Hier oben, in der Abgeschiedenheit der Vulkaneifel, ist man seit jeher gewohnt „groß zu denken.“ Weil alles, oder zumindest fast alles, anders ist als sonst wo. Größer, schöner, schlimmer, gefährlicher, fremder, dunkler. Nein, wir haben nicht nur eine ganz tolle Rennstrecke. Es ist die schönste, die Schwierigste, die Anspruchsvollste überhaupt. Weltweit. Und Tradition natürlich. Selbstverständlich. Die haben wir auch. Zugegeben, andere nicht minder. Der örtliche Fußballclub etwa. Der St.-Hubertus-Schützenverein. Oder die katholische Landfrauenvereinigung. Aber eine Rennstrecke, die in drei Jahren Hundert wird? Nein, sowas haben nur wir hier oben in der Eifel.
Sieht so das Paradies aus? Hier im nüchternen Fahrerhimmel. Für die gerade dem Rotzlöffel- Alter entsprungenen Haudraufs der vielzitierten „Generation Z“? Die mit dem ersten eigenen Mopped? Zwischen Abi und Ersti. Die noch nicht wissen, was sie alles erwartet. Die von Work-Life-Balance und Dreitage-Woche schwadronieren beim Einstellungsgespräch. Oder für die, die sie großgezogen, genährt haben. Die ausgestiegen sind. Raus aus dem Hamsterrad. Keinen Bock mehr auf Tretmühle. Biker-Kombi statt Schlips. Werkzeugset statt Aktentasche. Endlich den Traum von Jahren und Jahrzehnten leben.
Händchen haltend laufen die Silverager im abgewetzten Nietenanzug, verliebt wie in der Penne vor dem ersten Kuss, durch die nicht enden wollende Kulisse der prächtigen Maschinen. Flanieren, gucken, staunen. Vergessen die Zeit. Fachsimplen mit Gleichgesinnten. Eine eigene wunderbare Biker-Welt in der Eifel an diesem Tag. An einem Ort, der gelebte Einzigartigkeit ist. Vergessen sind die News von n-24.de, die am laufenden Band auf uns hernieder prasseln. Kriege, Revolutionen, Börsencrashs. KI und Bitcoins. Das Sagen haben der Ratschensatz und der Drehmomentschlüssel.
Und dann endlich geht es los. Wird Anlassen wörtlich genommen. Ein nicht enden wollendes Hupkonzert schwingt sich auf einer grandiosen Tonleiter empor in den Eifel-Himmel. Dort, wo schon immer alles anders war. Wo sie Silberpfeil und Pferde-Fuhrwerk am gleichen Tag hatten. Nebeneinander. Miteinander. Wo Misthaufen und Ölabscheider gleichberechtigt den Tag fristeten. Wo sich Caracciola und Bauer Backes Guten Tag sagten.
Heute gehören wir dazu. Einmal höllisch sein. Höllisch verrückt. Losgelöst. Das Glück liegt zwischen Fuchsröhre und Schwalbenschwanz. Und wir werden es finden.
Text und Fotos: Charlys Autos