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Schneller, aber auch schlechter

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Schneller, aber auch schlechter

Expressbusse oder eine Abdeckung des gesamten Landkreises? Dieser Streit ist nun um eine Drehung reicher. Derweil dreht der erste große Elektrobus seine Runden durch Erding.

Erding – Angesichts galoppierender Zuschüsse will Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) die Buslinien im Landkreis einbremsen. Er hält Expresslinien zwischen größeren Orten wie Erding, Dorfen, Wartenberg und Taufkirchen für sinnvoller als eine komplette Netzabdeckung im Stundentakt. Denn wer fahre etwa von Dorfen nach Erding, wenn er über eine Stunde unterwegs sei?

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisiert diesen Paradigmenwechsel. Kreisvorsitzender Alfred Schreiber macht die Gegenrechnung auf. Er ist überzeugt: Expresslinien würden dazu führen, dass noch weniger Pendler auf den ÖPNV setzen. Der Landrat, so Schreiber, mache den Fehler, nur die Fahrgäste zu Beginn und am Ende einer Route zu zählen. Aber auch dazwischen finde ein nennenswerter Passagierwechsel statt. Zum Beweis hat Schreiber Passagierdaten erhoben.

So sei der Bus 561 Wartenberg–Erding am 18. Januar um 8.35 Uhr in Bockhorn mit acht Passagieren angekommen. Allein in dieser Gemeinde seien elf weitere zugestiegen. Zwei Tage zuvor sei der Bus mit zwölf Passagieren in Bockhorn angekommen. Im Gemeindegebiet seien 13 weitere zugestiegen.

Auf der Linie 567 Dorfen–Isen-Walpertskirchen–Erding habe er am späten Nachmittag des 8. November 26 Mitfahrer gezählt. Aber nur zwei seien die gesamte Strecke gefahren, für den VCD ein Totschlagskriterium für Express-Busse ohne oder mit kaum Zwischenstopps. Grundsätzlich machen Schnelllinien für Schreiber „nur zwischen größeren Siedlungsschwerpunkten Sinn“. Er verweist auf entsprechende Verbindungen zwischen den Städten Fürstenfeldbruck und Dacha sowie zwischen Dachau und Garching mit seinem TU-Forschungszentrum.

Zudem hat Schreiber festgestellt, dass fast bei jeder Fahrt Kinderwagen, Rollstühle oder Rollatoren mitgenommen würden. Deshalb sind für ihn auch Großraumtaxen keine Alternative.

Auch in der Politik ist das Thema Expressbusse umstritten. Bei der Verabschiedung des Kreishaushaltes erklärte Bayerstorfer, dass es für ihn nicht länger hinnehmbar sei, dass der ÖPNV-Zuschuss jedes Jahr deutlich schneller wachse als die Auslastung der Busse. 6,2 Millionen Euro sind es allein heuer, 4,9 Millionen Euro vergangenes Jahr. Diese Auffassung vertrat auch Georg Els (FW). Für die Grünen sagte Florian Geiger, die Streichung und Hinwendung zu Expressbussen „ist der falsche Weg“. Und Ulla Dieckmann (SPD) meinte: „Es geht beides – Expresslinien und dichte Abdeckung des Landkreises.“

Generell weist der VCD-Sprecher auf ein dichtes ÖPNV-Netz als Forderung auch der Wirtschaft hin. Insbesondere Azubis hätten sonst kaum Chancen, an den Arbeitsplatz zu kommen.

Zudem kritisiert er die mangelhafte Werbung für die Überlandbusse. Fahrplanhefte gehörten viel breiter gestreut. „Voriges Jahr gab es im August gar keine mehr“, so Schreiber. Es habe geheißen, sie seien vergriffen.

Derweil wird der elektrisch betriebene Busverkehr ausgebaut. Bereits seit über einem Jahr setzt das Unternehmen Scharf zwei kleinere E-Busse auf der Linie Therme–Eichenkofen ein. Nun hat der Testbetrieb für einen E-Bus herkömmlicher Größe begonnen. Er soll nach einer Mitteilung des Landratsamtes 55 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Je nach Ladetechnik des Fahrzeugs und der -säulen dauert eine Betankung des MAN Lion’s City 12 zwischen vier und acht Stunden. Der E-Bus hat laut Landratsamt eine Reichweite von etwa 270 Kilometern. Zusätzlich wird diese verlängert, indem bei jedem Bremsvorgang Energie zurückgewonnen wird.

Der Gesetzgeber verpflichtet die ÖPNV-Anbieter dazu, dass bis 2025 etwa 45 Prozent der neu angeschafften Busse emissionsfrei sein müssen, 65 Prozent ab 2026. „Die Zukunft des ÖPNV sind alternative Antriebe, daran führt kein Weg vorbei“, erklärt dazu Bayerstorfer.

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