Autos

Fast schon vergessene Kultiviertheit

fast schon vergessene kultiviertheit

Gegen manchen Auswuchs im Hochparterre ist die klassische Limo wie der Audi A8 ein Ausdruck von Diskretion und Dezenz. / Bild: (c) sagmeister_potography

Der Zug zum SUV hat ihr langsam, aber stetig die Kunden abspenstig gemacht: Die klassische Luxuslimousine ist in den letzten 20 Jahren vom prestigeträchtigen Fortbewegungsmittel der oberen Zehntausend zum altmodisch angehauchten Exoten abgestiegen. Größerer Kofferraum, leichter zu beladen, bessere Übersicht, bequemeres Ein- und Aussteigen – man kennt ja die Argumente für die ebenfalls von allen Premiumherstellern erhältlichen Luxus-SUVs.

Aber abgesehen von ihrem immer größer werdenden Imageproblem fahren auch noch genügend weitere Nachteile in der höheren Etage mit. Das beschreibt schon die Physik: Mehr Aufbaubewegungen mit längeren Hebelarmen resultieren in mehr unerwünschten Kräften, die auf Insassen wirken.

Hofknicks

Wie geschmeidig und stabil man in Bodennähe selbst bei hohen Geschwindigkeiten in einem Auto wie dem Audi A8 dahingleitet – man hat es beinahe schon vergessen. Das kann auch der schlaueste Kunstgriff im SUV-Fahrwerk nicht herzaubern. Eine smarte Idee der Audi-Ingenieure, um den Vorteil des bequemeren Einstiegs in die traditionelle Limousine zu bringen, nennt sich “vorausschauendes Aktivfahrwerk”. Neben kamerabasierter Vorkonditionierung und Dämpfer für optimierten Komfort schnellt dieses Fahrwerk beim Öffnen einer Tür in Windeseile rund fünf Zentimeter in die Höhe. Man kennt es vom Linienbus, der Audi macht jedoch nicht nur den Hofknicks zur Seite. Der Kostenpunkt dafür treibt den Kaufpreis auch schnell in die Höh’: 8289,54 Euro. Es ist jedenfalls reizvoll, den kuscheligen Innenraum in bequemer Einstiegshöhe serviert zu bekommen. Das passt gut zum zuvorkommenden Charakter des langen A8.

Im Innenraum des Audi-Flaggschiffs Platz genommen, hat man das Gefühl, schon in einer kleineren und gewiss schlechter ausgestatteten Garçonnière zugegen gewesen zu sein. Highlight ist der Platz rechts hinten in standesgemäßer Vier-Sitz-Konfiguration.

Am attraktivsten ist es dort mit der Sonderausstattung “Ruhesitz”, mit beheizter Fußsohlen- und Rückenmassage sowie elektrischer Verstellbarkeit in alle möglichen Richtungen. Um den Chauffeur muss man sich leider abseits der Aufpreisliste umsehen. Klingt das sehr dekadent? Viele werden das dem Antrieb des 5,30-m-Schiffs unterstellen. Die am besten passende Motorisierung nennt sich 60 TFSI und bedeutet übersetzt: ein mild hybridisierter V8-Benziner. Freunde des Zwölf-Zylinders gehen mittlerweile auch bei Audi leer aus, die Speerspitze ist mit den allerdings mehr als souveränen Fahrleistungen des 460-PS-Achtzylinders erreicht.

Es gibt auch einen 60 TFSI e: einen Sechszylinder-Plug-in-Hybrid. Sogar 462 PS im System. Aber es ist ein bisschen wie mit Vinyl und CD. Der rockig-groovige V8-Vibe wird einfach immer mehr Seele haben als der sterile Hybrid, seien die Fahrleistungen auch vergleichbar. Unzeitgemäßen Durst kann man dem Top-A8 auf keinen Fall vorwerfen. Im “Efficient”-Modus sind Autobahnschnittverbräuche von unter zehn Litern problemlos zu erreichen. Das ergibt mit den knapp 80 Litern Tankinhalt Reisekomfort auf höchstem Niveau.

Vor rund einem Jahr hat der Audi A8 seine “Produktaufwertung”, sprich Halbzeit-Überarbeitung bekommen. Mit etwas mehr Lametta im selbstbewussten Grill und markanteren Scheinwerfern bewegt er sich nun schon langsam in Richtung Ende seines Modellzyklus. Neben den zurzeit aktuelleren Produkten des Mitbewerbs macht sich das Alter des A8 im Cockpit aber sogar positiv bemerkbar. Man wird nicht von riesigen Displays erschlagen, für die wichtigsten Funktionen gibt es Tasten oder zumindest sofort angezeigte Touch-Buttons abseits des dritten Untermenüs. Aber auch eine native Sprachsteuerung ist für die Bedürfnisse der Insassen ganz Ohr.

Für seinen ursprünglichen Einsatzzweck – nämlich mit Kanzlern, Ministern, Entrepreneurs  und Vorstandsvorsitzenden quer durchs Land zu gondeln – gibt es nach wie vor keine geeignetere automobile Alternative. Und das wissen auch Vertreter der Zivilgesellschaft zu schätzen, wenn sich die Gelegenheit ergibt.

TOP STORIES

Top List in the World