Ade, ihr Fahrradboten! Ihr wart uns lieber als die monströsen Mopeds
Noch vor Kurzem strampelten sich Fahrradboten ab, als ginge es um ihr Leben. Atemlos durch die Stadt, unter vollem Körpereinsatz, wendig und kreativ in der Suche nach der besten Route. Wind und Wetter trotzend, den Feinden die Stirn bietend, vor allem den rücksichtslosen Taxifahrern – das schweißte zusammen, schuf Mythen, beeinflusste urbane Subkulturen und Kleidungsmoden. „Tempo“, der schnell geschnittene Kultfilm von Stefan Ruzowitzky, setzte ihnen schon 1996 ein cineastisches Denkmal.
Dass man mit seiner Passion Geld verdienen kann, wenn auch unverschämt wenig, machte Kurier- und Zustelldienste zur beliebten Nebenbeschäftigung für sportliche Studenten und zum Einstiegsjob für ausdauernde Zuwanderer (wenn auch kaum Frauen, die Branche blieb männlich dominiert). Die Wurzeln reichen tief: „Wir haben gesiegt!“, rief der Laufbote mit letzter Kraft, nach den 40 Kilometern vom Schlachtfeld bei Marathon bis Athen. Götterbote Hermes bediente sich seiner Flügel an den Schuhen, um Himmel und Erde kommunikativ zu verbinden, und die Engel vieler Religionen taten es ihm gleich.
Das bequeme Fortkommen sei den Fahrern vergönnt. Aber auch uns die Wehmut. |
Vorbei? Wir müssen wohl dankbar sein, dass sich der Botendienst per Körperkraft so lang halten konnte. Seine zweite Chance verdankte er den städtischen Dauerstaus. Wer es eilig hatte, rief nach dem Radl. Erst brachten die Kuriere dringende Akten, dann Disketten, bis das Internet all das erübrigte. Aber eilig haben es auch faule Menschen, die der Hunger quält. Pizza vor die Tür: Diese Verheißung schien flinken Fahrradboten die Zukunft zu sichern.
Von wegen! Motorisierte Riesenhummeln vertreiben sie. Gesteuert werden sie meist von behäbigen, sichtlich unsportlichen Fahrern mit einem erkennbar konträren Berufsethos. Das bequeme Fortkommen sei ihnen vergönnt. Aber auch uns die Wehmut.
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