Jazz
Nils Landgren mit dem All-Star-Ensemble 4 Wheel Drive in Frankfurt: Sie können es, sie tun es
Gassenhauer, edler Barjazz, traumhaftes Niveau: Nils Landgren mit dem All-Star-Ensemble 4 Wheel Drive in der Alten Oper Frankfurt
Seit Jahrzehnten schon ist Nils Landgren abonniert auf die großen Konzertsäle und auf die oberen Ränge der Jazzcharts – dafür kommt er dem Publikum weit entgegen, besonders mit seiner Funk Unit, mit der er Mitte der neunziger Jahre den Grundstein für seine Popularität legte und zu deren größten Rennern ein Album mit Abbasongs („Funky Abba“, 2004) gehörte. Mit Gefälligkeiten wie Popklassikern wartet der schwedische Posaunist auch in anderen seiner Ensembles auf, über alldem freilich hat er nie ganz vergessen, weshalb er sich dem Jazz verschrieben hat – allein ein Geschäftsdenken wird es nicht gewesen sein.
Da fliegen die Drumsticks
Irgendwann lässt Haffner am Ende eines Stücks seine Drumsticks weit in die Höhe des Saals schnellen – ein bezeichnendes Bild: Die vier wollen ran an ihr Publikum, da sind Knalleffekte der schieren Brillanz recht. Der Purist muss tapfer sein. Eingestiegen wird gleich mit der Elton-John-Nummer „Your Song“, und es hat einiges an weiteren Popgassenhauern im Lauf des Abends, Klassiker von den Beatles, Simon & Garfunkel, Paul Simon solo und Genesis, überwiegend mit Gesang von Landgren. Einiges bewegt sich hier in einer unmittelbaren Nähe zum Barjazz, in einer profunden Edelfassung.
Als Sänger hat Landgren in der Vergangenheit mitunter wunderbare Momente beschert, mit einer äußerst schmalen, hohen und brüchig-zarten Stimme, nicht ohne Sentimentalität; der Stimmführung hat einen Zug ins Instrumentale. An diesem Abend allerdings wirkt der Gesang in weiten Teilen einfach matt.
Allein schon Michael Wollny: bereits in einem ausgedehnten Solo in der Beatles-Nummer „Lady Madonna“ langt er mit einer sardonischen perkussiven Pranke hin, dass es die reine Lust ist; ähnlich mitreißend furios später Wollnys eigene Nummer „Spring Dance“, hier mit einer kollektiven Verve des Ensembles. Vieles ist stark groovebetont bei 4 Wheel Drive, mit Neigung zur Klangwucht, immer wieder aber auch dynamischer Zurücknahme und Raum für die introspektive solistische Improvisation, seitens Lars Danielsson auch unter Einsatz von live geschichteten Loops. Ungemein drall dieser Abend, die Untertöne inbegriffen.