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Preissenkungen bei Elektroautos folgen nicht immer dem Markt

preissenkungen bei elektroautos folgen nicht immer dem markt

Die Fahrzeuglager sind bei Tesla wieder gefüllt. Derzeit purzeln die Preise für gewisse Modelle wie das Model 3 (im Bild). Hannibal Hanschke / Reuters

Mitte Januar senkte der amerikanische Elektroauto-Marktführer Tesla die US-Preise für alle Baureihen um bis zu 20 Prozent. Nur wenige Wochen später kletterte der Preis für das Model Y um 500 Dollar, kurz darauf um weitere 1000 Dollar. Anfang Februar fiel der Preis für das Model 3 um 500 Dollar.

Das sind zwar nur kleine Preisänderungen nach oben oder unten, und doch wirken sich solche Jo-Jo-Spielchen auf verschiedene Weise aus. Die Kunden in den USA werden verunsichert, wenn sie an den Wiederverkauf ihres Autos denken – er könnte genauso instabil werden wie die Preise für Tesla-Neuwagen. Gleiches gilt für Leasingnehmer, die einen Restwert vereinbaren, der möglicherweise deutlich über dem Marktpreis liegt. Der Wert der Marke Tesla wird ebenso instabil und nimmt Schaden.

Elon Musks erratische Preispolitik könnte insbesondere Neukunden zögern lassen. Doch die nun günstigeren Tesla-Modelle bescheren den Kunden plötzlich zusätzliche Einsparungen, da einige von ihnen es nun auf die Liste für US-Steuerrabatte geschafft haben. Seit 2023 erhalten Kunden für die Modelle 3 und Y einen Zuschuss von bis zu 7500 Dollar. Sie fallen nun unter die Preisgrenze von 55 000 Dollar und erfüllen die Bedingungen für einen genügenden Anteil an einheimischer Batterieproduktion und Rohstoffherkunft.

Auch oberhalb der Grenze für Steuervergünstigungen bietet Tesla gewisse Modelle deutlich günstiger an als bisher. In den USA kostet ein Tesla Model Y zurzeit knapp 57 000 Dollar, im Vorjahr waren es noch gut 67 000 Dollar, also 19 Prozent mehr. In den Jahren 2021 und 2022 waren die Preise für Tesla-Fahrzeuge stetig gestiegen, da es an Chips und anderen Materialien fehlte.

Mittlerweile haben sich die Lieferketten stabilisiert und haben sich die Lager in den Tesla-Werken wieder gefüllt, aber die Nachfrage ist stärker gestiegen. In einem Anleger-Call im Januar 2023 sagte Musk, die Bestellungen seien derzeit doppelt so hoch wie die Produktionskapazität. Er rechne aber mit einem Abflauen der Nachfrage.

Spiel mit der US-Steuerprämie

Einer der Gründe für ein Nachlassen der Bestellungen könnte darin liegen, dass zwei weitere Autohersteller sich auf einen Preiskampf mit Tesla eingelassen haben. Ford gab Ende Januar bekannt, dass die Preise für das Elektro-SUV Mustang Mach-E um rund 6000 Dollar auf 64 000 Dollar fallen würden. Doch in den Genuss der Steuerrabatte kommt das Fahrzeug damit nicht.

Als Begründung für die Preissenkung gab Ford gesicherte Lieferketten und verbesserte Skaleneffekte an. Auf den in den USA besonders beliebten elektrischen Pick-up F-150 Lightning trifft dies zwar auch zu, doch die Nachfrage ist hier so stabil, dass die Preise sogar weiter steigen. Vom Einführungspreis von 40 000 Dollar kletterte der Preis auf 56 000 Dollar. Wenn Tesla seinen kantigen Cybertruck Ende 2023 lanciert, könnte Bewegung in die Preise für elektrische Pick-up-Modelle kommen.

Der Tesla-Konkurrent Lucid stösst in den USA in die Lücke, die Musk bei den Oberklasse-Limousinen gelassen hat. Der Tesla Model S bleibt unverändert hochpreisig, doch der Lucid Air wird für US-Kunden exakt 7500 Dollar günstiger. Er ist zwar 87 400 Dollar teuer und damit nicht für einen Steuerrabatt qualifiziert, aber Lucid möchte den Kunden des Einstiegsmodells Air die Prämie zugutekommen lassen: «Wir glauben, die Air-Kunden haben eine Gutschrift verdient, weil sie sich für ein Elektroauto entschieden haben», sagt der Lucid-Vertriebschef Zak Edson. Clevere Werbemasche.

Auch in China senkte Tesla Anfang 2023 die Preise für einzelne Modellvarianten um bis zu 14 Prozent. Der grösste Automarkt der Welt ist noch härter umkämpft als Nordamerika und kennt seit Jahren eine Tradition heimischer Elektroautomarken.

Auch Mercedes sah sich jüngst zu massiven Preissenkungen für die Elektrolimousinen EQS und EQE gezwungen, nachdem die chinesische Nachfrage zunächst schwach gewesen war. Und nicht nur der Luxus-Markt ist in China betroffen: Toyota verbilligte sein erstes vollelektrisches SUV BZ4X bereits vier Monate nach der Lancierung in China deutlich, von rund 200 000 auf 170 000 Yuan (23 000 Franken).

Ehrlicheres Bild in Europa

Ein anderes, echteres Bild zeichnen die europäischen Märkte. Unmittelbare Pläne für Preissenkungen haben hier weder Tesla noch Ford. Auch der VW-Konzern wolle nicht in einen Preiskampf mit Tesla einsteigen, sagt der CEO Oliver Blume. Der Volvo-Finanzchef Johan Ekdahl gibt bekannt, dass die Nachfrage nach den Elektromodellen XC40 und C40 robust sei – es gebe keinen Grund zu Preissenkungen.

Noch deutlicher wird Jim Rowan, CEO der chinesischen Geely-Gruppe, zu der Marken wie Volvo, Polestar oder Lotus gehören: «Nur wenn sich die Preise für Rohmaterialien normalisieren, werden wir an Preissenkungen denken.» Der Markt sei nicht von der Nachfrage getrieben, auch wenn das Interesse insbesondere an den Elektrofahrzeugen besonders hoch sei.

In Europa scheint ein Preiskampf bei E-Autos nicht immanent. Im Gegenteil: In letzter Zeit sorgte die starke Zunahme der Rohstoff- und Chip-Preise für steigende Preise. In Deutschland kündigte Volvo an, die Preise für die überarbeiteten Elektromodelle XC40 und C40 um rund 6 Prozent zu erhöhen. Weitere werden folgen – dazu könnten selbst Tesla und Ford gehören.

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