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Warum es in der IT jetzt auf Kostendisziplin ankommt

In Anbetracht sinkender Margen in der Autoindustrie bleiben die IT-Budgets nicht ungeschoren. Einkaufsmanager und Digitalverantwortliche müssen sich zusammenraufen.

warum es in der it jetzt auf kostendisziplin ankommt

In diesem Jahr müssen Einkäuferinnen und Digitalisierer in den Automotive-Unternehmen in besonderem Maße aufs Geld schauen und überlegen, für welche Innovationen sich Investitionen lohnen. (Bild: JOURNEY STUDIO7 / Adobe Stock)

Komplexe IT-Landschaften sind geradezu dafür geschaffen, unnötig Geld auszugeben. Unternehmen zahlen für Lizenzen oder Funktionalitäten, die sie nur zum Teil oder gar nicht mehr benötigen. Oder für Abo-Modelle, die während der Pandemie sinnvoll waren, etwa für Online-Meetings mit der gesamten Belegschaft. Nun kommen sie aus diesen Verträgen nicht mehr heraus. Ebenso nicht aus zeitbasierten Abrechnungsvereinbarungen im Bereich Managed Services. Diese eröffnen Dienstleistern lukrative Spielräume. Bei dem atemberaubenden Entwicklungstempo der letzten Jahre scheint selbst in der kosteneffizienten Automobilbranche in Sachen IT das Kostenbewusstsein auf der Strecke geblieben zu sein.

Unternehmen hätten in den letzten Jahren so schnell innoviert, transformiert und expandiert, dass ihnen die Zeit und Ruhe dafür gefehlt habe, bei der Beschaffung genauer hinzuschauen oder ältere Kostenstrukturen zu bereinigen, so Stewart Buchanan, Research Vice President im CIO-Team des IT-Analysehauses Gartner. Risikobewertungen? Rentabilitätsvergleiche zwischen Abos und Kauf-Versionen? Oft Fehlanzeige!

Worauf die IT dieses Jahr achten muss

Wenn Geld am falschen Ende ausgegeben wird, fehlt es für Effizienzsteigerungen in Produktionen und Prozessen. Diese haben aufgrund der angespannten Ertragslage absolute Priorität. Auch andere Aufgaben dürfen nicht zurückstehen, etwa die ESG-Berichtspflichten, das Lieferkettengesetz und der CO2-Grenzausgleichsmechanismus. Im Jahr 2025 tritt zudem der neue Automotive-LCA-Standard der UNECE in Kraft. Auch dafür bedarf es neuer Daten- und Dokumentationsprozesse. „Das Geschäftsjahr 2024 sollten die Unternehmen aktiv nutzen, um sich auf die Berichtspflichten vorzubereiten und die eigenen Prozesse und Systeme an die neuen Anforderungen anpassen“, so Richard Zapp, Prokurist für den Bereich Industrials, Mobility & Construction bei der IKB Deutsche Industriebank AG.

Nicht zu vernachlässigen: die Cybersecurity-Performance. Diese befinde sich bei vielen Zulieferern und Dienstleistern immer noch auf einem niedrigen Niveau, warnte kürzlich das CAR-Institute. Mit zunehmender Vernetzung erhöhe sich die Angriffsfläche, unter anderem dann, wenn – wie meistens der Fall – Verbindungen nationale Grenzen überschreiten.

All dies toppt den ohnehin hohen IT-Aufwand. Aus dem neuen Service-Preisspiegel 2024 der IT-Verbundgruppe Synaxon geht hervor, dass Systemhäuser in den letzten Jahren die Preise um insgesamt 14 Prozent angehoben haben. Im Jahr 2023 sei der Preisauftrieb moderat gewesen. Aber im Jahr 2024 beabsichtigten vier von zehn Anbietern ihre Preise um mehr als 10 Prozent zu erhöhen. Laut dem Analysehaus Metrics werden die Tagessätze für IT-System-Engineers im laufenden Jahr in Europa erstmals über 1.000 Euro steigen.

Fehlt dem Einkauf die IT-Kompetenz?

Der Einkauf soll die Budgets optimieren. Idealerweise basiert die Mitwirkung auf klaren Rollenverantwortlichkeiten und Prozessen, vor allem aber auf ihrer rechtzeitigen Einbindung in Beschaffungsprojekte. Auf dieser Basis kann er seinen Mehrwert leisten: schnellere Prozesse, höhere Qualität von Produkten und Services und nicht zuletzt bessere Preise. „Allerdings fällt es Einkäufern häufig schwer, bei allen Themen up to date zu sein. Spezifikationen und Preismetriken ändern sich mit so hoher Geschwindigkeit, dass die Fachabteilungen in der Regel besser Bescheid wissen“, soNiklas Wagener, Principal bei Inverto, der auf Einkauf und Supply-Chain-Management spezialisierten Tochtergesellschaft der Boston Consulting Group. Dies wiederum kratze an der Kompetenz des Einkaufs und schwäche dessen Position.

Hinzu komme, dass viele im Automotive-Bereich bewährte Einkaufstools für den Software-Einkauf noch nicht angepasst seien. Dazu gehörten etwa Should-Costing, also die Ermittlung der Kosten eines Produkts oder einer Dienstleistung durch die Analyse der einzelnen Bestandteile. Oder aber Design to Cost, bei dem ein Kostenmanagement bereits in der Entwicklungsphase einer Anwendung ansetze. Andere klassische Methoden des Einkaufs seien auf den IT-Bereich zwar anwendbar, würden aber nicht durchgängig eingesetzt. Beispielsweise ließen sich Hardwareausstattungen und -spezifikationen nach Nutzergruppen standardisieren und durch Bündelung des Lizenzeinkaufs Volumenrabatte erzielen. Wie im Halbzeuge-Geschäft könnten auch im indirekten Einkauf von Managed-IT mittels Preferred Supplier Pools strategische Lieferantenpartnerschaften aufgebaut werden. Gleiches gelte für Volumenvereinbarungen im Bereich IaaS-Cloud-Services.

Wo die Einsparpotenziale in der IT liegen

Bei den Lizenzen etwa besteht laut Experten ein Einsparpotenzial durch Bedarfsoptimierung im zweistelligen Prozentbereich. „Und Cloud-Infrastrukturservices sind inzwischen so stark ausgereift, dass mit dem richtigen technischen Setup höchste Qualitätsstandards erfüllt werden können“, so Wagener. Hier seien dann eher Kostenvermeidungs- statt Kostenreduktionsstrategien angesagt. In wettbewerbsintensiveren IT-Kategorien bestünden dagegen Optimierungsmöglichkeiten in zweistelliger Größenordnung. Dazu gehörten Hardware, Telekommunikation und Managed Services.

Zudem sollten Möglichkeiten genutzt werden, Lieferanten eng zu steuern. Bestimmte Vertragsklauseln, etwa Step-in rights, versetzen den Auftraggeber in die Lage, bei einer schwachen Dienstleister-Performance selbst in die Prozesse einzugreifen oder Vertragsstrafen bis hin zur Kündigung abzurufen. Wagener: „Mittels Incentivierungsmodellen wie Verträgen mit Vergütungsbestandteilen, die an wichtige Meilensteine und die Servicequalität geknüpft sind, lässt sich die Lieferanten-Performance steigern.“

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