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1290 Super Duke R gegen Yamaha MT-09

Theorie und Praxis: Kann eine 115 PS starke Mittelklasse-Maschine wie die Yamaha MT-09 ein wahres Power-Monster wie die 1290 Super Duke R wirklich vernaschen?

Mit Erstaunen stellten kürzlich einige Leser fest, dass eine 172 PS starke KTM 1290 Super Duke R, ehrfurchtsvoll „The ­Beast“ genannt, bei MOTORRAD-Durchzugsmessungen von einer Yamaha MT-09 gebügelt wird. Im Klartext: Durchzug 60 auf 100 km/h: 3,3 Sekunden für die MT-09 gegenüber 3,4 Sekunden für die Super Duke. So stand es in den Tests. Vielleicht ein Mess- oder Druckfehler? Korrekt waren die Messungen schon. Zunächst einmal sprechen die tollen Werte für die Yamaha, deren Dreizylinder schon bei niedrigsten Drehzahlen mächtig abzieht. Dazu kommt das niedrige Gewicht, mit 192 Kilogramm auf der MOTORRAD-Waage war die MT-09 rund 21 Kilogramm leichter als die Super Duke R.

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Doch analysieren wir mal eingehender. Die MT-09 ist im letzten Gang auf eine theo­retische Höchstgeschwindigkeit von knapp über 200 km/h übersetzt. Sie dreht bei 60 km/h bereits 2700/min und stellt dabei am Hinterrad eine Zugkraft von über 1000 Newton zur Verfügung. Dagegen ist die KTM auf über 290 km/h Topspeed übersetzt, bei 60 km/h dreht der V-Twin gerade einmal 2000/min und entwickelt weniger Kraft am Hinterrad als die Yamaha. Für den riesigen, kurzhubigen KTM-V2 mit seinen geringen Schwungmassen eine extrem niedrige Drehzahl. Dass er hier überhaupt Vollgas akzeptiert, ist nur dank modernem Ride-by-Wire möglich. In der Praxis wird kein Fahrer seine Maschine derart quälen, da schaltet man zum Durchladen runter.

1290 super duke r gegen yamaha mt-09 Thöle, Gert

Aber warum denn dieses Messprozedere? Dahinter steckt eine Problematik, mit der sich schon Generationen von Testern beschäftigt haben. Eigentlich ist es nicht fair, eine auf fast 300 km/h übersetzte Maschine mit einer auf gut 200 km/h übersetzten zu vergleichen. Andererseits will man ja vergleichbare Werte für alle haben. Zu diesem Thema gab es schon die verschiedensten Lösungsvorschläge. Etwa, das Geschwindigkeitsfenster je nach Leistungskategorie zu verschieben. Oder für jede Maschine ein Drehzahlfenster in Abhängigkeit von der Maximaldrehzahl wählen. Alles keine guten Ideen, weil viel zu kompliziert, nicht vergleichbar und kaum nachvollziehbar. Das Dilemma lässt sich nicht auflösen.

Grundsätzlich stand hinter der Standard-Durchzugsmessung ab 60 km/h die Idee, dass man in der Praxis gern im letzten Gang aus einer Ortschaft beschleunigt. Moderne Maschinen haben mit diesem Spagat von 60 bis 300 km/h ihre liebe Mühe. Zumal ja viele Maschinen heute vorsätzlich lang übersetzt sind, um Drehzahlniveau und Verbrauch zu senken. Übrigens: Wenn die KTM im bis über 200 km/h reichenden vierten Gang beschleunigt wird, liefert sie mehr als doppelt so viel Zugkraft ans Hinterrad.

Man muss also genau hinschauen und die weiteren Fahrleistungsmesswerte betrachten. Denn auch im sechsten Gang kann die KTM kontern: Schaut man das Geschwindigkeitsfenster von 100 bis 140 km/h an, dann liegt sie mit 3,4 zu 4,0 Sekunden klar vorn. Was ja angesichts der Hubraum- und Leistungsdifferenz auch erwartet werden kann. Trotzdem: Tolle Durchzugswerte auf hohem Niveau liefern beide Kandidaten.

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