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Camping: Wie sich die Nachfrage nach Reisemobilen und Caravans nach Corona entwickelt hat in drei Grafiken

Der Hype um Reisemobile und Wohnwagen scheint ungebrochen. Die Zulassungszahlen sind hoch, die großen Hersteller freuen sich über pralle Auftragsbücher. Und sie spekulieren auf ganz neue Kundengruppen. Ein Branchenüberblick.

camping: wie sich die nachfrage nach reisemobilen und caravans nach corona entwickelt hat in drei grafiken

Camping: Wie sich die Nachfrage nach Reisemobilen und Caravans nach Corona entwickelt hat in drei Grafiken

Der ganz große Boom aus der Corona-Zeit mag vorbei sein, aber der Optimismus der Caravaning-Branche ist ungebrochen. Bestes Beispiel: Wolfgang Speck, der CEO von Knaus Tabbert, dem Traditionshersteller aus der niederbayerischen Jandelsbrunn. Im vergangenen Jahr konnte das börsennotierte Unternehmen den Umsatz um 22 Prozent auf 1,05 Milliarden Euro steigern. “Wir sind sehr stolz darauf, was wir im vergangenen Jahr erreicht haben”, erklärte Speck mit Juni. Insgesamt 11.426 Wohnmobile und 18.130 Wohnwagen haben seine Leute verkauft. Für das laufende Jahr sieht es sogar noch besser aus. Die Bücher seien mit Aufträgen über 1,3 Milliarden Euro prall gefüllt, so Speck. Bis 2027 soll sich der Umsatz sogar verdoppeln.

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Ganz so euphorisch ist es im Rest der Branche zwar nicht. Aber das Geschäft läuft nach wir vor. Für 2022 bezifferte der Caravaning Industrie Verband (CIVD) den Jahresumsatz für die gesamte Branche auf rund 33 Milliarden Euro. Davon machte die Caravaning-Industrie allein elf Milliarden Euro Umsatz aus und die Händler 7,2 Milliarden Euro. Die Camping- und Stellplätze, ebenfalls reingerechnet, kamen auf 15,1 Milliarden Euro. Auch wenn die Branche damit nicht mehr ganz an die Rekordzahlen aus den Pandemiejahren 2020 und 2021 aufschließen konnte, war am Ende von einem bemerkenswerten Jahresergebnis die Rede. Insgesamt wurden 90.985 Freizeitfahrzeuge sind vergangenes Jahr in Deutschland neu zugelassen worden – das dritthöchste Ergebnis bei den Neuzulassungen überhaupt.

Perspektivisch gibt man sich auch beim Verband zuversichtlich. “Von einer sinkenden Nachfrage oder weniger Interesse kann nicht die Rede sein – ganz im Gegenteil”, sagt Daniel Onggowinarso, CIVD-Geschäftsführer gegenüber manager magazin. Caravaning sei so beliebt wie nie und werde auch in den kommenden Jahren weiter Urlauber begeistern.

Dennoch dürften die hohen Wachstumszahlen aus der Coronazeit nicht erreicht werden. Die wieder erlangte Reisefreiheit verändert das Reiseverhalten auf der einen Seite; die Menschen buchen wieder vermehrt Flug- und Pauschalreisen. Auf der anderen Seite wirken Inflation und nach wie vor Lieferengpässe, die die Branche bremsen. “Aktuell bewegt sich die Branche zwar unter den außergewöhnlichen Rekordzahlen der ersten Coronajahre, aber liegt insgesamt immer noch auf einem guten Niveau”, betont Onggowinarso. 2022 lag bei den Neuzulassungen trotz des Rückgangs über dem Niveau der Vor-Pandemie-Jahre.

Und so scheint sich der Markt auch weiterzuentwickeln. Aktuelle Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) legen diesen Schluss zumindest nahe. Die Neuzulassungen bei Reisemobilen liegen bereits in den ersten vier Monaten dieses Jahres über denen des Vorjahres. Das Segment konnte leicht zulegen. Ob der Trend anhält, ist derzeit jedoch nicht sicher, denn der April fiel weniger stark aus als noch ein Jahr zuvor.

Insgesamt wurden in den ersten vier Monaten dieses Jahres 25.944 Reisemobile und 7.556 Caravans zugelassen. Das entsprach bei Reisemobilen einem Plus von rund einem Prozent im Vergleich zum Vorjahr, bei den Caravans einem Minus von etwas über zehn Prozent. “Die aktuell größte Herausforderung der Branche ist nicht die Nachfrage-, sondern vielmehr die Angebotsseite”, sagt Onggowinarso. Wie schon im vergangenen Jahr leiden die Hersteller unter angespannten Lieferketten. Aktuell entspanne sich zwar die Liefersituation, aber bis die Branche wieder unter relativ normalen Rahmenbedingungen produzieren könne, werde es noch dauern.

Trotz erster Anzeichen für eine Entspannung gebe es immer wieder neue Herausforderungen heißt es auch bei der Erwin Heymer Group, dem größten Hersteller Europas . “Aktuell fehlen beispielsweise europaweit Lkw-Fahrer, um die Waren, die jetzt wieder produziert werden können, termingerecht zu den Kunden zu transportieren”, sagt ein Sprecher. Dennoch könnten Handelspartner ihre Bestände wieder auffüllen. Fahrzeuge mit zuvor langen Lieferzeiten seien jetzt oft schon kurzfristig lieferbar – und die Auftragsbücher seien gut gefüllt.

Beim Rivalen Knaus Tabbert hat CEO Wolfgang Speck ebenfalls erfreuliche Monate hinter sich. Auch seine Leute berichten für die ersten drei Monate des Geschäftsjahres von einer deutlich besseren Verfügbarkeit bei den Fahrgestellen. Der Umsatz sei von Januar bis März 2023 um 66 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal auf 368,5 Millionen Euro gestiegen, heißt es im Quartalsbericht. Hintergrund ist, dass das Unternehmen seine Einkaufsstrategie änderte und nunmehr Wohnmobile und Camper Vans nicht mehr nur auf Basis von Fiat-Chassis anbietet, die nach wie vor am meisten nachgefragt werden. Inzwischen können Kundinnen und Kunden auch Fahrgestelle von MAN, VW Nutzfahrzeuge, Mercedes und Ford wählen. Jährlich will das Unternehmen nunmehr um 16 bis 18 Prozent wachsen. Für dieses Jahr sind zudem Preissteigerungen gegenüber Händlern in Höhe von sechs bis acht Prozent geplant.

Vor allem: Neben den klassischen Camping-Fans hoffen die Hersteller inzwischen auf eine ganz neue Zielgruppe. Moderne Berufsnomaden, die mit ihrem Laptop und Smartphone von überall ihr Büro in den Campingbus verlegen könnten. Mobil arbeitende Menschen könnten Urlaubsgefühl und Homeoffice im Reisemobil vereinen.

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