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E-Trottinette: Nutzerzahlen schnellen in die Höhe – und Lime schreibt Gewinn

e-trottinette: nutzerzahlen schnellen in die höhe – und lime schreibt gewinn

Gehören in Städten wie Zürich zum Strassenbild: E-Scooter. Ennio Leanza / Keystone

Lange wurden elektrische Scooter als Hoffnungsträger für den klimafreundlichen Verkehr gehandelt. Die batteriebetriebenen Zweiräder galten als Mittel, um Autofahrten durch die Stadt zu ersetzen. Das sollte nicht nur Abgase und CO2 reduzieren, sondern auch Staus.

Doch rasch machte sich Ernüchterung breit. Die mit Milliarden an Wagniskapital ausgestatteten Startups schlugen sich auf dem harten Teer der Städte die Knie auf – oder besser gesagt auf dem holprigen Kopfsteinpflaster. Dieser in Europa weitverbreitete Belag verwandelte die fragilen Gefährte innert Rekordzeit zu Elektroschrott. Und kaum war es Herbst, mussten die Roller ins Depot, weil sich niemand mehr auf die Gefährte mit den winzigen Rädern wagte.

Hinzu kam: Viele Stadtbewohner hatten rasch die Nase voll von zugestellten Trottoirs und rücksichtslosen Fahrern. Eine Volksabstimmung in Paris – lange eine Vorreiterin in der Mikromobilität – führte gar zu einem Verbot der Leihscooter. Kein Wunder, kamen die Scooterfirmen finanziell auf keinen grünen Zweig. Im vergangenen Dezember musste der Anbieter Bird gar Gläubigerschutz beantragen.

Das Jahr 2023 als «Wendepunkt»

Doch nun erklärt die Bird-Konkurrentin Lime aus Kalifornien die erfolglosen Zeiten für beendet. Das vergangene Jahr markiere einen Wendepunkt, sagt der Lime-CEO Wayne Ting in einer Mitteilung zu den Geschäftszahlen 2023. Das gelte nicht nur für sein Unternehmen, sondern für die ganze Branche.

Bereits vor einem halben Jahr hatte Ting dem Magazin «The Verge» gesagt, seine Branche sei zwar mit Leichen von Firmen übersät, «die dieses Geschäft einfach nicht zum Laufen bringen können». Doch das ändere sich nun. Denn eine Sache sei immer klar gewesen, nämlich «dass es eine Nachfrage nach Mikromobilität gibt».

Tings Aussage scheint sich nun zu bestätigen. Lime hat 2023 laut der Mitteilung ein deutliches Wachstum beim Gesamtumsatz und beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) verzeichnet. Damit schaue sein Unternehmen zum zweiten Mal in Folge auf ein profitables Jahr zurück, sagt Ting. Das Unternehmen konnte 150 Millionen Fahrten verbuchen und den Umsatz auf 616 Millionen Dollar steigern.

Deutlich mehr Fahrten in der Schweiz

In der Schweiz blieb Lime 2023 ebenfalls profitabel, wie das Unternehmen schreibt. Im Vergleich zu 2022 stieg die Anzahl Fahrten um über 24 Prozent. Das Unternehmen konnte zudem neue Kundinnen und Kunden gewinnen: Es resultierte ein Zuwachs von 19 Prozent. Der Umsatz in der Schweiz legte laut der Mitteilung gar um 42 Prozent zu.

Die Schweiz ist keine Ausnahme. Lime zählt 42 Städte auf, in denen sich die Zahl der Fahrten im Vergleich zum Vorjahr sogar verdoppelt habe. Trotz aller Kritik gibt es zudem noch immer viele Städte weltweit, die sich für die Mikromobilität öffnen und Ausschreibungen durchführen. Sie erhoffen sich Unterstützung im Kampf gegen schlechte Luftqualität, Staus, fehlende Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz und den Klimawandel. Lime ist dabei offenbar erfolgreich: Man habe über 90 Prozent der globalen Ausschreibungen gewonnen, heisst es.

Lime will den Schwung nun nutzen. Es sollen nicht nur neue Städte erschlossen werden. Das Unternehmen will auch seine Präsenz überall dort erhöhen, wo seine Fahrzeuge bereits im Einsatz sind, und neue Kunden gewinnen. So hat das Unternehmen einen E-Scooter lanciert, auf dem die Nutzer sitzen können – ähnlich einem Velo, einfach ohne Pedale.

Bessere Klimabilanz

Lime und andere Anbieter könnten künftig zudem von einer positiven Entwicklung beim Thema Nachhaltigkeit profitieren. Noch vor zweieinhalb Jahren hatte eine Studie der ETH nachgewiesen, dass geteilte E-Trottinette und E-Bikes die Ökobilanz des Stadtverkehrs nicht etwa verbessern. Sondern verschlechtern. Der Grund: Die E-Trottis ersetzten zur Hauptsache Fahrten, welche die Nutzer ohnehin umweltfreundlich zurückgelegt hätten, etwa zu Fuss oder mit dem Bus. Ein Problem war zudem die kurze Lebensdauer der E-Trottis.

Doch inzwischen hat sich die Situation offenbar verbessert. Eine Studie des deutschen Fraunhofer-Instituts stellte in sechs untersuchten Städten deutliche Fortschritte bei den Betreibern fest, etwa dank robusteren Fahrzeugen. Die Studie kam darum zum Schluss, dass die E-Scooter inzwischen einen positiven Klimaeffekt haben.

Vor allem aber ortet das Papier Potenzial für weitere Verbesserungen: Die Betreiber können die Lebensdauer der Fahrzeuge durch technische Anpassungen weiter verlängern. Und sie können dafür sorgen, dass die Flitzer möglichst mit CO2-freier Energie hergestellt und später fachgerecht rezykliert werden. Werde die Mikromobilität auch noch besser mit dem öffentlichen Verkehr koordiniert, werde das vermehrt Autofahrten ersetzen.

Die Micro-Scooter-Anbieter wittern jedenfalls Morgenluft. Die positiven Geschäftszahlen von Lime waren diese Woche nicht die einzige gute Nachricht für die Branche. Am Donnerstag gab der konkursite Anbieter Bird das Zusammengehen mit einer Konkurrentin und einen Neuanfang bekannt – gerade rechtzeitig zum Beginn der Hochsaison, wie Bird schreibt.

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