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E-Bike-Fahrer vor Sattel-Fest an Pranger gestellt - Warum der Hass?

Ein Plädoyer für ein friedliches Miteinander

E-Bike-Fahrer vor Sattel-Fest an Pranger gestellt – Warum der Hass?

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Fiese Aufkleber: An einigen Stellen in der Stadt werden E-Bike (und deren Nutzer) beleidigt.

Auch beim Sattel-Fest sind Jahr für Jahr mehr E-Bike-Fahrer unterwegs. Nicht alle Fahrer klassischer Räder können und wollen sich damit anfreunden. Unsere Autorin, die mancherorts sogar Hass spürt und sieht, regt das auf.

Hamm/Soest/Welver – Tausende von Hamm bis Soest freuen sich auf das Sattel-Fest an diesem Sonntag. Viele haben sich zum Ziel gesetzt, die gesamte Strecke zu absolvieren und sich angesichts der Anstrengung spätestens in Soest (oder andersherum in Hamm) ein Eis zu gönnen. „Anstrengung? Mit dem E-Bike zu fahren ist doch keine Anstrengung“, erklären dann jene, denen ein wenig Rückenwind die Freude am Fahren zurückbrachte. Die ärgern sich über die in den Städten an Ampelmasten verteilten Aufkleber wie „F*ck E-Bikes“, „Love cycling, but hate E-Bikes“ oder schlicht „Hate E-Bikes“. Was soll das überhaupt?!

Irgendwer, ob Einzelner oder gleich mehrere, haben anscheinend Geld investiert, um jene Aufkleber zu kaufen und in der Stadt zu verteilen. Um jedem, den es interessiert (oder auch nicht), mitzuteilen, was er vom Radfahren mit elektrischer Unterstützung hält: nämlich nichts. Diese Meinung ist eine Meinung und die darf derjenige natürlich haben. Ob er sich beim Kundtun derselben allerdings dieser Art und Weise bedienen muss? Flüche und regelrechte Hass-Bekundungen scheinen hier eher fehl am Platz. Zumal Hass niemals zu etwas Gutem führt.

Wichtig: Unterschied zwischen E-Bike und Pedelec

Aber was ist am „E-Bike fahren ist doch kein Sport“ eigentlich dran? Eins vorweg: E-Bikes sind eigentlich die Räder, die nur mit Versicherungsnachweis zu fahren sind, die eine maximale Geschwindigkeit von 45 km/h erreichen und für die der Fahrer nicht einmal in die Pedale treten muss. Im Grunde also ein optisch einem Rad gleichendes Mofa – ein (Elektro-)Motor-Fahrrad im eigentlichen Sinne.

Den Unmut ziehen allerdings insbesondere die Pedelecs auf sich, die der Einfachheit halber im Volksmund ebenfalls E-Bikes genannt werden. Das sind diese Räder, die mit verschiedenen Unterstützungsstufen dem Fahrer elektrisch beim Treten helfen und bei 25 km/h abgeriegelt werden. Natürlich ist eine schnellere Geschwindigkeit möglich, aber dies dann aus eigener Kraft oder bergab.

Pedelecs sieht man mittlerweile zuhauf im Straßenverkehr. Das könnte heißen, dass es einige Menschen gibt, die das Radfahren für sich (wieder-) entdeckt haben. Und das kann doch eigentlich nur gesund sein, oder?

„Pedelec fahren steigert Fitness und Gesundheit“

Unstrittig ist sicherlich, dass es am gesündesten wäre, ein herkömmliches, gerne auch „Bio-Bike“ genanntes Rad zu fahren. Denn der allgemeine Bewegungsmangel breite sich einer Seuche gleich aus, heißt es vom Sportmediziner Matthias Marquardt, der multimedial für eine sportlichere und gesündere Lebensweise wirbt. Die Folgen des Bewegungsmangels beschreibt er mit klaren Worten: „Fettleber, Depressionen, Übergewicht, Diabetes und eine geringere Lebenserwartung.“

Eben diese Lebenserwartung wieder erhöhen kann aber auch ein jeder, der regelmäßig sein Pedelec (möglichst auf der niedrigsten Unterstützungsstufe) nutzt. Und das gilt auch und gerade für diejenigen mit Vorerkrankungen, die sonst keine Möglichkeit sehen, sich sportlich zu betätigen. Das Fazit einer aktuellen Studie der Leibniz-Universität und der Medizinischen Hochschule Hannover bestätigt: „Pedelec fahren steigert Fitness und Gesundheit.“ Bereits eine tägliche Strecke von 12 bis 15 Kilometern wirke sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System aus und senke zahlreiche gesundheitliche Risiken.

„Mein Auto nutze ich mittlerweile viel seltener“

In ihrer Studie hat sich auch das bestätigt, was von begeisterten Pedelec-Fahrern im Alltag als Argument für ihr Rad genannt wurde: „Ohne die mögliche Unterstützung im Bedarfsfall würde ich nicht so häufig Rad fahren.“ „Ich fahre jetzt viel öfter als früher.“ „Die Arthrose in meinem Knie schmerzte so sehr, dass ich gar nicht mehr geradelt bin.“ „Mit meinem Pedelec fahre ich Strecken, die hätte ich früher nicht geschafft.“ Und nicht zuletzt: „Mein Auto nutze ich mittlerweile viel seltener.“

Grundsätzlich also kein Grund, aufeinander zu schimpfen oder sich gegenseitig gar zu hassen. Besser gemeinsam das Sattel-Fest genießen und im Anschluss zusammen ein Eis essen…

Insgesamt ging die Zahl der Verkehrsunfälle in Hamm im Jahr 2022 zum Glück zurück. Doch es gibt Auffälligkeiten und Veränderungen – und die hat auch mit Pedelecs zu tun. 

Übrigens: Jede Menge Fotos vom Sattel-Fest 2023 – ganz sicher auch von Pedelec-Fahrern – finden Sie bis in den Sonntagabend hinein hier online!

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