Auf der wichtigsten Pendlerstrecke der Region gibt es neue Waggons und einen dichteren Takt. Bisher kommt das gut an.
Der junge Mann in dem ockerfarbenen Wollpulli mit den braunen Haaren begrüßt die Fahrgäste im Oberdeck des Regionalexpress 1 mit einem freundlichen „Guten Morgen.“ Er lächelt. Dann geht er weiter. Ein paar der Reisende schauen etwas irritiert. Erst als er geht, erkennt man das Logo der Odeg, der Ostdeutschen Eisenbahn, zwischen seinen Schultern. Nach den Fahrscheinen fragt er nicht. Pendler zwischen Potsdam und Berlin lernen seit dem Fahrplanwechsel am Sonntag einige Neuerungen kennen.
Zum Fahrplanwechsel hat die private Ostdeutsche Eisenbahn (Odeg) den RE1 von der Deutschen Bahn übernommen. Statt bisher zwei sind drei Züge pro Stunde in der Hauptverkehrszeit zwischen Brandenburg/Havel und Frankfurt (Oder) unterwegs. 15 sechsteilige und zwölf vierteilige Züge sind weiß, grün und gelb lackiert auf der Strecke unterwegs und bieten deutlich mehr Platz für die Reisenden. Mit der Taktverdichtung wurde auch eine langjährige Forderung aus Potsdam erfüllt. Denn bisher kamen sich die Reisenden besonders im Berufsverkehr oft ungewollt nahe.
Das Fahrgefühl ist dem ersten Eindruck nach insgesamt gut. Man merkt den Waggons an, dass sie fabrikneu sind. Ein leichter Plastikgeruch kommt sogar durch die FFP2-Maske. Die grauen Sitzpolster mit den grünen, gelben und weißen Strichen sind noch nicht abgewetzt und die zahlreichen Monitore in jedem jedem Waggon informieren über die nächsten Zwischenhalte und die Anschlüsse. Groß gewachsene Menschen sollten allerdings beim Aufstehen aufpassen, damit sie sich nicht an den geneigten Wänden stoßen. Weiterhin weitgehend nutzlos ist die Gepäckablage über den Sitzen, die jetzt noch kleiner ist als bei den Doppelstockwaggons der DB.
Fahrgastverband zufrieden
Ziemlich zufrieden mit dem neuen RE1 ist man beim Fahrgastverband Pro Bahn. „Insgesamt hat sich die Qualität für die Fahrgäste verbessert“, sagt Sprecher Thomas Schirmer. Das gelte nicht nur für den RE1, sondern für das ganze Netz seit dem Fahrplanwechsel am Sonntag. Der Cottbusser ist viel unterwegs auf verschiedenen Regionalbahnlinien in Brandenburg und kennt die Probleme. Vieles habe sich nun verbessert. Auf der wichtigsten Regionalbahnlinie des Landes gebe es nicht nur mehr Kapazität durch mehr Sitzplätze und mehr Fahrten in der Hauptverkehrszeit, sondern die Züge sind auch moderner. „Der RE1 der Odeg ist sozusagen der ICE unter den Regionalzügen“, schwärmt er. An jedem Platz gibt es Steckdosen. Die Sitze sind bequemer.
Tatsächlich ist dieser Fahrplanwechsel anders als die in früheren Jahren: Das Angebot im sogenannten Netz-Elbe-Spree, zu dem die Hauptstadtregion zählt, wurde um 30 Prozent auf 28 Millionen Zugkilometer pro Jahr erweitert. In folge einer Ausschreibung im Jahr 2019 haben Odeg und Deutsche Bahn wichtige Linien getauscht. Die neuen Verträge gelten zwölf Jahre.
Wer Sehnsucht nach Zügen mit roter Lackierung hat, kann auf die Regionalbahnlinie 23 ausweichen. Die wird weiterhin von der Deutschen Bahn betrieben. Im Stundentakt fährt sie von Golm über Potsdams Hauptbahnhof und die Berliner Stadtbahnstrecke zum Flughafen BER. Anders als die Züge des RE1 hält der RB23 auch immer in Potsdam Park Sanssouci, Charlottenhof und Griebnitzsee und eignet sich als Verbindung zwischen den Universitätsstandorten. Jeweils zu Minute 42 fährt der Zug ab Potsdam Hauptbahnhof Richtung Berlin ab.
Ebenfalls neu ist die Streckenführung der Regionalbahnlinie 21. Bisher endeten die Züge aus Potsdam in Wustermark. In der Gegenrichtung wurden sie in der Hauptverkehrszeit bis Berlin Friedrichstraße verlängert. Doch wegen des dichteren Takts des RE1 ist dafür kein Platz mehr. Nun fährt der RB21 stündlich von Potsdam Hauptbahnhof über Golm nach Spandau und Berlin-Gesundbrunnen.