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Traum vom eigenen E-Auto „aufgegeben“: Münchner fährt nach einem Jahr wieder einen alten Diesel

Traum vom eigenen E-Auto „aufgegeben“: Münchner fährt nach einem Jahr wieder einen alten Diesel

Ein Münchner Lehrer wollte seinen Beitrag zum Umweltschutz leisten und sich ein E-Auto zu legen. Er scheiterte aber an den Bestimmungen und sitzt nun wieder im Diesel-Auto.

München – Das Geräusch des anspringenden Motors und der Abgaswolke, die aus dem Auspuff entweicht, lassen inzwischen wohl Holger Machts Herz bluten. Der Münchner pendelt tagtäglich von der bayerischen Landeshauptstadt in das rund 100 Kilometer entfernte Bad Tölz. Dort unterrichtet Macht als Lehrer an der Fachoberschule (FOS). Im Jahr kommen bei ihm durch die Pendelei ganze 25.000 Kilometer Strecke zusammen. Dass er dabei auch jede Menge Abgase ausstößt, ist Macht durchaus bewusst, und wollte das auch ändern.

Münchner will sich E-Auto zu legen: Dann werden ihn aber zahlreiche Steine in den Weg gelegt

Nachdem sein treuer Begleiter, ein alter Skoda mit ratterndem Dieselmotor, nach 20 Jahren endgültig den Geist aufgegeben hat, war für Macht der richtige Zeitpunkt gekommen, etwas zu ändern. Gegenüber der Abendzeitung sagt er: „Mir war völlig klar: Ich wollte unbedingt ein Elektroauto.“ Also begann er, sich zu informieren. Bei einem E-Auto sind zahlreiche Faktoren relevant, denn es gibt mittlerweile viele unterschiedliche Modelle: Größe, Reichweite, Batterieleistung und Lademöglichkeiten sind nur vier Punkte einer langen Liste, die geklärt werden müssen.

traum vom eigenen e-auto „aufgegeben“: münchner fährt nach einem jahr wieder einen alten diesel

Traum vom eigenen E-Auto „aufgegeben“: Münchner fährt nach einem Jahr wieder einen alten Diesel

Foto © Privat

Holger Macht startete im Sommer 2021 mit dem letztgenannten Punkt, der Lademöglichkeit. Er fragte bei seinem Vermieter, der Münchner kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag, um Erlaubnis, eine sogenannte Wallbox an seinem Tiefgaragenstellplatz anzubringen. Denn: Die Grundbedingung für Holger Macht war: „Wenn ich ein E-Auto kaufe, dann mit eigenem Ladepunkt in der Tiefgarage.“

Zunächst scheint der Weg frei zu sein für die private Ladestation

Die Gewofag schickte nach der Anfrage einen Gutachter zur Prüfung zu Holger Macht in die Tiefgarage. Und tatsächlich: Etwa fünf Meter entfernt von seinem Stellplatz befindet sich ein elektrischer Knotenpunkt, der sich für die Wallbox eignen würde. Klingt zunächst nach grünem Licht für deren Anbringung – auch für den Münchner Lehrer. Also suchte er sich sein Traum-E-Auto für rund 60.000 Euro heraus. Den Kia wollte er mit einem Kredit finanzieren. Deutschlandweit sinkt übrigens der Bestand von E-Autos auf den Straßen.

traum vom eigenen e-auto „aufgegeben“: münchner fährt nach einem jahr wieder einen alten dieselFoto © Sven Simon/imago

Aber bevor es überhaupt so weit kommen konnte, folgte die Ernüchterung. Macht erhielt Post von seinem Vermieter: Es sei nicht möglich, eine Leitung vom Standort der Wallbox bis zum Stromzähler seiner Wohnung zu legen. Und nur durch eine solch direkte Leitung könne der individuelle Stromverbrauch von dem künftigen E-Auto gemessen werden. Eine andere Option gäbe es nicht.

Münchner kämpft für sein E-Auto und geht den Weg über die Lokalpolitik

Da diese Argumentation nach der ersten Prüfung für ihn nicht schlüssig war, entschied sich Holger Macht den Weg über die Lokalpolitik zu gehen. Er kontaktierte die Stadtratsfraktion der Grünen, das Bürgermeisterbüro von Verena Dietl, die Stadtwerke und auch die Stadtratsfraktion der SPD. Alle setzten sich für Macht ein und hakten offenbar bei der Gewofag nach. Diese veranlasste eine erneute Prüfung, jedoch erst im Mai 2022, also schon fast ein Jahr nach dem ersten Gutachten. Aber auch hier Ernüchterung für Macht: Die einzige Möglichkeit ist und bleibt: Eine Leitung von seiner Wohnung im siebten Stock bis hinunter in die Tiefgarage zu legen. Kostenpunkt inklusive Wallbox: 18.000 Euro.

Auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigt Holger Macht, dass bis dato von der Gewofag „überhaupt keine Reaktion“ mehr gekommen ist, obwohl er sich noch immer eine Klärung erhofft. Ein Schritt in diese Richtung könnte eine Stadtrats-Anfrage der CSU sein. Darin wird eine „Konzeption für die Förderung von individueller E-Mobilität“ der städtischen Wohnbaugesellschaft gefordert. Für Holger Macht hat seinen Traum vom eigenen E-Auto an der Bürokratie und den Bestimmungen seines Vermieters, der Gewofag, nun aber „ganz aufgegeben“. Seinen alten Skoda hat er durch einen gebrauchten Ford, mit Dieselmotor, ersetzt.

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