhe, schöner Kraftentfaltung mit Achtgang-Automatik, Klangmanieren und sorgenfreier Autonomie, sondern auch und speziell wegen seiner realen Energiebilanz.
Nach den Plänen von BMW soll in Europa jeder zweite 5er ein i5 sein – also rein elektrisch. International sollen es 30 Prozent sein. |
Als Diesel agiler
Wiewohl sich BMW mit einer vergleichsweise kleinen Batterie von 81,2 kWh Nettokapazität beschieden hat, wohl um die Zweieinhalbtonnen nicht zu reißen. Fahrdynamisch ist es schon beeindruckend, wie sich das Auto mit technischer Finesse und viel Materialeinsatz bei Fahrwerk und Bremsen gegen das hohe Gewicht stemmt, aber spätestens bei kurviger Bergabfahrt zeigt der Diesel seinen Gewichtsvorteil unverhüllt, es ist das klar agilere, leichtfüßigere Auto.
Dabei ist die achte 5er-Generation die schwerste bislang, vermochte die Gewichtsspirale also nicht umzudrehen; der Stromer etwa wiegt exakt das Doppelte des ersten 5er von 1973. Nachdem auch die Fünfmetergrenze gefallen ist, ist die Rede vom „kleinen 7er“ nicht ganz irrig. Dem smarten Business-Outfit, als das sich die Baureihe über Jahrzehnte fest etabliert hat, entspricht vor allem das gelungene Styling, der kantige Zuschnitt, der die stattlichen Abmessungen gut kaschiert.
Traditionelle 5er-Freunde werden im Cockpit einiges zu grübeln haben, denn mit der komplett intuitiven Bedienung ist es fürs Erste einmal vorbei. Die hereingerauschte Digitalisierung bringt eine Potenzierung der Möglichkeiten und Features, aber finden muss man das Ganze auch erst einmal. Die erste Reise im neuen 5er dürfte somit in die unendlichen Weiten des Bordmenüs führen.