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EU erhebt Strafzölle auf E-Autos aus China ab Freitag

eu erhebt strafzölle auf e-autos aus china ab freitag

ARCHIV: Arbeiter gehen zwischen den neu eingetroffenen importierten Toyota-Autos auf dem Shenzhen Dachan Bay Terminal in der Provinz Guangdong, China, am 10. April 2019. Bild aufgenommen am 10. April 2019. REUTERS/Stringer ACHTUNG REDAKTIONEN – DIESES BILD WURDE VON EINER DRITTEN PARTEI ZUR VERFÜGUNG GESTELLT. CHINA OUT. TPX BILDER DES TAGES

Brüssel/Frankfurt (Reuters) – Begleitet von viel Kritik aus Deutschland erhebt die EU-Kommission ab Freitag die vorläufigen Strafzölle auf Importe subventionierter Elektroautos aus China.

“Die Ausgleichszölle gelten ab dem 5. Juli für eine Dauer von höchstens vier Monaten”, teilte die EU-Behörde am Donnerstag in Brüssel mit. Gespräche zwischen der EU und China liefen unterdessen weiter. Die Kommission hatte am 12. Juni die Zollaufschläge auf den bisher geltenden Satz von zehn Prozent angekündigt und mit hohen Subventionen der chinesischen Regierung für die E-Autoproduktion begründet. Das schaffe einen unfairen Vorteil gegenüber der europäischen Autoindustrie und gefährde deren erfolgreiche Umstellung auf E-Autos.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zum Auftakt der Anti-Dumping-Prüfung vor einer Flut billiger E-Autos aus China gewarnt, die sich bisher aber stark in Grenzen hält. Die Zölle treffen auch die E-Autoproduktion europäischer Hersteller in China, dem wichtigsten Absatzmarkt der deutschen Autobauer. Das und die Sorge über Vergeltungsmaßnahmen Chinas, das mit Strafzöllen seinerseits Importe von Cognac oder Schweinefleisch und Oberklasseautos aus Europa verteuern könnte, bringt die Autoindustrie auf die Barrikaden. “Die Einführung zusätzlicher Importzölle führt in eine Sackgasse”, erklärte BMW-Chef Oliver Zipse. Sie schadeten den global agierenden Unternehmen, schränkten das Angebot an E-Autos ein und bremsten die Dekarbonisierung. “Die negativen Auswirkungen dieser Entscheidung überwiegen den etwaigen Nutzen für die europäische und insbesondere die deutsche Automobilindustrie”, sagte ein Sprecher von Volkswagen.

CHINA MÜSSTE SUBVENTIONEN ABSCHAFFEN

Im Vergleich zur ersten Ankündigung reduzierte die EU-Kommission den höchsten Aufschlag leicht auf 37,6 Prozent von ursprünglich 38,1 Prozent und reagierte damit auf Einwände gegen ihre Berechnung. Dieser Zollsatz gilt für Autobauer, die bei der vor neun Monaten begonnenen EU-Untersuchung nicht kooperierten, zum Beispiel für den Volkswagen-Partner SAIC. Auch der niedrigste Zusatzzoll für Autobauer, die mit der EU zusammenarbeiten, wurde um einen Hauch auf 20,8 Prozent reduziert. Geely, Aktionär und Partner von Mercedes-Benz, muss 19,9 Prozent mehr Einfuhrzoll zahlen. Das trifft das Modell Smart, das Geely in China baut. Von den Zöllen sind auch alle E-Autoimporte von Tesla oder europäischen Herstellern betroffen, etwa der elektrische Mini von BMW.

Die Regierung in Peking hatte die EU-Entscheidung verurteilt und mit Gegenmaßnahmen gedroht. Zugleich wurden Gespräche auf Arbeitsebene aufgenommen, die noch weiterlaufen mit dem Ziel, eine Lösung im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) zu finden. “Jedes Verhandlungsergebnis der Untersuchung muss die festgestellten schädigenden Formen der Subventionierung wirksam angehen”, erklärte die EU-Kommission. Bis November will die EU endgültig über die Zölle entscheiden, die die Unternehmen bis dahin nicht zahlen, aber garantieren müssen. Sie würden mit Billigung der EU-Mitgliedstaaten fünf Jahre gelten.

Die EU-Länder sind allerdings gespalten in dieser Frage: Während Deutschland gegen die Ausgleichszölle ist, werden sie von Frankreich, Italien und Spanien befürwortet. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten ist noch unentschlossen, wie eine Umfrage von Reuters ergab. Die endgültigen Zölle können nur mit einer qualifizierten Mehrheit gekippt werden. Dazu kam es bei Strafzöllen selten, die Schwelle ist hoch: Es müssten 15 der 27 Mitgliedstaaten mit einem Anteil von zusammen 65 Prozent der Bevölkerung dagegen stimmen.

Auch Volkswirte in Deutschland sind nach einer Umfrage des Ifo-Instituts geteilter Meinung – etwa die Hälfte der befragten rund 160 Ökonomen hielt die Strafzölle für gerechtfertigt, nur ein Drittel war dagegen. Experten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) und des Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII) gehen davon aus, dass durch die Zölle die Einfuhren von Elektroautos aus China um 42 Prozent sinken werden. Dieser Rückgang werde durch höhere Verkäufe europäischer Hersteller sowie durch vermehrte Importe aus anderen Ländern zum größten Teil ausgeglichen. Bei den Preisen mache sich das langfristig kaum bemerkbar, kurzfristig seien jedoch stärkere Auswirkungen möglich. “Prinzipiell reagiert die EU zu Recht mit Ausgleichszöllen auf die verzerrenden Handelspraktiken Chinas”, sagte WIFO-Chef Gabriel Felbermayr.

(Bericht von Philip Blenkinsop, Ilona Wissenbach, Christina Amann, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter [email protected])

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